Analyse: Der Umgang mit Freund & Feind

"Wer nicht für uns ist, ist gegen uns", ist eine der bekanntesten Aussagen von US-Präsident Bush. Befürworter und Gegner des Irak-Krieges merken jetzt, wie sie gemeint ist.

Es war nicht leicht für Frankreich, das heikle Telefonat zu arrangieren. Bevor der französische Präsident Jacques Chirac vergangene Woche im Weißen Haus anrufen durfte, waren intensive diplomatische Bemühungen vonnöten. Frankreichs Botschafter in Washington musste beim politischen Berater des US-Präsidenten, Karl Rove, und dem stellvertretenden Sicherheitsberater Stephen Hadley vorsprechen. Der "Durchbruch" gelang dann in einem Telefonat zwischen dem Pariser Außenminister Dominique de Villepin und seinem US-Widerpart Colin Powell. as folgte, war das erste Gespräch des amerikanischen und des französischen Staatsoberhauptes seit mehr als zwei Monaten. Das 20-minütige Telefonat verlief laut Präsidentensprecher Fleischer "geschäftsmäßig". Die US-Regierung ist über die "destruktive Rolle", die Paris von Jänner bis März spielte, nach wie vor sehr verärgert. In einer Reihe von Hearings wurde zuletzt im Kongress erörtert, wie kurz- und langfristig mit Frankreich verfahren werden soll. Überlegt werden der Boykott der Pariser Air Show im Juni durch die USA sowie die Isolierung Frankreichs innerhalb der Nato. Französische Firmen haben den Knacks in den bilateralen Beziehungen bereits stark zu spüren bekommen, der US-Tourismus in Frankreich ist um 20 Prozent gesunken.

Auch Deutschland, prominenter Kriegsgegner, ist in Washington nicht gut angeschrieben und muss mit Vergeltung rechnen. Derzeit herrscht auf diplomatischer Ebene Eiszeit. Bushs Beziehungen zu Schröder sind kühl. Zugleich erklärte jedoch General Charles Wald, stellvertretender Army-Kommandant in Europa, jüngst: "Deutschland hat das, was wir im Irak getan haben, hinter den Kulissen wesentlich unterstützt".

"Hoffentlich werden unsere französischen und deutschen Freunde ihre Haltung ändern, wenn das nächste Mal ähnliche Probleme auftauchen", meint der amerikanische Vizepräsident Dick Cheney; Länder wie Frankreich und Deutschland hätten "alles unternommen, um uns im Weg zu stehen". Es könnte sein, dass man in zukünftigen internationalen Krisen ihre Unterstützung erst gar nicht mehr sucht.

Als schwächstes Mitglied der "neuen Entente" gilt Russland. Washington versucht, einen Keil zwischen die Kriegsgegner zu treiben und Moskau auf seine Seite zu ziehen, auch weil Russland im Kampf gegen den Terrorismus als wichtiger Partner angesehen wird. Der überraschende Besuch von Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice in Moskau ist für die bilateralen Beziehungen ein positives Zeichen. Auch sind die USA wegen Waffenverträgen und einer langen internationalen Agenda Russland gegenüber versöhnlicher gestimmt.

Laut Bush sind einlenkende Gesten gegenüber kritischen Ländern generell nicht aus dem Weißen Haus, sondern aus dem State Department zu erwarten. Aber auch der US-Präsident wird in absehbarer Zeit, beim G8-Gipfel in Frankreich im Juni, seinen schärfsten Kritikern gegenübersitzen. Bush gilt als Person, die Affronts nicht so schnell vergisst und vergibt. "Die Amerikaner haben in gewissen Dingen ein Elefantengedächtnis", erklärt Stephen Brauer, US-Botschafter in Belgien. Zugleich betonte Präsidentensprecher Fleischer, dass "auch jene, die nicht unserer Meinung waren, unsere Wertvorstellungen teilen".

Kurzfristig jedoch bekommen Befürworter und Gegner ihre Haltung zum Irak-Krieg von Seiten der USA deutlich zu spüren. Bush wird etwa seinen "engen Verbündeten und guten Freund", den australischen Premierminister John Howard, Anfang Mai auf seiner Ranch in Texas empfangen. Einen für 5. Mai geplanten Besuch in Kanada hat der US-Präsident unterdessen angesichts der Spannungen rund um den Irak-Krieg verschoben. Mit Spaniens Premier Jos© Mar­a Aznar, der die USA trotz Widerstand in seinem Land unterstützt hat, telefonierte Bush am Osterwochenende. Und auch der Nachbar Mexiko ist letztendlich nicht in Ungnade gefallen. "John Howard bekommt seine Spezialeinladung auf die Ranch", erklärt Ivo Daalder vom Think-Tank "Brookings Institution", "während Bush jenen, die ihn nicht unterstützt haben, die kalte Schulter zeigt."

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