Kosovo-Unabhängigkeit spaltet die Welt - Serbien fordert Anullierung

(c) AP (Darko Bandic)
  • Drucken

Frankreich hat als erster Staat den Kosovo offiziell anerkannt. Der Großteil der EU-Staaten, auch Österreich, zieht in Kürze nach. Serbien hat sich an den UNO-Sicherheitsrat gewandt.

Außenministerin Ursula Plassnik (ÖVP) hat am Montag die Anerkennung des Kosovo durch Österreich angekündigt. Die Regierung werde das Anerkennungsschreiben verfassen, nachdem sie von Bundespräsident Heinz Fischer ermächtigt worden sei, sagte Plassnik nach dem Treffen der EU-Außenminister in Brüssel. Plassnik rechnete damit, dass diese Ermächtigung am kommenden Mittwoch erfolgen werde.

Zuvor hatte die slowenische EU-Präsidentschaft einen Entwurf für eine gemeinsame Erklärung der Außenminister vorgelegt. Danach sollten die Mitgliedstaaten der Europäischen Union selbst entscheiden, "in Übereinstimmung mit nationalen Praktiken und rechtlichen Normen, ihre Beziehungen mit dem Kosovo als unabhängiger Staat unter internationaler Kontrolle aufzubauen". Diesem Text zufolge soll die EU außerdem anerkennen, "dass der Status quo im Kosovo unhaltbar ist und das dass eine Lösung des Kosovo-Status von entscheidender Bedeutung für die Stabilität der Region ist".

Frankreich erkennt Kosovo offiziell an

Während Frankreich vorprescht den Kosovo bereits am Montag offiziell anerkannt hat, ist Spanien mit diesem Text nicht einverstanden. Aus diesem sei implizit eine Anerkennung des Kosovo abzuleiten. Madrid hat daher einen Gegenvorschlag für die EU-Erklärung vorgelegt. Darin wird betont, dass sich die EU zu den Prinzipien der territorialen Integrität von Staaten bekennt. Zum Kosovo heißt es in dem Entwurf lediglich: "Der Rat nimmt zur Kenntnis, dass die Mitgliedstaaten über ihre Beziehungen mit dem Kosovo in Einklang mit ihren nationalen Praktiken und mit dem Völkerrecht entscheiden werden".

Auch Berlin, London und Rom erkennen Kosovo an

Der Franzose Kouchner sagte weiter, dass eine Mehrzahl der EU-Staaten den Kosovo "in den nächsten Tagen anerkennen" werde. "Die Mehrheit der Staaten (der EU, Anm.) glaube ich, hoffe ich, weiß ich, wird in den nächsten Tagen anerkennen", sagte der französische Außenminister. "Wir haben die Absicht, die Unabhängigkeit des Kosovo anzuerkennen. Präsident Nicolas Sarkozy hat diesbezüglich an den Präsidenten des Kosovo geschrieben. Der Brief wird heute Abend weggehen."

Auch Deutschland, Großbritannien und Italien haben angekündigt, die Unabhängigkeit des Kosovo anerkennen zu wollen. Die Mehrzahl der EU-Staaten werde so verfahren, sagte der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier nach den Beratungen mit seinen EU-Amtskollegen am Montag in Brüssel. "Auch die Bundesregierung wird diesen Schritt tun", sagte Steinmeier. Ähnlich äußerten sich der britische Außenminister David Miliband und sein italienischer Kollege Massimo D'Alema. "Großbritannien hat entschieden, den Kosovo anzuerkennen", sagte Miliband. D'Alema kündigte an, dem römischen Parlament am Mittwoch den Vorschlag zur Anerkennung des Kosovo zu unterbreiten.

Der slowenische EU-Ratsvorsitzende Dimitrij Rupel hatte am Montag vor den Beratungen der EU-Außenminister gesagt, er rechne damit dass "viele Staaten" den Kosovo anerkennen werden. Die spanische Regierung erklärte hingegen, dass Madrid einen unabhängigen Kosovo nicht anerkennen werde.

