Kreml-Chef Putin kauft Ukraine ein

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Um die Ukraine bei der Stange zu halten, gewährt Russland Rabatte beim Gaspreis und Milliarden an Krediten. Für Janukowitsch könnten es Danaergeschenke sein.

Wien. Bis zum Schluss haben beide Seiten die Spannung hoch- und die Information klein gehalten. Umso lauter fiel der Paukenschlag dann am frühen Abend aus. Russland greift der finanziell angeschlagenen Ukraine großzügig unter die Arme und setzt damit ein Signal, dass es das Land vor einer Orientierung Richtung Europa abhalten will.

Konkret gewährt der russische Gaskonzern Gazprom ein Drittel Preisnachlass, wie Kreml-Chef Wladimir Putin nach seinem Treffen mit dem ukrainischen Amtskollegen Viktor Janukowitsch erklärte.

Außerdem wolle Moskau 15 Mrd. Dollar in ukrainische Staatsanleihen stecken. Putin sprach von einem vorübergehenden Schritt, ohne dies zu erläutern. Über einen Beitritt der Ukraine zu einer von Moskau geführten Zollunion, der eine strategische Abkehr von Europa bedeuten würde, sei laut Putin nicht gesprochen worden.

Ob es darüber dennoch Absprachen gab, die vorerst aus taktischen Gründen geheim gehalten werden, um die Massenproteste der ohnehin erzürnten prowestlichen Opposition in der Ukraine nicht anzufachen, ist unklar. Die Opposition in Kiew hat im Vorfeld zu verstehen gegeben, dass eine Bindung an Russland Öl aufs Feuer sei. Nicht zufällig hat sich Janukowitschs Delegation gegen eine Pressekonferenz in Moskau ausgesprochen.

Explosives Ergebnis

Aber auch ohne die Frage der Zollunion ist das Ergebnis von Moskau explosiv – die Opposition hat dies offenbar vorausahnend schon im Vorfeld zu Massendemonstrationen um 18 Uhr in Kiew aufgerufen. Wie viele teilnahmen, war am Dienstagabend indes noch offen.

Seit Janukowitsch Ende November das ausverhandelte Assoziierungsabkommen mit der EU hat platzen lassen, sind die größten Demonstrationen seit der Orangen Revolution in der Ukraine im Gang. Auch ist es zu einem Wettrennen zwischen der EU und Russland gekommen, was die geopolitische Bindung der Ukraine betrifft.

Die Nachlässe beim Gaspreis bedeuten, dass die Ukraine ab Jänner nur noch 268,5 Dollar je 1000 Kubikmeter zahlt, wobei man an weiteren Rabatten arbeiten werde, wie Ukraines Energieminister Eduard Stavytsky erklärte. Bisher hat die Ukraine über 400 Dollar und damit einen europäischen Hochpreis gezahlt, nachdem Ex-Premierministerin Julia Timoschenko diesen Vertrag 2009 in Moskau ausgehandelt und damit den damaligen Gasstreit inklusive Lieferengpässen für Europa beendet hatte. Wegen dieses Gasvertrages, der der ukrainischen Wirtschaft tatsächlich schwer zu schaffen machte, hat Janukowitsch, der 2010 die Präsidentenwahlen gegen Timoschenko gewann, seine Rivalin hinter Gitter gebracht.

Janukowitsch seinerseits hat sich freilich auch geweigert, den künstlich niedrig gehaltenen Inlandspreis für Gas anzuheben und ein ausgeglichenes Budget zu schaffen. Aus diesem Grund hat der Internationale Währungsfonds (IWF) schon 2012 die Überweisung aus dem 15 Mrd. Dollar schweren Stützungskredit zurückgehalten.

Mächtiges Signal aus Moskau

Dass Moskau nun für den IWF einspringt und großflächig ukrainische Staatsanleihen aufkauft, bei denen zuletzt kaum noch Investoren zugegriffen haben, ist ein mächtiges Signal aus Moskau. Russland selbst befindet sich nämlich in einer Stagnation, die laut Ökonomen noch lange anhalten wird. Zum Vergleich: Die EU hatte Kiew bisher gerade einmal 838 Mio. Dollar an Hilfe zugesagt, wiewohl sie sich für weitere Hilfen von IWF und Weltbank starkmachte.

Auch wenn nun die Massenproteste in Kiew nicht mit voller Wucht aufflammen sollten: Janukowitsch selbst, nach Jahren der rasanten Machtausweitung zuletzt politisch angeschlagen, hat sich in große Abhängigkeit von Moskau begeben. Immerhin sei ihm mit Moskaus Hilfe ein Durchhalten bis zu den Präsidentenwahlen 2015 ermöglicht, meinen Experten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.12.2013)

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