Heftige Gefechte in Donezk mit über 40 Toten

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Nach der Schlacht um den Flughafen der ostukrainischen Stadt haben sich die Kämpfe zwischen regulären ukrainischen Truppen und Separatisten in Wohnviertel verlagert.

Die schweren Gefechte zwischen ukrainischen Truppen und Separatisten, die am Montag am Flughafen in Donezk ausgebrochen sind, dauern weiter an. Die prorussischen Kämpfer behaupten, die Schießereien hätten bisher mehr als 50 Opfer gefordert - hauptsächlich auf ihrer Seite. Der Bürgermeister von Donezk bestätigt rund 40 Tote, darunter zwei Zivilisten. Der Weg zum Flughafen ist mit von Kugeln durchsiebten und blutbeschmierten LKW-Wracks gesäumt. Das Eishockestadion ging kurz in Flamen auf, ehe die Feuerwehr den Brand unter Kontrolle brachte.

Die Gefechte hatten sich nach der Rückeroberuung des Flughafens durch die Armee in Wohnviertel der ostukrainischen Stadt verlagert. Die Schießereien hielten über Nacht an. Die Regierung in Kiew kündigte eine Militäroffensive an, bis der "letzte Terrorist das Territorium der Ukraine" verlassen habe.

Kiew lehnt Gespräche mit Separatisten ab

Die russische Führung forderte indessen ein sofortiges Ende des Blutvergießens, Präsident Wladimir Putin verlangte einen Stopp der Militäroffensive. In einem Telefonat mit dem italienischen Premier Matteo Renzi trat Putin für einen Dialog zwischen Kiew und den Aufständischen ein.

Indessen lehnte der ukrainische Ministerpräsident Arseni Jazenjuk direkte Verhandlungen mit Russland über den Konflikt in der Ostukraine dezidiert ab. Bilaterale Verhandlungen ohne die Beteiligung der USA und die EU seien ausgeschlossen. "Wenn du dich mit ihnen alleine an den Tisch setzt, werden sie dich auf jeden Fall hereinlegen", sagte Jazenjuk. Auch der neu gewählte Präsident Petro Poroschenko lehnt Gespräche mit den Separatisten ab, stellte jedoch ein Treffen mit Putin Mitte Juni in Aussicht.

Ukraine fordert eine Mrd. Dollar von Moskau

Währenddessen goss Jazenjuk Öl ins Feuer. Im Gegenzug zu Forderungen Russlands über ausstehende Gaszahlungen der Ukraine, pocht Kiew eine Rückgabe von 2,2 Milliarden Kubikmeter Erdgas im Wert von einer Milliarde Dollar, die von der von Moskau annektierten Halbinsel Krim stammen. Russland habe der Krim das Gas gestohlen, erklärte Jazenjuk.

Die Entspannungssignale zwischen der Ukraine und Russland, die nach der Präsidentenwahl in der Ukraine am Sonntag kurzzeitig ausgestauscht wurden, sind seit den Gefechten am Montag also wieder passé. Noch in der Nacht auf Dienstag sollen einige Lastwägen, Kleinautobusse und Kleinwagen mit Bewaffneten aus Russland die ukrainische Grenze überschritten haben.

Flughafen und Bahnhof abgeriegelt

Am Dienstagmorgen war es in Donezk zunächst ruhig. Es fuhren kaum Autos auf den Straßen, wenige Menschen wagten sich vor ihre Häuser. Viele Geschäften haben nicht geöffnet, die Menschen sind von der Arbeit befreit. Der ganze Norden der Stadt, wo Flughafen und Bahnhof liegen, ist offenbar weiträumig abgeriegelt. Am Abend zuvor hatte der Bürgermeister der Stadt, Alexander Lukjantschenko, die Bürger angewiesen zu Hause zu bleiben. In der Nacht waren immer wieder Detonationen und Schüsse zu hören gewesen.

Schon am Montagabend hatten Bars und Restaurants dicht gemacht. Offenbar wurde am späten Abend auch ein Rettungsauto beschossen - wer dafür verantwortlich ist, ist unklar. Beide Seite beschuldigen sich gegenseitig.

Zivilisten verstecken sich in ihren Häusern in Donezk.
Zivilisten verstecken sich in ihren Häusern in Donezk.(c) REUTERS (YANNIS BEHRAKIS)

Leere Straßen, volle Krankenhäuser

Verletzte Kämpfer werden in Krankenhäusern behandelt. Ein Anführer der Separatisten, Denis Puschilin, soll gestern Abend aus dem besetzten Gebietsverwaltungsgebäude mit dem Auto geflohen sein. Die Verletzten würden in Krankenhäusern der Stadt behandelt, die Toten in Leichenhallen gebracht, teilte die regierungstreue Gebietsverwaltung mit. Die Behörde machte keine Angaben dazu, zu welcher Konfliktseite die Opfer gehörten. Donezk wird von militanten prorussischen Kräften geführt, die die Kiewer Regierung nicht anerkennen.

Thema beim EU-Rat in Brüssel

Die Entwicklung in dem Krisenland ist auch Thema des Treffens der EU-Staats- und Regierungschefs am Dienstagabend (19.00 Uhr) in Brüssel. Zuvor hatte es in Diplomatenkreisen geheißen, zur Zeit stünden schärfere Sanktionen gegen Moskau zur Zeit nicht an.

In Streit um Gaslieferungen konnten sich Russland und die Ukraine unterdessen nicht auf ein Gesamtpaket einigen. Nach einem Spitzentreffen der beiden Energieminister mit der EU-Kommission am Montag in Berlin wurden unverändert Differenzen über den künftigen Gaspreis für die Ukraine deutlich. "Wir sind noch nicht durch", sagte EU-Energiekommissar Günther Oettinger. Bei einer weiteren Verhandlungsrunde am Freitag soll eine Eskalation noch abgewendet werden.

(APA/dpa/som)

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