Ukraine: Buh-Rufe für künftigen Premier Jazenjuk

Arseni Jazenjuk
Arseni Jazenjuk REUTERS
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Am Kiewer Maidan stellte sich das „Kabinett des nationalen Vertrauens" vor. Die Reaktionen waren gemischt.

Kiew. Nur die ukrainische Nationalhymne konnte die Unzufriedenen schließlich beruhigen. Am Mittwochabend versammelten sich zehntausende Bürger auf dem Kiewer Unabhängigkeitsplatz, um die Ministerliste der neuen Regierung gutzuheißen. Doch besonders begeistert war das Publikum nicht. Arseni Jazenjuk, der als Premierminister vorgeschlagen wurde, erntete Buh-Rufe. Europaminister soll Boris Tarasjuk werden, Innenminister bleibt Arsen Awakow, der seit einigen Tagen im Amt ist.

Einzig der Kommandant des Maidan, Andrej Parubij, erntete Applaus: Er soll den Nationalen Sicherheitsrat anführen. Sein Vertreter könnte Dmitrij Jarosch werden, der Anführer des „Rechten Sektors", einer losen Vereinigung von rechtsradikalen Gruppen.

Die tatsächliche Entscheidung über die Regierung wird heute, Donnerstag, im Parlament getroffen. Doch die an die Macht gelangte Opposition - Timoschenkos Vaterlandspartei, Klitschkos Udar und Oleg Tjagniboks Swoboda - wollte sich der Unterstützung des Maidan versichern. Freilich: Das Misstrauen unter den Demonstranten überwiegt. „Wir wollen sicher gehen, dass die einen Kriminellen nicht von den nächsten abgelöst werden", hatte ein Redner kurz vorher gesagt. Das „nationale Vertrauen" genießt das Kabinett - noch - nicht.

Auffällig ist die Dominanz von Mitgliedern der Vaterlandspartei unter den Ministern. Einerseits ist Julia Timoschenkos Partei die größte Oppositionskraft. Aus den Kreisen von Vitali Klitschkos Udar und der rechten Swoboda-Partei um Oleg Tjagnibok war schon vorher zu hören, dass man nicht darauf bestehe, ein Ressort zu führen. Offenbar konzentrieren Klitschko und Tjagnibok ihre Kräfte auf den Präsidentschaftswahlkampf, der offiziell bereits seit Dienstag läuft.

Janukowitschs Möbel um 2,78 Mio. Euro

Ukrainische Journalisten haben unterdessen das Internetprojekt „YanukovychLeaks" ins Leben gerufen. Auf der Webseite www.yanukovychleaks.org veröffentlichen sie Dokumente, die in der Residenz Mischhirja am Rande Kiews gefunden wurden. Der frühere ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch war am vergangenen Samstag überhastet aus seinem luxuriösen Anwesen geflohen.

Hunderte Dokumente wurden im Fluss Dnjepr gefunden. Aus den Papieren lassen sich vor allem Informationen über die Finanzgebarung auf Mischhirja gewinnen. Der Präsident ließ sich seine Einrichtung einiges kosten. So geht aus den Dokumenten hervor, dass Janukowitsch Möbel des Designers Andrea Turri im Wert von 2,78 Millionen Euro bestellt hat.

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