Die Rückkehr der Soldaten ohne Abzeichen

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Wie auf der Krim tauchen erneut unbekannte Bewaffnete auf. Diesmal arbeiten russische Soldaten aber mit lokalen Kräften zusammen.

Slawjansk/Wien. Am Montag stand ein Dutzend Bewaffneter vor der Stadtregierung im ostukrainischen Slawjansk. Sie waren in Tarnuniformen gekleidet, trugen schwarze Sturmmasken und hielten eine russische Fahne hoch. Sie bezeichneten sich selbst als „Kosaken“ und erklärten: „Die Grenzen zwischen der Ukraine, Russland und Weißrussland sind künstlich. Wir sind hier, um sie zu entfernen.“ Woher sie kamen, wollten sie nicht preisgeben. Diese Szene ist symptomatisch für das, was sich derzeit im Osten der Ukraine abspielt. Nachdem zunächst prorussische Aktivisten öffentliche Gebäude besetzt hatten, tauchten mittlerweile weitere, professionellere Bewaffnete auf: In der Stadt Slawjansk kamen am Montag Kämpfer an, die selbst angaben, von der mittlerweile in russisches Staatsgebiet übergegangenen Halbinsel Krim aus zu Hilfe geeilt zu sein.

Auch auf der Krim tauchten Anfang Februar Soldaten ohne Abzeichen auf. Sie hüteten sich davor, mit Reportern zu sprechen – waren an ihrer Ausrüstung aber als russische Eliteeinheiten zu erkennen.

In der Ostukraine ist die Situation ähnlich, wenn gleich nicht ganz so eindeutig. Die Kämpfer, die die Polizeistationen von Slawjansk und Kramatorsk stürmten, traten ebenfalls als professionelle Einheit auf. Sie schienen gut ausgerüstet. Doch nicht jeder Soldat trug – so wie zuvor die Kräfte auf der Krim – sein eigenes Kommunikationsgerät.

Noch ist nicht klar, ob es sich bei allen dieser Kämpfer um Soldaten aus Russland handelt. Vermutlich arbeiten lokale Kräfte mit Einheiten aus Russland zusammen. Ein Militärexperte schildert der „Presse“, dass die Soldaten ohne Abzeichen weitgehend einheitliche Körperschutzausrüstung tragen und Waffen, die eigentlich nur bei russischen Kräften anzutreffen sind, wie etwa das kurze Sturmgewehr AK-100. Vieles spreche dafür, dass es sich um gemischte Einheiten aus der Ostukraine und Russland handle, die von russischen Mittelsmännern ausgerüstet worden seien. Moskau scheint dieses Mal vorsichtiger vorzugehen als noch vor einigen Wochen: Damals war die internationale Entrüstung groß, dass russische Soldaten die Krim besetzten. Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) wollte zur Aufklärung Militärbeobachter auf die Krim schicken, die nie auf die Halbinsel vorgelassen wurden.

Abgehörte Telefonate

Der ukrainische Geheimdienst SBU veröffentlichte nun Mitschnitte von Telefonaten zwischen den Separatisten in Slawjansk und ihrer Führung. Die Gespräche wurden laut SBU auf Mobiltelefonen mit russischen Nummern geführt. In einem der Gespräche geht es um ein Interview mit dem Moskauer Sender „Life News“. Darin weist der Vorgesetzte den Untergebenen an, seinen Kollegen „mit dem ukrainischen Akzent“ ans Telefon zu holen. Interessant ist: Auch auf den prorussischen Krim-Premier Sergej Aksjonow wird in dem Gespräch verwiesen. Der SBU sprach von einer „groß angelegten kriegerischen Aggression“ Moskaus. Der russische Nachrichtendienst GRU stecke dahinter.

Der US-Botschafter bei der OSZE, Daniel B. Baer, sagte in Wien, dass alles auf eine von Moskau orchestrierte, professionelle Operation in der Ostukraine hinweise. „Dort sind gut ausgebildete Agenten mit russischen Waffen im Einsatz.“ (som/w.s.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.04.2014)

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