Irak-Geisel Bert Nussbaumer ist tot

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Nach der Identifizierung der Leiche beginnt nun die Suche nach den Verantwortlichen für das Fehlschlagen der Verhandlungen. Ein Freund eines amerikanischen Opfer erhebt Vorwürfe gegen heimische und US-Behörden.

Seit Samstag ist der Tod des im Irak entführten Oberösterreichers Bert Nussbaumer traurige Gewissheit: Die US-Bundespolizei FBI gab in der Nacht auf Samstag bekannt, dass der Leichnam Nussbaumers identifiziert worden sei. Der Mitarbeiter einer privaten US-Sicherheitsfirma war am 16. November 2006 gemeinsam mit vier US-Amerikanern gekidnappt worden, von denen drei ebenfalls tot aufgefunden wurden.

Unterdessen werden schwere Vorwürfe an die US-Behörden laut, wonach sie Möglichkeiten, eine Freilassung Nussbaumers und der mit ihm entführten Amerikaner zu erreichen, nicht genutzt hätten. Auch die österreichischen Behörden werden von einem Freund eines der Mordopfer kritisiert, was vom Außenministerium aber zurückgewiesen wird.
Bei den bisher neben Nussbaumer identifizierten getöteten Geiseln handelt es sich um dessen Arbeitskollegen Joshua Munns, Paul Reuben und John Ray Young. Der vierte Tote, der Amerikaner Ronald Withrow, arbeitete für das Logistikunternehmen JPI Worldwide und war im Jänner 2007 entführt worden.

Über das Schicksal eines fünften Entführten ist ebenso nichts bekannt wie über die näheren Umstände der Ermordung der nun gefundenen Geiseln.
Nach FBI-Angaben wird der Leichnam Nussbaumers nach Österreich überführt werden. Nussbaumers Mutter Maria und sein Bruder Franz halten sich in den USA auf, wo sie an einem Treffen der Angehörigen der Entführten teilnahmen.

Plassnik: "Traurige Gewissheit"

VP-Außenministerin Ursula Plassnik erklärte dazu, "die Qual der Ungewissheit der letzten eineinhalb Jahre" weiche nun "trauriger Gewissheit". In einer Aussendung meinte die Ministerin: "Leider haben unsere gemeinsamen Anstrengungen nicht zum erhofften Erfolg geführt", verwies aber gleichzeitig darauf, dass vonseiten der Entführer nie irgendeine Forderung an Österreich gestellt worden sei.

Der oberösterreichische Landeshauptmann Josef Pühringer (ÖVP) kondolierte den Angehörigen Nussbaumers. "Wir trauern um einen ambitionierten jungen Oberösterreicher, der bereit war, beruflich Risiken einzugehen, die nicht jeder auf sich genommen hätte", erklärte Pühringer in einer Aussendung. Nussbaumer sei zum Opfer von Verbrechern geworden, "deren Motive für diese abscheuliche Tat noch immer im Dunklen liegen." In einem Gespräch mit dem ORF-Radio Oberösterreich sagte Pühringer weiters, er hoffe, dass vonseiten der amerikanischen Behörden alles unternommen worden sei, Nussbaumer frei zu bekommen.

Vorwürfe gegen US-Behörden

Ein Freund des getöteten Paul Reuben stellt genau das in Abrede: Mark Koscielski setzte sich für die Befreiung der Geiseln ein und organisierte eine entsprechende Plattform sowie eine Web-Seite. Er erhebt schwere Vorwürfe gegen die US-Behörden in dem Geiseldrama: Die Entführten seien getötet worden, weil sich das FBI geweigert habe, über Lösegeldforderungen von lediglich 150.000 US-Dollar (94.961 Euro) zu verhandeln. "Letztendlich haben sich die Kidnapper, wohl frustriert über den Mangel an Verhandlungswillen, ihrer Geiseln entledigt", sagte Koscielski der Tageszeitung "Österreich" (Sonntag-Ausgabe).

Er selbst hatte seit der Entführung vor gut 16 Monaten Lösegeld für einen Freikauf der Geiseln gesammelt. "Doch meinen Kontaktleuten wurde die Einreise in den Irak verwehrt. (...) Das FBI drohte mir mit der Verhaftung, falls ich mit meinen Recherchen und Bemühungen, die Geiseln freizubekommen, nicht aufhöre."

Aber auch die heimischen Behörden hätten Informationen, die er ihnen übergeben habe, nicht weiterverfolgt, beklagte Koscielski: "Ich habe denen alles gegeben, sie mehrmals danach kontaktiert, E-Mails geschickt mit neuen Updates. Nie hörte ich etwas. Nicht einmal ein höfliches Danke. Vielleicht haben ihnen auch die US-Behörden aufgetragen, keinen Kontakt mit mir zu unterhalten."

Außenministerium: Zusammenarbeit "von Anfang an"

Dagegen erhebt Außenamts-Sprecher Peter Launsky-Tieffenthal Einspruch: "Wir haben mit ihm und seiner Homepage praktisch von Anfang an zusammengearbeitet", erklärte er auf Anfrage der APA. Man habe auch "die Amerikaner gebeten, die Informationen, die von dort gekommen sind, zu verifizieren". Auch dass es keine Kontakte mit Koscielski gegeben habe, stimme nicht: "Als er selber in den Irak reisen wollte, war er in der Botschaft in Kuwait und hat mit den Kollegen kommuniziert - und die Amerikaner sind dem auch nachgegangen", kann Launsky auch "den generalisierenden Einwand, wonach die nichts gemacht hätten, in keinster Weise nachvollziehen".

Hundertprozentig, so der Sprecher des Außenministeriums, "werden wir sicher nie wissen, welcher einzelne Schritt da oder dort getätigt wurde - ginge aber auch gar nicht, weil wir nicht physisch vor Ort waren und dankbar waren, dass die anderen den Kopf für uns hingehalten haben." Jedenfalls habe man aber auch von Österreich aus "nichts unversucht gelassen" und versucht, "auch außerhalb der normalen Bahnen zu denken", verweist Launsky auf im Irak organisierte Flugblatt- und Posteraktionen sowie Radioaufrufe, wenngleich diese, wie nun klargeworden sei, leider nicht zum Erfolg geführt hätten.

Die US-Botschaft sprach jedenfalls "der Familie und den Freunden von Bert Nussbaumer ihr aufrichtiges Mitgefühl aus". Seine Ermordung, wie auch die seiner amerikanischen Kollegen, sei "ein grauenhaftes Verbrechen. Die amerikanischen Behörden haben im Verlauf der Ereignisse immer engen Kontakt zu Vertretern der österreichischen Bundesregierung gehalten, und setzen sich weiterhin aktiv dafür ein, die für diese Verbrechen Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen", heißt es in einer Aussendung. (Ag.)

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