Italien: Napolitano will Regierungs-Aus verhindern

Giorgio Napolitano versucht, die Regierung von Premier Letta zu erhalten.
Giorgio Napolitano versucht, die Regierung von Premier Letta zu erhalten.(c) EPA/CESARE ABBATE
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Wieder ist es der 88-jährige Präsident, der versucht, die politische Krise zu beseitigen. Ohne neues Wahlgesetz, wären Neuwahlen keine Lösung.

Nachdem der Mitte-rechts-Politiker Silvio Berlusconi seine Minister aus der italienischen Regierung zurückgezogen hat, versinkt das politische Rom wieder in Ratlosigkeit. Premier Enrico Letta stellt am Mittwoch eine Vertrauensfrage, bis dahin übernimmt wieder Staatspräsident Giorgio Napolitano mit seinen 88 Jahren eine führende Rolle bei der Suche nach einem Ausweg aus den politischen Turbulenzen. Das Staatsoberhaupt führt inoffiziell Gespräche mit den Parteien in der Hoffnung, einen Regierungssturz abzuwenden.

Der Ex-Kommunist Napolitano gilt als Graue Eminenz: Im November 2011 hatte er den damaligen Premier Berlusconi zum Rücktritt gezwungen und ihn durch den parteiunabhängigen Wirtschaftsprofessor Mario Monti ersetzt. Im April war es dem Staatspräsidenten kurz nach seiner überraschenden Wiederwahl für weitere sieben Jahre nach zwei Monaten politischem Vakuum gelungen, die Gründung einer "Großen Koalition" aus Lettas Demokratischer Partei (PD) und Berlusconis Volk der Freiheit (PdL) zu fördern. Napolitano zählt zu den überzeugten Befürwortern einer Regierung Letta. Er will daher alles Mögliche unternehmen, um einen Regierungssturz abzuwenden. Doch die Lage ist nach dem Austritt der Berlusconi-Minister derart verstrickt, dass auch der wendige Napolitano unschlüssig erscheint.

In Krisen muss es der Präsident richten

Der italienische Präsident, der laut Verfassung über beschränkte Kompetenzen verfügt und hauptsächlich eine Notarsfunktion innehat, indem er vom Parlament verabschiedete Gesetze unterzeichnet, spielt bei Regierungskrisen eine wichtige Rolle. Laut Verfassung kann er das Parlament auflösen, sollte er feststellen, dass eine Regierungsbildung unmöglich ist, was den Weg zu Neuwahlen ebnet. Napolitano will jedoch um jeden Preis verhindern, dass die Italiener nach den Parlamentswahlen im Februar schon wieder zu den Urnen schreiten müssen - und dies mit einem Wahlgesetz, das laut dem Staatsoberhaupt für die instabilen politischen Machtverhältnisse in Rom mitverantwortlich ist.

Der Präsident macht schon seit Monaten Druck auf das Parlament für eine Wahlrechtsreform. Er bemängelt immer wieder, dass sich die Gruppierungen nicht zu einer Revision des Wahlsystems geeinigt haben, die für Italien dringend notwendig sei. Die Tatsache, dass ein neues Wahlgesetz nicht verabschiedet worden sei, hatte Napolitano kürzlich als "unverzeihbar“ bezeichnet.

Regierung mit "Partei der Verräter"

"In einer Demokratie sind Wahlen der Hauptweg zur Lösung politischer Krisen", erklärte Berlusconi. Eine Übergangsregierung, die das Haushaltsgesetz für das kommende Jahr und eine Wahlreform unter Dach und Fach bringe, schloss der Medienzar aus. Eine Regierung mit Lettas PD, der "Partei der Verräter", sei dem Land unzumutbar, erklärte der TV-Tycoon, dem wegen seiner rechtskräftigen Verurteilung wegen Steuerhinterziehung - mit maßgeblicher Hilfe der PD - der Ausschluss aus dem Senat droht.

Für vorgezogene Parlamentswahlen macht sich auch die oppositionelle Protestbewegung "Fünf Sterne" um den Beppe Grillo und die rechtsföderalistische Lega Nord stark. Grillo betonte auf seinem Blog, sein Ziel sei es, bei Neuwahlen die Mehrheit der Stimmen zu erhalten, um eine Fünf-Sterne-Regierung aufzubauen. Sollte er dieses Ziel nicht erreichen, werde er die Bewegung auflösen.

(APA)

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