Auch China ließ im Streit um die Luftverteidigungszone über dem Ostchinesischen Meer am Freitag Kampfjets aufsteigen. Im Ernstfall sähen Chinas Chancen nicht schlecht aus.
Vor dem Hintergrund der Krise wegen der „Identifikationszone zur Luftverteidigung" (ADIZ), die China jüngst über Teilen des Ostchinesischen Meers verhängt hat, droht der Luftraum dort zum Hornissenschwarm zu werden: China schickte am Freitag Kampfflugzeuge und Aufklärer in die Region. In Kommentaren staatsnaher Medien wurde ein hartes Vorgehen insbesondere gegen Japan gefordert, das - neben den USA und Südkorea - zuletzt seinerseits Militärflugzeuge in die Zone geschickt hatte. „Wenn Tokio mit seinen Flugzeugen in die Zone fliegt, werden wir gezwungen sein, in ihre Luftverteidigungszone zu fliegen", hieß in einem Zeitungskommentar der KP-nahen „Gobal Times".
Und: Sollte die Entwicklung weitergehen, könnte es „wie im Kalten Krieg zwischen den USA und der UdSSR Spannungen in der Luft" geben. Drohungen gegen die USA blieben aus; die hatten am Montag demonstrativ zwei unbewaffnete B-52-Bomber durch die ADIZ geschickt. Die „Global Times" schrieb, die Zone richte sich nur gegen Japan.
Es geht um Fische und Bodenschätze
Ursache ist der Streit um den unbewohnten Archipel Senkaku (japanisch) bzw. Diaoyu (chinesisch), der Taiwan am nächsten liegt, doch in den 1890ern von Japan annektiert wurde; zuvor war er Terra nullius, wenngleich er auf alten chinesischen Karten als Teil Chinas aufschien. Natürlich geht es nicht um ihn, sondern ums fischreiche Meer und Bodenschätze im Untergrund. Und China, an der Schwelle zur Weltmacht, will „Markierungen setzen" und die Vormacht im Pazifik, die USA, testen.
Peking ist in der Tat dabei, die USA lokal zu neutralisieren - jedenfalls im Raum bis zur ersten Inselkette: Die zieht sich in einer Linie vom Süden Japans und östlich Taiwans zu den Philippinen und Malaysia, wo sie einen Bogen nach Vietnam schlägt. Sie ist 400 bis 1900 Kilometer von Chinas Küsten entfernt. Pekings Strategie war und ist, diese Zone, die in die Gewässer und/oder Wirtschaftszonen Taiwans, der Philippinen, Vietnams, Malaysias und Bruneis dringt, zur „Area of Denial" zu machen: Die USA sollen im Kriegsfall nicht oder nur unter großen Verlusten Zugang haben.
China kann "Verweigerungszone" durchziehen
Vergleich der Hauptrivalen: China hat 73 meist moderne Großkampfschiffe, 61 U-Boote, die Luftwaffe 1450 Kampfjets (darunter Tarnkappenbomber), wenngleich nicht wenige davon veraltet sind. Japans Flotte (47 Großschiffe, 16 U-Boote) ist zwar technisch voran, aber kleiner, die 300 Jets der Japaner sind großteils ebenfalls angejahrt. Südkorea hat 21 große Schiffe, zwölf U-Boote, 300 Jets.
Die mächtige US-Pazifikflotte hat etwa 80 Großkampfschiffe (davon fünf Träger à je ca. 90 Jets), 40 U-Boote und (samt landgestützten Flugzeugen) 2000 Flugzeuge.
Die USA können auf Reserven anderswo zurückgreifen, aber Tenor ist heute, dass China eine „Verweigerungszone" durchziehen kann, zumindest für einige Zeit. Gründe sind etwa die enorm vielen Anti-Schiff-Raketen, die China von Schiffen aus, von Küstenbasen, kleinen Schnellbooten und Fliegern starten kann - dazu braucht es nicht zwingend moderne Jets. China kann die See verminen und baut an der berüchtigten Rakete „Dongfeng 21D": Es wäre die erste ballistische Seezielrakete der Welt, ein schwer abfangbarer „Carrier-Killer", der wohl mit einem Treffer einen Träger zerstören kann - auf 3000 km Distanz.
Als den Amerikanern die Jets ausgingen
Die USA müssen Kräfte heranbringen und ihre nächsten Landbasen (Okinawa, Südkorea) sind von Bombern und Raketen bedroht. Chinas Feuerkraft kann viel direkter und von vielen, gut versorgten Basen aus wirken, die US-Navy hat das Meer unter sich. Bei einer vor wenigen Jahren im Computer simulierten Luftschlacht erzielten die US-Trägerpiloten zwar Abschussraten von 6:1 gegenüber den Chinesen; aber dann gingen den „Boys" ob der Überzahl der „Lees" die Jets aus.
Es ist fraglich, wie weit der Kriegswille der USA geht, wenn der erste Flugzeugträger gesunken ist. Tatsächlich, so hört man, überlegen sich die US-Admiräle gut, ob sie ihre Schiffe (pro Träger sind etwa 6000 Mann an Bord) in Chinas Nähe fahren lassen wollen.