Attacke: Wie Syriens Cyber-Armee Krieg im Internet führt

Syrische Hacker griffen in der Nacht auf Montag die Website der US-Marines an.
Syrische Hacker griffen in der Nacht auf Montag die Website der US-Marines an. (c) Internet
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Nach der „New York Times“ und Twitter griffen syrische Pro-Assad-Hacker nun auch die Homepage der US-Marines an.

Im Internet hat der Krieg zwischen den USA und Syrien bereits begonnen. Syrische Hacker attackierten in der Nacht auf Montag die Homepage der US-Marines. Sie riefen die amerikanischen Soldaten dazu auf, einen Angriffsbefehl des US-Präsidenten zu verweigern. „Obama ist ein Verräter, der eure Leben in Gefahr bringen will, um al-Qaida-Kämpfer zu unterstützen“, war einige Zeit lang auf der Website zu lesen. Mit schönen Grüßen von der „Elektronischen Armee Syriens“.

Es ist nicht der erste Angriff von Assads Cyber-Kriegern. Vergangene Woche legten sie die Webseite der „New York Times“ lahm. Stundenlang war eines der wichtigsten US-Nachrichtenportale nicht mehr abrufbar. Auch der Kurznachrichtendienst Twitter kam schon unter Beschuss.

Syriens Diktator Baschar al-Assad hat viele Anhänger im Internet. Dass einige von ihnen jedoch in der Lage sind, das Internetportal einer der bekanntesten Zeitungen der Welt außer Gefecht zu setzen, hat viele Beobachter verblüfft. Um so enthusiastischer feiern Assads Unterstützer ihre virtuellen Präventivschläge gegen die Supermacht USA.

Scharmützel auf Facebook

Einer von ihnen ist Ali. Man könnte sagen, dass auch er zu der Cyber-Guerilla des syrischen Präsidenten gehört. Ali und seine Gruppe sind jedoch nur in sozialen Netzwerken, vor allem auf Facebook, tätig. Die Gruppierung nennt sich „Shabiha Electronic Army“ (kurz SEA). Sie ist nach Assads Milizen benannt, die in den vergangenen Monaten in Rebellengebieten mit brutalen Aktionen Angst und Schrecken verbreitet haben. Die Mitglieder der SEA greifen auf Facebook „Gefällt-Mir-Seiten“ an, die ihrer Meinung nach Propaganda gegen die syrische Regierung verbreiten. Ins Visier nehmen sie auch Homepages, auf denen Söldner angeworben und nach Syrien eingeschleust werden. Das ist ihre Art, den syrischen Präsidenten zu unterstützen und seine Gegner zu diffamieren.

Assads Internet-Stoßtrupp greift zahlreiche Facebook-Seiten an, die sich auf der Seite der „Freien Syrischen Armee“ positionieren oder auch offen Gruppierungen wie die extremistische al-Nusra-Front unterstützen. Deutsch- und englischsprachige Seiten mit Namen wie „Islamisches Erwachen“ oder „Islamische Einladung“, die mehrere tausend „Likes“ zählten, wurden von der SEA angegriffen und mittlerweile gelöscht.

Auch viele Seiten, die lediglich die Revolution in Syrien gutheißen, sind nicht mehr erreichbar. Die Seite des deutschen Predigers Pierre Vogel, die mehr als 100.000 Unterstützer hatte, gehörte wie einige andere Portale der deutschen Salafisten-Szene ebenfalls dazu. Für Ali und die SEA ist das ein Grund zum Feiern. Laut eigenen Angaben ist der Aufwand von Homepage zu Homepage unterschiedlich. Je größer eine Seite ist, desto schwieriger ist es, sie offline zu stellen. Allerdings sind derartige Cyber-Gruppen nicht groß. Die SEA umfasst ungefähr 30 Aktivisten. Laut Ali besteht sie aus Syrern, Libanesen und Deutsch-Türken, die entweder Schiiten, Sunniten oder Atheisten sind. Des Weiteren unterhält die Gruppe Kontakte nach Syrien und in den Libanon. Dazu will Ali aber im „Gespräch mit der „Presse“ nicht mehr sagen.

Da der Syrien-Konflikt auch ein medialer Krieg ist, sehen sich Ali und seine Aktivisten dazu verpflichtet, daran teilzunehmen. Sie führen ihren Cyber-Krieg aus Überzeugung. Baschar al-Assad und Hassan Nasrallah, der Führer der libanesischen Hisbollah-Miliz, sind ihre Helden.

Mittlerweile haben sich jedoch auch die Assad-Gegner formiert. Die Propagandaseiten der Unterstützer der Assad-Regimes werden teilweise auf dieselbe Art und Weise angegriffen. Wie lange das weitergehen wird, ist nicht absehbar. So wie beim Krieg auf den realen Schlachtfeldern in Syrien, der bereits mehr als 100.000 Menschen das Leben gekostet hat.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.09.2013)

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