Runder Tisch: Timoschenko fordert Dialog in Krisenregion

A bodyguard hold his weapon during a rally to mark and celebrate the announcement of the results of the referendum on the status of Luhansk region in Luhansk
A bodyguard hold his weapon during a rally to mark and celebrate the announcement of the results of the referendum on the status of Luhansk region in Luhansk(c) REUTERS (� Valentyn Ogirenko / Reuters)
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Putin unterstützt die Vermittlerrolle der OSZE. Die Regierung in Kiew lehnt bisher Gespräche mit bewaffneten Separatisten ab.

Nach dem umstrittenen Referendum für eine Abspaltung der Ostukraine will die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) die verfeindeten Lager an einem Runden Tisch zusammenbringen. Ein "nationaler Dialog" unter Leitung des früheren deutschen Botschafters Wolfgang Ischinger könne schon diese Woche beginnen, sagte OSZE-Chef Didier Burkhalter am Montag.

Unterstützt wird die Vermittlerrolle der OSZE von Russlands Präsident Wladimir Putin. Putin und Burkhalter seien sich bei einem Telefongespräch einig gewesen, wie wichtig die Rolle der OSZE bei Lösungsversuchen im Ukrainekonflikt ist, berichtete die Nachrichtenagentur Itar-Tass am Montagabend unter Berufung auf den Kreml. Dies schließe die Förderung eines direkten Dialogs zwischen der Übergangsregierung in Kiew und den Vertretern der Regionen im Südosten des Landes ein.

Allerdings hat die Ukraine keinen Vertreter der prorussischen Separatisten eingeladen. Ein Dialog sei nur mit Kräften möglich, die "legitime politische Ziele" und "kein Blut an den Händen" hätten, teilte die Führung der ehemaligen Sowjetrepublik am Dienstag mit.

Russland fordert Aufbau föderaler Strukturen

Die Weigerung Kiews, mit Vertretern der Regionen einen "echten Dialog" über ihre künftigen Rechte zu führen, sei ein "ernsthaftes Hindernis für eine Deeskalation", sagte Grigori Karasin, stellvertretender Außenminister Russlands am Dienstag in Moskau. Russland fordert von der Übergangsregierung den Aufbau föderaler Strukturen, durch die die Regionen mit russischstämmiger Bevölkerung in den östlichen Landesteilen eine größere Autonomie erhalten würden. Kiew hat das bisher mit dem Argument abgelehnt, dies komme der Auflösung der staatlichen Einheit gleich.

Die ukrainische Präsidentschaftskandidatin Julia Timoschenko hat einen Runden Tisch aller Parteien direkt in der krisengeschüttelten Region gefordert. Es habe wenig Sinn, ein solches Gespräch in Kiew zu führen. "Die Hauptstadt ist 800 Kilometer entfernt vom Epizentrum der politischen Erschütterungen", sagte Timoschenko am Dienstag laut der Nachrichtenagentur dpa.

Die US-Mission bei der NATO teilte unterdessen mit, dass entgegen Ankündigungen aus Moskau weiter russische Truppen in der Nähe der Grenze der Ukraine stationiert seien.

Direkte Verhandlung bisher abgelehnt

Ob Gespräche an einem Runden Tisch überhaupt zustande kommen, hängt stark von der Regierung in Kiew ab. Die dortige Führung lehnt es bisher ab, mit den größtenteils bewaffneten prorussischen Separatisten direkt zu verhandeln. Die Staatsmacht hat nach eigenen Angaben die Kontrolle über die Region weitgehend verloren. Die selbst ernannte "Volksrepublik Donezk" bat Moskau um Anschluss an Russland.

Burkhalter sagte zur Frage, ob an dem geplanten Runden Tisch auch Separatisten sitzen sollen, man diskutiere derzeit die Modalitäten. "Ich denke nicht, dass da Leute mit Waffen kommen." Die Beratungen des Runden Tisches sollen nach dem OSZE-Plan durch öffentliche Konferenzen (Town Hall Meetings) in verschiedenen ukrainischen Städten ergänzt werden. Hauptthemen wären laut Burkhalter unter anderem eine stärkere Dezentralisierung und ein gesicherter Status der russischen Sprache. Auch Moskau wünscht sich, dass alle Regionen mehr Eigenständigkeit erhalten, mit weitreichender Autonomie besonders für die russisch geprägten Gebiete.

Kein Gesetz für Volksabstimmung

Der Westen betrachtet ebenso wie die Regierung in Kiew die von prorussischen Separatisten organisierten Referenden in den Regionen Donezk und Lugansk als illegal, da es in der Ukraine unter anderem kein Gesetz über lokale Volksabstimmungen gibt.

US-Regierungssprecher Jay Carney sprach von einem "sogenannten Referendum". Es sei unter ukrainischen Gesetzen illegal und zudem ein "durchsichtiger Versuch, weitere Spaltung und Unruhe zu schaffen". Washington sei zudem enttäuscht, dass Moskau nicht seinen Einfluss genutzt habe, um die Abstimmung zu verhindern.

Dagegen erklärte Russland, das erst vor kurzem die ukrainische Halbinsel Krim annektiert hatte, es "respektiere" die Willensbekundung der Bevölkerung der ostukrainischen Regionen.Moskau forderte von der Europäischen Union die Anerkennung der Referenden. Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier zeigte sich enttäuscht über diese russische Reaktion. Er habe sich distanziertere Kommentare des Kremls erhofft, sagte der Minister am Montag in Brüssel.

Steinmeier hat bei seinem Besuch in der Ukraine die "entscheidende Rolle" der Präsidentschaftswahlen am 25. Mai für die Lösung des Konflikts betont. Die Lage in der Ostukraine sei weiter "bedrohlich und gefährlich", sagte Steinmeier am Dienstag in Kiew. Er hoffe dennoch, dass die Wahl stattfinden könne.

Neue Sanktionen

Die Europäische Union verhängte 13 am Montag neue Einreiseverbote und Kontensperrungen gegen führende Politiker und Aufständische auf der Krim und im Osten der Ukraine. An der Spitze der nunmehr 61 Personen auf der EU-Sanktionsliste steht Wjatscheslaw Wolodin, erster stellvertretender Stabschef der Präsidialverwaltung Russlands.

Das russische Außenministerium kritisierte am Montag, die Ausweitung der EU-Sanktionen gegen Russland untergrüben das Vertrauen in die Europäische Union und nährten Zweifel an ihrer Objektivität in der Ukraine-Krise.

In Lugansk sprachen sich laut der selbst ernannten Wahlkommission knapp 96 Prozent bei dem umstrittenen Referendum am Sonntag für eine Unabhängigkeit aus - bei einer Wahlbeteiligung von 81 Prozent. In Donezk hieß es, die Zustimmung für eine Selbstständigkeit betrage 89 Prozent. Hier hätten sich knapp 75 Prozent der Abstimmungsberechtigten beteiligt. Die Unruhe-Region Lugansk rief offiziell ihre Unabhängigkeit als "Volksrepublik" aus. Die Bevölkerung des Gebiets habe klar für einen souveränen Staat gestimmt, hieß es in einer am Montag veröffentlichten Erklärung.

(APA/dpa/Reuters)

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