Droht Berlusconi EVP-Rauswurf?

Oberstes Gericht bestätigt Ämterverbot für Ex-Premier. Berlusconi verliert sogar sein Wahlrecht. Kandidieren nun seine Töchter für EU-Parlament?

Nachdem Italiens Kassationsgericht am Dienstagabend das zweijährige Ämterverbot gegen Ex-Ministerpräsident Silvio Berlusconi bestätigt hat, muss sich der vierfache Premier endgültig von der Politik verabschieden. Zwar bleibt er noch Chef der stärksten italienischen Oppositionspartei Forza Italia, de facto kann er jedoch keine aktive Rolle mehr auf Italiens politischem Parkett spielen.

Das Urteil vom Dienstag ist ein weiterer, harter Rückschlag für den 77-Jährigen, der wegen Steuerhinterziehung rechtskräftig verurteilt worden ist und im November aus dem Senat ausgeschlossen wurde. Damit wird das zweijährige Ämterverbot, zu dem er im vergangenen Oktober verurteilt worden war, rechtskräftig.

Berlusconi befürchtet nun, dass die Europäische Volkspartei ausschließen könnte. Entsprechende Forderungen innerhalb der europäischen Konservativen gibt es offenbar schon länger. Nun soll auch EU-Justizkommissarin Viviane Reding persönlich dezidiert darauf drängen. Reding hatte zuletzt betont, dass eine EU-Kandidatur des verurteilten Berlusconis nicht in Frage käme.

Kandidieren Berlusconi-Töchter?

Berlusconi verliert ab sofort das Wahlrecht und muss auf seine Pläne verzichten, im Mai als Spitzenkandidat seiner Mitte-rechts-Partei bei den Wahlen zum Europäischen Parlament anzutreten. In italienischen Medien mehrten sich bereits Gerüchte, zwei seiner Töchter könnten statt dem Medienmagnaten bei der EU-Wahl kandidieren: Die älteste Tochter Marina und (oder) Barbara Berlusconi. Beide dementierten freilich vehement.

Empörung über das Urteil bei Anhängern

Berlusconi sei "extrem enttäuscht", sagte sein Anwalt, Niccolo Ghedini. Das Urteil sei "abnormal und ungerecht", sagte die ehemalige Bildungsministerin Mariastella Gelmini, die Berlusconis Partei Forza Italia angehört. Zwar sammeln Berlusconis Anhänger derzeit Unterschriften, um bei Staatspräsident Giorgio Napolitano eine Begnadigung zu erreichen, konkrete Hoffnungen, dass es zu diesem Schritt kommt, gibt es jedoch praktisch keine.

Der exzentrische Milliardär, der über 20 Jahre lang Italiens Politik beherrscht hat, steht vor einem weiteren entscheidenden Termin. Am 10. April wird ein Gericht in Mailand entscheiden, ob er unter Hausarrest gestellt wird oder ein Jahr Gemeinschaftsdienst leisten muss. In Folge der rechtskräftigen Verurteilung zu vier Jahren Haft im vergangenen August wurde Berlusconi aus dem Senat ausgeschlossen und verlor damit seine parlamentarische Immunität. Hinter Gitter muss er wegen seines hohen Alters zwar nicht.

Noch mehrere Verfahren anhängig

Mehrere Justizverfahren laufen aber noch gegen ihn. Ohne die Immunität, die er nach dem Ausschluss aus dem Parlament verloren hat, könnten ihm voraussichtlich auch weitere Haftstrafen in den Verfahren nicht erspart bleiben, die gegen ihn noch laufen. "Wie geht es mit Silvio weiter?" lautet daher die Frage in den Machtzentralen am Tiber.

Berlusconi resigniert nicht. "Ich bleibe Leader des Mitte-Rechts-Lagers, das fordern meine Wähler", versicherte Berlusconi. Fest steht jedenfalls, dass er während des einen Jahres des Sozialdienstes keineswegs politisch aktiv sein kann. Mindestens sechs Jahre lang wird der verurteilte TV-Tycoon aufgrund des sogenannten Anti-Korruptionsgesetzes "Severino" keine Kandidatur einreichen können. Außerdem wurde ihm der Pass entzogen.

Hoffnung auf Neuaufrollen

Berlusconi setzt große Hoffnungen auf ein Neuaufrollen des Mediaset-Prozesses. Dies soll aufgrund neuer Beweise und Zeugenaussagen erfolgen, die seine Rechtsanwälte dem Berufungsgericht in Brescia vorlegen wollen. Berlusconis Rechtsanwalt Franco Coppi bemängelte, dass beim Mediaset-Prozess sämtliche Verteidigungszeugen nicht vor Gericht aussagen konnten.

Neben der Neuaufrollung des Mediaset-Verfahrens kämpft Berlusconi in Straßburg für eine Revision des Mediaset-Prozesses. Der Gang zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte sei ein wichtiger Schritt für Berlusconi, um seine Unschuld zu beweisen, sagte Coppi. Aber auch wenn der Europäische Gerichtshof positiv auf Berlusconis Gesuch reagieren würde, wäre der Ausschluss des "Cavaliere" aus der politischen Szene nicht mehr rückgängig zu machen.

(APA/red.)

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