USA rüsten den Kosovo auf

(c) AP (Michael Probst)
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Die erste Hilfslieferung der USA für den Staatenneuling besteht aus Kriegsgerät. Die strategische Bedeutung Kosovos für die USA ist indes umstritten.

Belgrad. An Waffen und Munition gibt es im Staatenneuling Kosovo eigentlich keinen Mangel. 15.900 Soldaten zählt die von der Nato geführte internationale Kfor-Truppe. Dazu gesellen sich 1400 UN-Polizisten und rund 7000 einheimische Angehörige der Kosovo-Polizei.

Doch ausgerechnet mit Kriegsgerät wollen die USA dem bitterarmen Staat, der sich vor gut einem Monat für unabhängig von Serbien erklärt hatte, als erstes unter die Arme greifen. Die Lieferung von „Verteidigungsartikeln“ an den Kosovo werde „die Sicherheit der USA stärken und den Weltfrieden fördern“, begründete US-Präsident George W. Bush in einem dürren Kommuniqué die Absegnung der Waffenlieferung in das Krisengebiet. Die Genehmigung der Lieferungen sei „ein normaler Schritt“ nach Anerkennung des Kosovo durch Washington, sagte eine Regierungssprecherin.

2500-Mann-Armee

Gleichzeitig verwies sie auf die Einschränkungen, die nach dem Plan des früheren UN-Gesandten Martti Ahtisaari gelten. Demnach darf der neue Staat über eine „Kosovo Security Force“ im Umfang von 2500 Mann (plus 800 Mann Reserve) verfügen, die aber nur leicht bewaffnet sein soll und von der Nato ausgebildet und überwacht werden soll. Nicht zu vergessen das Adjektiv „multiethnisch“. Doch dass sich die Kosovo-Serben daran beteiligen werden, darf bezweifelt werden.

Serbiens Premier Vojislav Kostunica kritisierte die Waffenlieferungen umgehend: „Nicht neue Waffen, sondern neue Verhandlungen sind notwendig.“ Er wittert einen „gefährlichen Plan“, im Kosovo einen neuen „Nato-Staat“ aufzubauen. Nicht nur serbische Nationalisten wittern seit langem hinter der Unterstützung Washingtons für die Abspaltung Prishtinas von Serbien vor allem Militärinteressen: Die USA unterhielten schließlich im Kosovo ihren größten Militär-Stützpunkt auf dem Kontinent, so das Hauptargument.

Nach dem Einmarsch der Nato-Truppen im Kosovo wurde das 386 Hektar große und nach einem Vietnamkriegs-Veteranen benannte Camp Bondsteel nahe Urosevac im Südosten des Kosovo errichtet. Bis heute beherbergt es bis zu 5000 Soldaten der US-Armee und anderer Kfor-Länder. Das 20 Kilometer westlich gelegene US-Camp Monteith wurde vergangenen Sommer an das einheimische Kosovo-Schutzkorps (KPC) übergeben: Die Zivilschutz-Truppe rekrutiert sich vor allem aus früheren Kämpfern der Untergrund-Armee UÇK und soll in die noch aufzubauende Armee integriert werden.

Regelmäßig war Camp Bondsteel, das der Kfor in den ersten Jahren nach dem Kosovo-Krieg als wichtiges Internierungslager diente, in den vergangenen Jahren ins Gerede gekommen. 2002 beklagte Amnesty International die Misshandlung von Inhaftierten durch „Isolationshaft und Schlafentzug“. Schon bei seinen Besuchen in den Jahren 2000 und 2001 habe das Lager-Gefängnis ähnlich wie Guantánamo (das US-Gefangenenlager auf Kuba) gewirkt, berichtete 2005 der langjährige UN-Ombudsmann im Kosovo, Marek Nowicki. Vermutungen, dass die CIA auch im Kosovo ein Geheim-Gefängnis betrieb, gab damals auch der Menschenrechtsbeauftragte des Europarats, Alvaro Gil Robles, Nahrung, der von einer „Klein-Version von Guantánamo“ sprach.

Viel Lärm um nichts?

Nicht nur weil das Camp unter der internationalen Aufsicht der Kfor stehe, werde um Bondsteel und die vermeintlichen Militär-Interessen der USA im Kosovo „zu viel Wirbel“ gemacht, meint hingegen Alexander Anderson, Chef des Kosovo-Büros der International Crises Group in Prishtina. Washington sei zwar an einer „Stabilisierung“ des Westbalkans interessiert. Doch wie in Bosnien-Herzegowina mühten sich die USA auch im Kosovo, die Vorreiterrolle den Europäern zu überlassen.

Angesichts der US-Absicht, das Engagement im Kosovo langfristig zu reduzieren, hält Anderson denn auch die These für unsinnig, dass dem Kosovo in den militärstrategischen Plänen der USA eine zentrale Rolle zufalle: In der Region spielten die Nato-Mitglieder Rumänien oder Bulgarien für die USA eine weit gewichtigere Rolle.

Leitartikel Seite 35

HINTERGRUND

Die Armee des Kosovo wird erst aufgebaut. Sie darf laut dem für Pristhina geltenden Plan von UN-Vermittler Ahtisaari 2500 Mann (plus 800 Reserve) umfassen und soll nur leicht bewaffnet sein. Die Nato übernimmt Ausbildung und Aufsicht. Den Kern der „Kosovo-Security-Forces“ wird das Kosovo-Schutzkorps bilden, eine Zivilschutztruppe, die vor allem aus Ex-Untergrundkämpfern besteht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.03.2008)

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