Neue EU-Asylpolitik: Rom beißt sich an Berlin die Zähne aus

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Lampedusas Bürgermeisterin pochte vor Gipfelbeginn auf mehr Solidarität.

Wien/Brüssel. Der Zeitpunkt ihres Zusammentreffens war nicht zufällig gewählt: Nur wenige Stunden vor Beginn des EU-Gipfels reiste die Bürgermeisterin von Lampedusa, Giusi Nicolini, gestern nach Brüssel, um dort mit EU-Parlamentspräsident Martin Schulz über eine neue europäische Asylpolitik zu beraten. Schulz stellt sich hinter die Forderungen Roms, nach der Tragödie von Lampedusa mit mehr als 350 tödlich verunglückten Bootsflüchtlingen endlich koordinierte Anstrengungen in der Frage einzuleiten. Italien, aber auch andere Mittelmeeranrainer wie Malta oder Griechenland pochen auf mehr Lastenteilung und Solidarität ihrer nördlichen Nachbarn, stehen damit aber weitgehend allein da.

Deutschland bekräftigte schon vor Gipfelbeginn abermals, einen neuen Schlüssel zur Verteilung der Flüchtlinge abzulehnen. Die Anträge auf Asyl in Deutschland seien im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung höher als in Italien, hieß es aus Berliner Regierungskreisen. Nach den geltenden Regeln der Dublin-Verordnung ist jenes EU-Land für die Aufnahme und Versorgung von Flüchtlingen zuständig, in dem die Ankömmlinge zuerst die EU erreichen. Auch eine Reihe anderer Mitgliedstaaten lehnt Änderungen dieses Grundsatzes ab.

Flüchtlinge erst 2014 auf Gipfel-Agenda

Entsprechend lapidar liest sich die Erklärung des Gipfeltreffens, bei dem das Thema am heutigen Freitag auf der Tagesordnung steht: „Mehr muss getan werden, um zu vermeiden, dass das jemals wieder passiert.“ Verwiesen wird auf eine von den EU-Innenministern beschlossene Arbeitsgruppe, die nach Wegen suchen soll, die „bestehenden Instrumente“ der EU-Flüchtlingspolitik besser zu nutzen. Umfassender und mit Blick auf eine langfristige Perspektive wollen sich die Staats- und Regierungschefs erst auf einem EU-Gipfel im Juni 2014 mit der EU-Flüchtlingspolitik befassen. (APA/red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.10.2013)

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