Slowenien: Regierungskoalition droht Zerfall

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Die Niederlage von Premierministerin Alenka Bratušek im Machtkampf um den Parteivorsitz könnte das Ende der Koalition bedeuten. Dem Krisenland drohen Neuwahlen.

Belgrad/Ljubljana. Nur „Zoki“ hatte Grund zur Freude. Aufgeräumt schlürfte Hauptstadt-Bürgermeister Zoran Janković, der Gründer und neue Chef der Partei „Positives Slowenien“ (PS), nach dem gegen Regierungschefin Alenka Bratušek gewonnenen Machtkampf um den Parteivorsitz vor den Augen der Kameras in Ljubljana seinen Morgenkaffee. Die Schlagzeilen der slowenischen Gazetten kündeten am Wochenende derweil den Zerfall der Regierung an.

„Diese Koalition ist beendet“, macht sich nicht nur Igor Lukšić, der Chef der mitregierenden Sozialdemokraten (SD), für baldige Neuwahlen stark. Eigentlich schien sich das vor Jahresfrist noch vom Staatsbankrott bedrohte Slowenien unter Führung der Politnovizin Alenka Bratušek allmählich dem Ende des Krisentunnels anzunähern.

Janković stilisiert sich als Parteivater

Dank eines rigorosen Sparkurses gelang es ihrer Vierparteien-Koalition, die im März vergangenen Jahres angetreten war, das 2013 auf über 14 Prozent gestiegene Haushaltsdefizit auf 4,2 Prozent zu drücken. Die befürchtete Flucht unter den Euro-Rettungsschirm konnte unter der Ägide der 44-jährigen Finanzfachfrau vermieden werden, die Exporte ziehen kräftig an. Doch ihr politischer Ziehvater Janković hat die erfolgreiche Krisenmanagerin mit seinem Comeback nun ins Stolpern gebracht. Denn der mit Korruptionsvorwürfen belastete Millionär ist für die Koalitionspartner als Chef der größten Regierungspartei nicht tragbar.

Sie könne nicht die Regierung führen, wenn sie nicht die Unterstützung ihrer Partei habe, hatte Bratušek auf dem Sonderparteitag der PS in Kranj in der Nacht zu Samstag gewarnt. Doch ihre Appelle blieben ungehört. 55 Prozent der Partei-Delegierten stimmten für den „Parteivater“ Janković, der den Vorsitz der von ihm im Herbst 2011 gegründeten PS vor Jahresfrist nur auf Druck der Koalitionspartner zeitweilig an Bratušek abgetreten hatte. Er sehe kein Problem darin, dass er Parteichef sei und Bratušek Regierungschefin bleibe, hatte Janković vor der Kampfabstimmung verkündet.

Doch Probleme haben mit dem neuen PS-Chef nicht nur die Partner der Koalition: Die Anti-Korruptionskommission wirft ihm vor, die Herkunft von 2,4 Millionen Euro seines Vermögen nicht nachweisen zu können.

Sein Comeback hat Janković nun erzwungen, die Regierung und sein Land jedoch in neue Turbulenzen gestürzt – und vermutlich auch seiner Partei einen Bärendienst erwiesen. Erste Abgeordnete von „Positives Slowenien“ haben bereits ihren Austritt angekündigt. Dem bei den Parlamentswahlen 2011 auf Anhieb zur stärksten Kraft mutierten Parteineuling drohen nicht nur die Spaltung, sondern bei vorgezogenen Wahlen auch erhebliche Stimmverluste.

Von den Koalitionären dürfte nur die sozialdemokratische SD profitieren, einen frühzeitigen Urnengang dürfte jedoch die konservative SDS des wegen Korruption in erster Instanz zu zwei Jahren Haft verurteilten Ex-Premiers Janez Janša gewinnen.

Keine Kooperation erwünscht

Eine Kooperation mit dem diskreditierten Janković schließen alle drei Koalitionspartner aus. Mit Neuwahlen wird in Ljubljana nun im Herbst, möglicherweise aber auch noch vor der Sommerpause im Juni gerechnet. Ob die sich seit dem PS-Kongress in Schweigen hüllende Bratušek ihre Rücktrittsdrohung wahr macht, dürfte sich spätestens am Dienstag entscheiden, wenn sie sich mit Staatschef Borut Pahor trifft.

Es werde schwierig werden, im Ausland zu erklären, was in Slowenien eigentlich los sei, klagt Außenminister Karl Erjavec. Denn es sei schwer zu verstehen, dass eine Person, die soviel Ärger mit der Polizei habe, zum Chef der größten Partei gewählt werde und die Regierung stürzen könne: „Ausgerechnet jetzt, wo wir ein Licht am Ende des Tunnels sehen, sind wir wieder in der politischen Krise.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.04.2014)

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