Afghanistans letzter Jude vor dem Bankrott

Der letzte seiner Art: Zabulon Simintov bläst das Schofar-Horn
Der letzte seiner Art: Zabulon Simintov bläst das Schofar-HornREUTERS
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Zabulon Simintov betreibt in Kabul ein Kebap-Lokal, aber die Geschäfte gehen immer schlechter. Bald könnte Afghanistans einzige Synagoge verwaist sein.

Eine Synagoge ist ein Ort des gemeinsamen Gebets. Wenn aber Zabulon Simintov die einzige Synagoge von Kabul betritt, dann hat er niemanden mehr, mit dem er beten könnte. Zabulon Simintov ist der letzte Jude Afghanistans, so heißt es. Der letzte aus einer Gemeinde, die noch zur vorletzten Jahrhundertwende mehrere tausend Mitglieder zählte. Doch viele wanderten nach der Staatsgründung Israels in den jüdischen Staat aus. Auch seine Frau und seine Töchter. Zabulon Simintov blieb.

"Dann werde ich verschwinden"

Er versucht, die Synagoge und den dazugehörenden Friedhof vor dem weiteren Verfall zu bewahren, so gut es eben geht. Noch geht es. Aber mittlerweile trägt sich sogar Simintov mit dem Gedanken, für immer zu gehen: „Wenn die Situation im Land noch schlimmer wird, dann werde ich verschwinden", erzählt er Reportern der Nachrichtenagentur Reuters.

Es ist nicht nur die Angst vor einer Rückkehr der radikal-islamischen Taliban, unter deren Herrschaft der Jude Simintov schon einmal eine sehr schwere Zeit gehabt hat. Es ist auch die wirtschaftliche Lage, die ihn in Bedrängnis bringt. Simintov betreibt in Kabul ein Kebab-Lokal, es befindet sich im gleichen Gebäude wie die Synagoge, doch die Geschäfte gehen immer schlechter, und das liegt nicht an seinem Religionsbekenntnis, das er in der Öffentlichkeit nicht herausstellt.

Ohnehin hat er bisher vor allem von Großkunden gehabt: Wenn Hotels bei ihm bestellten, dann waren das auf einen Satz gleich 400, 500 Essen, davon ließ sich leben. Doch der (militärische) Rückzug der Staatengemeinschaft aus Afghanistan, der längst im Gange ist, hat die Sicherheits- und die Auftragslage deutlich verschlechtert, auch die Laufkundschaft bleibt zusehends aus. Gegessen wird lieber daheim.

Ein paar Monate plant Zabulon Sinintov noch weiterzumachen, aber im Frühjahr, im März, soll Schluss sein, dann will er endgültig zumachen. Vielleicht findet sich ja bis dahin ein Mieter für das Lokal. Mit den Einnahmen könnte Simintov die dringend nötigen Renovierungsarbeiten an der Synagoge finanzieren. Wenn nicht, dann ist die Geschichte der Juden auf dem Gebiet des heutigen Afghanistan nach zweitausend Jahren zu Ende. Wenn auch Zabulon Simintov gegangen ist, der letzte Jude in Afghanistan.

(hd)

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