Sudan heizt Familienfehde um Tschads Erdöl an

(c) EPA (Stephen Morrison)
  • Drucken

Die Rebellenführer, die gegen Déby kämpfen, gehörten einst selbst zum Regime. Der Sudan versucht schon seit langem, die Rebellenstützpunkte im Osten des Tschads zu zerschlagen.

wien/PARIS. Nur kurz kehrte am Montag in Tschads Hauptstadt N'Djamena Ruhe ein. Dann war wieder das Stakkato von Maschinengewehrfeuer zu hören. In der Nacht zuvor hatten die Rebellen die Stadt verlassen und von einem "taktischen Rückzug" gesprochen. Man sammle sich für einen neuen Angriff. Tschads Regierung feierte indes bereits den "Sieg": "Die Schlacht um N'Djamena ist beendet. Unsere Truppen haben die völlige Kontrolle", behauptete Tschads Außenminister Ahmad Allam im ORF. Tausende Bewohner von N'Djamena nutzten die Feuerpause, um zu fliehen.

Abrechnung mit der Opposition

"Tschads Machthaber Idriss Déby ist heute in einer stärkeren Position ist als noch am Samstag", sagt der französische Tschad-Experte Roland Marchal zur "Presse". Marchal arbeitet für das Zentrum für internationale Studien und Forschung (CERI) in Paris. Sollte Déby die Oberhand gewonnen haben, sei in den kommenden Stunden mit einer Gegenoffensive zu rechnen, meint Marchal. Es gebe jedoch auch Gerüchte, dass die Rebellen neue Verstärkung erhalten haben. Ohne Verstärkung könnten die Rebellen jedenfalls gewaltige Nachschubprobleme bekommen. Denn ihre Basen liegen weit über 1000 Kilometer entfernt an der tschadisch-sudanesischen Grenze.

Déby nützt die Atempause nun dazu, um in der Hauptstadt gegen Oppositionelle vorzugehen. Mehrere Personen wurden bereits verhaftet. Dem Machthaber bereite vor allem die zivile Opposition Kopfzerbrechen, so Marchal. "Déby will, dass es für den Westen nur zwei Optionen gibt: ihn oder die vom Sudan unterstützten Rebellen. Denn er weiß, dass die Wahl dann immer noch auf ihn fällt."

Es waren nicht nur die schweren Waffen wie Panzer und Hubschrauber, die Déby bei den jüngsten Gefechten einen Vorteil verschafft haben. Laut Marchal erhielt der Machthaber auch Verstärkung durch sudanesische Rebellengruppen. Diese Gruppen führen von ihren Stützpunkten im Osten des Tschad Aktionen in der westsudanesischen Unruheregion Darfur durch. Sie erhalten dabei die Hilfe Débys und greifen im Gegenzug immer wieder zugunsten des Autokraten ein.

Der Sudan versucht schon seit langem, die Rebellenstützpunkte im Osten des Tschads zu zerschlagen. Deshalb unterstützt er - so wie jetzt - den Aufstand gegen Déby. An dieser Rebellion sind eine Vielzahl von Gruppen beteiligt. Und Khartum war maßgeblich daran beteiligt, die verschiedenen Fraktionen zu einem gemeinsamen Bündnis gegen den tschadischen Machthaber zu bewegen.

"Das ist ein politischer Krieg"

"In erster Linie handelt es sich aber um einen politischen Krieg innerhalb des ehemaligen Führungszirkels um Déby", berichtet Marchal. Hintergrund der Auseinandersetzung seien Streitigkeiten um die Verteilung des tschadischen Erdölreichtums.

So war Mahamat Nouri, der Chef der wichtigsten Rebellengruppe UFDD, einst Verteidigungsminister unter Déby. Und die beiden Führer der Rebellen-Fraktion RFC, Timan und Tom Erdimi, sind Neffen des Machthabers. "Die RFC ist zwar zahlenmäßig nicht sehr groß. Sie verfügt aber über großen politischen Einfluss", erklärt Marchal. "Die Erdimi-Brüder gehören so wie Déby zum Stamm der Zaghawa. Und über diese Familienbande gelangen nach wie vor an interne Informationen aus dem engeren Führungskreis in N'Djamena."

Warum die Rebellen ungehindert aus dem Sudan über 1000 Kilometer nach N'Djamena vorstoßen konnten, erklärt Marchal so: "Déby hat den Großteil seiner Truppen in der Hauptstadt und an der Grenze zum Sudan stationiert. Und sobald die Rebellen die Grenze durchbrochen hatten, waren sie nicht mehr aufzuhalten."

WISSEN. Die Rebellen

Die UFDD (Union des Forces pour la Démocratie) wird von Mahamat Nouri geführt. Er war unter Déby einst Verteidigungsminister.
Die RFC (Rassemblement des Forces pour le changement) ist ein Bündnis aus Dissidenten des Zaghawa-Stammes, dem auch Machthaber Déby angehört. Es wird geleitet von Tom und Timan Erdimi, zwei Neffen Débys.
UFDD Fondamentale. Kleineres Bündnis arabischer Stämme.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.02.2008)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.