Spanien: Abfuhr für eine Abspaltung Kataloniens

People hold placards to form a giant ´Estelada´ flag in front of Sant Feliu townhall, near Barcelona
People hold placards to form a giant ´Estelada´ flag in front of Sant Feliu townhall, near Barcelona(c) REUTERS (ALBERT GEA)
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Das Parlament in Madrid lehnte eine Volksbefragung über die Unabhängigkeit der Region mit einer breiten Mehrheit ab. Premier Mariano Rajoy argumentierte: „Die spanische Verfassung erlaubt das nicht.“

Madrid. Der Traum der spanischen Region Katalonien von der Unabhängigkeit bekam erneut einen Dämpfer: Erst bremste das Verfassungsgericht in der Hauptstadt Madrid die Abspaltungspläne des abtrünnigen Nordostens mit dem Urteil, dass die Katalanen kein Recht hätten, einseitig einen Staat auszurufen.

Und jetzt schlug auch das spanische Parlament den Katalanen die Tür zu. Nach siebenstündiger Debatte und mit breiter Mehrheit lehnte es ein regionales Referendum über die Eigenständigkeit ab. Die rebellische Katalanen-Regierung kündigte jedoch umgehend an, dass die Bemühungen für eine Souveränität weitergehen würden.

Fast 90 Prozent der Abgeordneten im spanischen Parlament stimmten gegen den Antrag Kataloniens, eine Volksabstimmung über die Unabhängigkeit zuzulassen. Spaniens konservativer Ministerpräsident Mariano Rajoy fasste das wichtigste Gegenargument so zusammen: „Die spanische Verfassung erlaubt das nicht.“ Im spanischen Grundgesetz ist die „unauflösliche Einheit der spanischen Nation“ verankert. Regionale Referenden sind jedoch laut Verfassung prinzipiell möglich, wenn sie zuvor vom nationalen Parlament gebilligt werden.

Prospanische Front

In Spaniens Parlament stimmte nun nicht nur die konservative Volkspartei von Ministerpräsident Rajoy gegen die katalanischen Pläne. Zur prospanischen Front gesellte sich auch die größte Oppositionspartei, die Sozialisten, sowie die kleinere staatstreue Union für Fortschritt und Demokratie. 2005 hatte das Parlament auch bereits die separatistischen Ambitionen des Baskenlands zurückgewiesen.

Kataloniens oberster Separatist, der regionale Regierungschef Artur Mas, lässt sich durch diese Abfuhr nicht beirren. Er hat sich von vornherein geweigert, zur Abstimmung zu erscheinen. Hinterher kündigte Mas an, dass „der politische Prozess Kataloniens weitergeht“. Seine Begründung: „Man kann den Willen des katalanischen Volkes nicht aufhalten.“ Die wirtschaftsstarke Region, zu der auch die Costa Brava gehört, werde andere Wege suchen, „um diese Befragung durchzuführen“.

Die katalanische Regierung halte am Datum des Referendums fest, das für den 9.November vorgesehen ist. Diese Volksbefragung soll übrigens noch nicht den sofortigen Bruch mit Spanien herbeiführen, sondern zunächst die Stimmung der rund 7,5 Millionen Katalanen in Sachen Unabhängigkeit ausloten und so den weiteren politischen Kurs festlegen. Der Schlagabtausch zwischen Katalonien und Spanien wird also weitergehen.

Wobei Umfragen zufolge wenig Zweifel darüber bestehen, dass eine deutliche Mehrheit der Katalanen wünscht, über die Zukunft ihrer Heimat entscheiden zu dürfen. Der Unabhängigkeitsplan wird von vier Parteien im Regionalparlament in Barcelona getragen, die eine Zweidrittelmehrheit in der Kammer haben.

Unklar ist nur, ob im Ernstfall tatsächlich eine Mehrheit der Bürger für die Abspaltung votieren würde. Auch wenn unübersehbar ist, dass die Abneigung in Katalonien gegen die spanische Zentralregierung wächst. Aber ein Teil der Katalanen würde sich wohl schon mit einer größeren regionalen Selbstverwaltung unter spanischem Dach zufriedengeben.

„Ausbeutung“ durch Madrid

Katalonien, das seine eigene Geschichte, Kultur und Sprache pflegt, produziert rund ein Fünftel der spanischen Wirtschaftsleistung und ein Viertel aller Exporte des EU-Landes. Es ist aber auch jene Region Spaniens mit der höchsten öffentlichen Verschuldung. Kataloniens Separatisten schreiben die finanziellen Probleme ihres Territoriums jedoch der „Ausbeutung“ durch den Zentralstaat zu, an den die Region – im Zuge des Finanzausgleichs – einen Teil der Steuereinnahmen abführen muss.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.04.2014)

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