Ungarn: Viktor Orbáns große Minister-Rochade

Viktor Orbán
Viktor Orbán(c) REUTERS (LASZLO BALOGH)
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Premier Orbán krempelt seine Regierung um. Das Kabinett soll am 6. Juni vereidigt werden. Doch schon jetzt scheinen einige neue Namen festzustehen. Zudem will der Regierungschef ein Ministerium für EU-Entwicklung schaffen.

Budapest. Wie es vor Regierungsbildungen üblich ist, dreht das Spekulationskarussell auch in Ungarn munter seine Runden. Laut Medienberichten wird es im neuen Kabinett von Viktor Orbán, das am 6. Juni vereidigt werden soll, einige Veränderungen geben. So wird János Martonyi nicht mehr das Außenministerium leiten.

Sein Nachfolger wird der bisherige Minister für Justiz und Öffentliche Verwaltung, Tibor Navracsics, sein – jedoch nur bis zum Herbst. Navracsics soll dann neuer ungarischer EU-Kommissar werden. Als aussichtsreichster Kandidat für die Leitung des Außenministeriums – nach Navracsics – gilt der für internationale Wirtschaftsbeziehungen zuständige Staatssekretär im Amt des Ministerpräsidenten, Péter Szijjártó.

Wie Szijjártó im Parlament kürzlich sagte, wird das Außenministerium künftig einen neuen Aufgabenbereich übernehmen. Neben der klassischen Außenpolitik wird es auch für die „außenwirtschaftlichen Beziehungen“ Ungarns zuständig sein. Um im Zeitalter der Globalisierung wettbewerbsfähig zu bleiben, müsse das Land seine Außenpolitik auf die Außenwirtschaft fokussieren, betonte Szijjártó.

Neuer Justizminister soll der heutige ungarische Botschafter in Frankreich und ehemalige Verfassungsrichter László Trócsányi werden. Das Ressort Öffentliche Verwaltung, das bisher mit dem Ressort Justiz unter einem Dach war, soll ins Amt des Ministerpräsidenten übersiedeln. Letzterem wird János Lázár nicht mehr wie bisher als Staatssekretär, sondern als Minister vorstehen. Innenminister Sándor Pintér, Volkswirtschaftsminister Mihály Varga und der Minister für Humanressourcen, Zoltán Balog, werden voraussichtlich auf ihren Posten bleiben.

Rücktritt von Mesterházy?

Der bisherige Fraktionschef der Regierungspartei Fidesz, Antal Rogán, wiederum hat gute Aussichten, ein neues Ministerium für EU-Entwicklung zu leiten. Als ziemlich sicher gilt zudem, dass der Vorsitzende der Christdemokratischen Volkspartei – des Juniorpartners in der Regierung –, Zsolt Semjén, stellvertretender Ministerpräsident bleiben wird. Im seinem Amt bereits bestätigt wurde Parlamentspräsident László Kövér, der nach Orbán als einflussreichster Politiker des Fidesz gilt.
Einer der Stellvertreter von Kövér wird der Politiker der rechtsradikalen Partei Jobbik, Tamás Sneider, sein. Die Wahl Sneiders zum stellvertretenden Parlamentspräsidenten löste vor allem im linken Oppositionslager Empörungsstürme aus. Der Grund: Der Jobbik-Politiker hatte einst als Skinhead einen Angehörigen der Roma-Minderheit verprügelt.

Während die neue Regierung Orbán Form annimmt, geht es bei den oppositionellen Sozialisten (MSZP) drunter und drüber. Nach der Schlappe der linken Wahlallianz „Regierungswechsel” bei den Parlamentswahlen steht der MSZP-Vorsitzende Attila Mesterházy innerhalb seiner Partei heftig in der Kritik. Mehrere hochrangige sozialistische Politiker haben sich für den Rücktritt Mesterházys als MSZP-Chef ausgesprochen.  (pbo)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.05.2014)

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