Frankreich: Wie Sarkozy Libyen aufrüstet

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Frankreichs Präsidentengattin soll zum Deal ihres Gatten mit Gadhafi schweigen.

PARIS.Mit der Veröffentlichung von Details über ein geheimes Militärabkommen zwischen Frankreich und Libyen facht die Zeitung „Le Canard Enchaîné“ die Polemik über den „Deal“ zwischen Präsident Sarkozy und Oberst Gadhafi neu an: Wie jenes auf Enthüllungen spezialisierte Wochenblatt an die geheimen Papiere kam, ist unbekannt. Ein Sprecher des Außenamts bestätigte deren Echtheit, wollte sich aber nicht weiter dazu äußern. Auch das Pariser Verteidigungsministerium schweigt.

Demnach zeigt sich, dass der Inhalt der von den Außenministern beider Staaten anlässlich des Besuchs von Nicolas Sarkozy in Tripolis am 25. Juli (am Tag nach der Freilassung der bulgarischen Krankenschwestern und des palästinensischen Arztes) unterzeichneten Dokumente viel weiter geht, als bisher eingeräumt wurde. Das Verteidigungsabkommen sieht demnach die Lieferung eines breiten Spektrums von Rüstungsgütern vor, etwa von Fahrzeugen, Schiffen und Kampfflugzeugen, die dem Schutz der libyschen Grenzen und Häfen dienen sollen.

Satelliten für Gadhafi?

Erwähnt werden auch Satelliten zur Kommunikation oder Überwachung aus dem All. In zwölf Punkten wurde eine weitgehende militärische Kooperation beim Austausch von Informationen über Verteidigungsstrukturen- und konzepte zugesichert, ebenso die Organisation von gemeinsamen Manövern und der Austausch von Experten. Frankreich will Libyen zudem bei der Ausbildung von Spezialeinheiten behilflich sein.

Das Außenamt in Paris will die Tragweite dieser Vereinbarungen, die nur „allgemeiner“ Natur seien, relativieren. In den Dokumenten steht jedoch, die Kooperation solle schon in den kommenden zwölf Monaten beginnen.

Schon Anfang August hatte der französisch-deutsche Konzern EADS in Tripolis einen Vertrag zur Lieferung von Panzerabwehrraketen im Wert von 168 Millionen Euro sowie eines Fernmeldesystems für 128 Mio. unterzeichnet.

Dementi zu Atom-Kooperation

Dementiert wurde von der französischen Führung, dass die von Sarkozy mit Muammar Gadhafi ebenfalls vereinbarte Zusammenarbeit bei ziviler Nuklearenergie die Lieferung eines Atomreaktors vom neuen Typ EPR (European Pressurized Reactor) sowie die Weitergabe von Kerntechnik einschließe.

Was Frankreichs Präsidentengattin Cécilia Sarkozy von diesen Übereinkünften wusste, werden die Mitglieder der parlamentarischen Untersuchungskommission wohl nicht erfahren: Denn der Präsident will nicht, dass Cécilia Auskunft über ihre Rolle bei den Verhandlungen zur Freilassung der Bulgarinnen während ihrer zweier Besuche in Tripolis gibt.

Die oppositionellen Sozialisten verlangen, dass die First Lady, die juristisch als gewöhnliche Bürgerin gelte, beim Hearing aussagt. Sarkozy scheint zu befürchten, dass sie zu viel sagen könnte. Oder er glaubt, sie komme auch in den Genuss der Immunität, durch die der Staatschef den Volksvertretern nicht verantwortlich ist und jede Auskunft verweigern kann.

Die Libyen-Debatte wird Frankreich jedenfalls gewiss noch eine Weile beschäftigen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.08.2007)

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