Die EU ist in der Kosovo-Frage gespalten. Die Mehrheit der Staaten unterstützt die Unabhängigkeit des Kosovo. Vor allem Spanien und Zypern stehen ihr hingegen negativ gegenüber. Irland kündigte als einziger EU-Staat bereits am Sonntag an, den Kosovo anerkennen zu wollen.

USA erkennt Kosovo an

Unterdessen hat mit Afghanistan der erste Staat den Kosovo offiziell anerkannt. Auch aus den USA gab es die Anerkennung - Außenministerin Condoleezza Rice erklärte: "Wir beglückwünschen die Bevölkerung des Kosovo zu diesem historischen Anlass."

Russland droht

Das russische Parlament und der Föderationsrat bezeichneten die Anerkennung des Kosovo durch den Westen in ihrer gemeinsamen Erklärung als schweren Fehler. Die westlichen Staaten und vor allem die USA würden damit den Separatismus auf dem Balkan unterstützen, teilte die Staatsduma am Montag mit. Parlamentschef Boris Gryslow und Föderationsratsvorsitzender Sergej Mironow verlangten von der russischen Führung "diplomatische Anstrengungen, um die Entwicklung rückgängig zu machen". Es müsse verhindert werden, dass ein Kosovo-Staat etwa Mitglied in den Vereinten Nationen oder anderen internationalen Organisationen werde.

Zugleich erklärten die russischen Parlamentarier, dass Russland nach der Kosovo-Entscheidung den eigenen Umgang mit abtrünnigen Regionen auf eine neue Stufe stellen müsse. Die von dem Kaukasus-Staat Georgien abtrünnigen Regionen Abchasien und Südossetien wollen Russland schon "in nächster Zeit" um Anerkennung ihrer Souveränität bitten. Gryslow und Mironow warfen dem Westen mit Blick auf den Kosovo vor, Verhandlungen als Mittel zur Konfliktlösung entwertet zu haben. Zudem würden nun die Interessen der zweiten Konfliktpartei - des demokratischen serbischen Staates - nicht mehr berücksichtigt. Dies sei eine "Verletzung von Menschenrechten".

Tadic fordert vor UNO Annullierung

Der serbische Präsident Boris Tadic hat unterdessen den UNO-Sicherheitsrat aufgefordert, dringend zu reagieren und "den einseitigen und illegalen Akt der trennung des Kosovo von Serbien" zu annullieren: "Wir fordern den UN-Sicherheitsrat auf, die Souveränität und territorale Einheit der Republik Serbien, der Kosovo eingeschlossen, zu bestätigen", sagte Tadic bei der von Belgrad aus beantragten Sondersitzung des Weltsicherheitsrates in New York.

»"Serbien wird nie die Unabhängigkeit des Kosovo anerkennen. Wir werden nie auf den Kosovo und auf den Kampf für unsere legitimen Interessen verzichten. Für die Bürger Serbiens und seine Institutionen wird der Kosovo für immer Serbien bleiben"«

Boris Tadic, Serbischer Präsident

Tadic warnte: "Wer kann garantieren, dass man vor der Verletzung der UNO-Charta, welche die Souveränität und Gebietseinheit eines jeden Landes garantiert, nicht die Augen schließen wird, wenn ein anderes Land an die Reihe kommt?"

Bei einer Sondersitzung am Montagabend hat das serbische Parlament die Unabhängigkeit des Kosovo für nichtig erklärt und damit eine entsprechende frühere Entscheidung der Regierung bestätigt. Für den Beschluss stimmten 225 der insgesamt 250 Abgeordneten. Gegenstimmen gab es keine.

Explosion in Mitrovica

In der de facto geteilten Stadt Mitrovica im Norden des Kosovo ist am Montagabend eine Bombe detoniert. Die Explosion ereignete sich nahe des Gebäudes der Polizeieinheit der Vereinten Nationen und des Büros der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE). Abgesehen von zerbrochenen Autoscheiben war kein größerer Sachschaden zu erkennen. Polizisten vor Ort berichteten, dass es keine Verletzten gab. Es war der zweite derartige Vorfall seit der Unabhängigkeitserklärung des Kosovo am Sonntag.

(APA/Red.)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.