Obama: Republikaner führen "ideologischen Kreuzzug"

Präsident Barack Obama reagiert zunehmend gereizt auf die Versuche der oppositionellen Republikaner, seine Gesundheitsreform im Zuge der Etatverhandlungen zu Fall zu bringen.
Präsident Barack Obama reagiert zunehmend gereizt auf die Versuche der oppositionellen Republikaner, seine Gesundheitsreform im Zuge der Etatverhandlungen zu Fall zu bringen.(c) Reuters (Jason Reed)
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US-Präsident Barack Obama lehnt Teillösungen ab. Experten schätzen indes die Kosten des "Shutdowns" auf Hunderte Millionen Dollar pro Tag.

In den USA deutet sich kein Ausweg aus der Budgetkrise an. Einen Tag nach Beginn des "Shutdown" wegen der Blockade im US-Kongress ist kein Kompromiss in Sicht. Es gibt keine Verhandlungen zwischen Regierung und Opposition, hieß es am Dienstagabend (Ortszeit) in Washington. Teillösungen lehnt das Weiße Haus kategorisch ab. Völlig unklar ist daher, wie lange große Teile der staatlichen Verwaltung lahmgelegt bleiben. Das Arbeitsministerium in Washington kündigte an, auch der Arbeitsmarktbericht - mit wichtigen Kennzahlen für die Märkte weltweit - werde während des sogenannten "Shutdowns" nicht veröffentlicht.Präsident Barack Obama reagiert zunehmend gereizt auf die Versuche der oppositionellen Republikaner, seine Gesundheitsreform im Zuge der Etatverhandlungen zu Fall zu bringen. Sie führten einen "ideologischen Kreuzzug" gegen "Obamacare", kritisierte der Präsident. "Diese Schließung dreht sich nicht um Staatsdefizite oder Ausgaben oder Budgets." Die Republikaner verlangten als Bedingung für ihre Zustimmung zu einem neuen Haushaltsgesetz eine Verschiebung der Gesundheitsreform um ein Jahr. Obamas Demokraten lehnten ab. Am Dienstag, dem ersten Tag des neuen Fiskaljahrs, kam es deshalb zum "Shutdown".

Bis zu 300 Millionen Dollar Verlust pro Tag

Nach Schätzungen von Experten führt dieser zu Verlusten von mehreren hundert Millionen Dollar - und zwar täglich. Allein im Großraum Washington könnten sich die Ausfälle auf 200 Millionen Dollar (rund 148 Millionen Euro) pro Tag belaufen, sagte der Wirtschaftsexperte Stephen Fuller der "Washington Post". Im Raum Washington leben besonders viele der rund 800.000 Staatsbediensteten, die wegen der Krise in Zwangsurlaub geschickt wurden. Andere Quellen sprechen von landesweiten Verlusten von bis zu 300 Millionen Dollar pro Tag.

Hunderttausende Beamte müssen wegen des "Shutdown" in den Zwangsurlaub, staatliche Behörden bleiben geschlossen, Museen und Nationalparks mussten dicht machen. Der Shutdown wirkt sich zudem auch auf die Geheimdienste aus. Drei mit der Sache vertraute Personen sagten der Nachrichtenagentur Reuters, mehr als 70 Prozent der zivilen Angestellten der CIA, des Büros des Direktors der Nationalen Geheimdienste und 15 weiterer Dienste drohe der Zwangsurlaub.

Allein die CIA rechne damit, dass 12.500 Zivilisten betroffen seien. Armeeangehörige sind ausgenommen. Diese machen einen großen Teil der Mitarbeiter beim Nachrichtendienst NSA oder dem Militärgeheimdienst DIA aus. Welche Aufgabengebiete wegen der Blockade im Kongress eingeschränkt seien, werde geheimgehalten, hieß es weiter.

Es ist die erste Lahmlegung der Verwaltung seit 17 Jahren. Obama hat wegen der Krise seinen für 11. Oktober geplante Reise nach Malaysia verschoben. Das wurde am Mittwoch bekannt. Der US-Präsident warnte, die volle Wirkung des "Government Shutdown" (Lahmlegung der Regierung), werde erst mit der Zeit zu spüren sein. Sicher sei aber, dass die Wirtschaft leiden werde. "Und unsere Wirtschaft ist gerade dabei, sich von der schwersten Rezession seit Generationen zu erholen."

Obamacare ist nicht zu verhandeln

Obama lehnt es weiter kategorisch ab, im Zuge des Haushalts über seine Gesundheitsreform zu verhandeln. Den republikanischen Kritikern der Gesundheitsreform warf er vor, "das ganze Land in Geiselhaft" zu nehmen. Vor allem der radikale Tea-Party-Flügel der Grand Old Party hatte die Blockade eines neuen Haushaltsgesetzes durchgesetzt.

John Boehner, der starke Mann der Republikaner, verlangte indes erneut, dass Obama seine starre Haltung ablegt und sich mit der Opposition an einen Tisch setzt. Doch selbst Teillösungen scheinen angesichts der harten Fronten derzeit ausgeschlossen. So wollten die Republikaner einen Entwurf vorlegen, der zumindest eine teilweisen Öffnung der Verwaltung vorsieht. Vor allem die Nationalparks sollten geöffnet, pünktliche Zahlungen an Veteranen sichergestellt werden. Doch das Weiße Haus winkte umgehend ab. "Ein Stück-für-Stück-Ansatz, die Regierung zu finanzieren, ist kein ernsthafter Ansatz", sagte Regierungssprecher Jay Carney.

Ein Grund für die festgefahrene Situation ist das Patt im Kongress: Die Demokraten haben im Senat die Mehrheit, die Republikaner beherrschen das Repräsentantenhaus.
Zu allem Überfluss droht in Washington eine weitere Krise: Bis zum 17. Oktober muss der Kongress die Schuldengrenze von derzeit 16,7 Billionen Dollar (12,4 Billionen Euro) erhöhen. Sollte dies ebenfalls scheitern, droht dem Land die Zahlungsunfähigkeit - mit möglicherweise verheerenden Folgen für die Weltwirtschaft.

"Auf Wiedersehen, Menschen - regelt das selbst"

Zunächst einmal litten besonders Touristen unter dem Streit. Zahlreiche Denkmäler wie das Lincoln Memorial in Washington blieben geschlossen. Der National Zoo schaltete auch seine "Panda-Cam" ab, mit der man im Internet sein neugeborenes Panda-Baby bewundern konnte. Die Raumfahrtbehörde Nasa stellte unter anderem ihre Twitter-Feeds zu diversen Einsätzen ein. Dabei ließ sie die Sonde "Voyager 2" aus einer Entfernung von mehr als 15,3 Milliarden Kilometer zur Erde erklären, dass es zunächst keine weiteren Kurzbotschaften geben werde. "Auf Wiedersehen, Menschen", schloss die Nachricht. "Regelt das selbst."

Doch der "Shutdown" hat auch eine gute Seite: Der Ku-Klux-Klan musste wegen der Sperre der Nationalparks einen Marsch absagen (mehr dazu).

(APA/dpa/Reuters)

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