Der Sieg Mikulas Dzurindas über die Demoskopen

Der slowakische Ministerpräsident überraschte alle Unkenrufer - und kann weiterregieren. Meciars Partei blieb die stimmenstärkste, spielt aber bei der Regierungsbildung nicht mit.

In den Umfragen haben viele Wähler noch ihrer Unzufriedenheit freien Lauf gelassen. Aber in der Wahlkabine haben sie sehr verantwortungsbewußt verstanden, daß hier über die Zusammensetzung der künftigen Regierung entschieden wird." So erklärt die Preßburger Politologin Sona Szomolanyi den auffallenden Unterschied zwischen den seit Monaten konstant schlechten Umfragewerten des christlich-liberalen Ministerpräsidenten Mikulas Dzurinda und seinem tatsächlichen starken Wahlergebnis.

Dzurindas "Slowakische Demokratische und Christliche Union" (SDKU) erreichte fast doppelt so viel an Stimmen, wie die Umfragen prophezeit hatten. Noch am Tag vor der Wahl galt Dzurinda als politisch abgeschrieben.

Dzurinda war schon "tot"

Mehrere potentielle Koalitionspartner hatten vor der Wahl betont, mit Dzurinda, der für vier Jahre "Mißwirtschaft" verantwortlich sei, könne es keine Zusammenarbeit mehr geben. Und in den Medien tauchten Spekulationen darüber auf, wer den "verbrauchten" Regierungschef in seiner Partei ablösen könne.

Doch nach Schließung der Wahllokale sah alles ganz anders aus: Der seit Monaten als künftiger Premier favorisierte Jungpolitiker Robert Fico blieb so weit hinter seinen Umfragewerten zurück, daß er wohl kaum mehr Bedingungen an seine Koalitionspartner stellen kann, sondern eher selbst aus der Regierung draußen bleiben muß. Die konservative "Christdemokratische Bewegung" (KDH) und die rechtsliberale "Allianz des Neuen Bürgers" (ANO) wiederum blieben mit so deutlichem Respektabstand hinter der SDKU zurück, daß sie Dzurinda wohl kaum den Führungsanspruch in einer wahrscheinlichen gemeinsamen Koalition streitig machen können. Und die ebenfalls christdemokratisch orientierte "Partei der Ungarischen Koalition" (SMK), die sich wieder als Alleinvertretung der gesamten ungarischen Minderheit bestätigte, hat sich sowieso schon in der bisherigen Regierung als treuester Partner Dzurindas erwiesen.

Sieger mit Augenmaß

Im Dzurinda-Lager herrschte Freude, aber jeder Eindruck von Überheblichkeit wurde vermieden, um die vom Ergebnis enttäuschten künftigen Juniorpartner nicht zu vergraulen. KDH und ANO vergaßen ganz auf ihre kritischen Töne gegenüber Dzurinda und betonten statt dessen ihre Bereitschaft, "Mitverantwortung" für die Zukunft zu übernehmen. KDH-Vizeparteichef Vladimir Palko kam gleich zur Sache, indem er darauf hinwies, wie vorteilhaft es doch nun wäre, wenn "vier Parteien mit ähnlichem Programm" eine Koalition bilden würden. In vier Jahren Regierungszeit hatte sich dabei gerade die KDH wiederholt als besonders schwieriger Koalitionspartner erwiesen und mehrmals die Rolle einer innerkoalitionären Opposition gespielt.

Dennoch deutete am Wahlabend alles darauf hin, daß Palkos frommer Wunsch in Erfüllung gehen würde. Denn je mehr sich die ersten Prognosen erhärteten (die ersten offiziellen Ergebnisse wurden erst am Sonntag, das Endergebnis wird erst am Montag veröffentlicht), desto konkreter äußerten sich auch andere tonangebende Politiker zur künftigen Regierungsbildung. "Je homogener die künftige Regierung ist, desto besser ist das für die Slowakei", erklärte der für Wirtschaft zuständige Vizepremier Ivan Miklos. Und auch Außenminister Eduard Kukan wünschte sich eine Regierung aus "Parteien, die sich in ihren Programmen möglichst nahe sind". Beide gehören zu Dzurindas SDKU. Die vier "logischen" Koalitionsparteien SDKU, KDH, SMK und ANO kommen gemeinsam auf eine zwar knappe, aber stabile Regierungsmehrheit. Auch aus der Europäischen Union meldete sich der für die Slowakei zuständige Berichterstatter Jan Marinus Wiersma mit einer unmißverständlichen Empfehlung für diese Viererkoalition zu Wort. Der Weg der Slowakei in die EU sei damit am besten gewährleistet.

Meciar blieb unsichtbar

Und wo blieb Vladimir Meciar? Wie so oft in schwierigen Situationen mied der dreimalige Ex-Ministerpräsident wieder einmal die Öffentlichkeit. Auch wenn die einst übermächtige HZDS tatsächlich innerhalb der slowakischen Kleinparteienlandschaft noch einmal stärkste Partei bleibt, hat sie selbst gegenüber ihrer historischen Niederlage vor vier Jahren nochmals ganze zehn Prozent zusätzlich verloren. Schon lange vor der Wahl hatten sich alle anderen Parteien festgelegt: Mit Meciar machen wir keine Koalition. Vor allem die USA, aber auch mehrere Politiker der EU hatten schon seit Monaten mehrfach klargestellt, daß es mit einer Regierungsbeteiligung Meciars oder der HZDS für die Slowakei keinen Beitritt zu Nato und EU geben werde.

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