USA greifen China erstmals offen an

USA greifen China erstmals offen an
USA greifen China erstmals offen an(c) APA/EPA (HOW HWEE YOUNG)
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Bisher hat Washington mit Blick auf Territorialkonflikte im Westpazifik - offiziell - für niemanden Partei ergriffen. Damit ist nun Schluss. Der Konfrontationskurs empört Peking.

Peking. Mit einem Zuckerschlecken hat Chinas Vize-Generalstabschef Wang Guangzhong in Singapur zwar nicht gerechnet. Nach den jüngsten Auseinandersetzungen, die sich die chinesische Marine mit vietnamesischen Booten im umkämpften Südchinesischen Meer lieferte, war dem Kommandeur der Volksbefreiungsarmee klar: Auf der Sicherheitskonferenz Shangri-La-Dialog in dem südostasiatischen Stadtstaat würde es an Kritik gegen sein Land nicht mangeln.

Doch auf so harsche Worte war der chinesische Militär dann doch nicht vorbereitet. Vor laufender Kamera musste Wang vor Empörung sichtlich nach Luft schlappen, um auf die verbalen Attacken von US-Verteidigungsminister Chuck Hagel zu reagieren. Hagel habe in seiner Rede „Drohungen“ ausgesprochen und sich einer „einschüchternden Sprache“ bedient, sagte Wang Chinas staatlichem Fernsehsender CCTV. Für seine Vorwürfe gebe es „keinerlei Grundlage“. Bei seiner Rede am Sonntag sprach Wang von einer inakzeptablen Provokation, die nicht den diplomatischen Gepflogenheiten entspräche.

Hagel hatte in seiner Rede am Samstag China unverhohlen „Nötigung, Einschüchterung“ und eine „Destabilisierung der Region“ vorgeworfen. Zudem drohte Hagel mit Gegenmaßnahmen. Die USA würden nicht wegschauen, wenn jemand die fundamentalen Prinzipien der internationalen Ordnung herausfordert. Ähnlich äußerte sich zuvor Japans Premier Shinzu Abe bei der Eröffnung der Konferenz. Abe versprach Vietnam und den Philippinen Unterstützung gegen China.

Bei Chinas Territorialstreitigkeiten mit den angrenzenden Ländern im Südchinesischen Meer haben sich die USA bislang herausgehalten – zumindest offiziell – und lediglich Japan im Inselstreit im Ostchinesischen Meer unterstützt. Peking wirft Washington jedoch vor, hinter den Kulissen schon seit geraumer Zeit Stimmung gegen China zu machen. Die Zeichen stünden auf Eskalation, befürchtet der deutsche Grünen-Europaabgeordnete Reinhard Bütikofer, der ebenfalls an der Sicherheitskonferenz teilnahm. Er verwies darauf, dass Chinas Staatspräsident, Xi Jinping, erst vor zehn Tagen die asiatische Sicherheit als eine Angelegenheit bezeichnete, die nur die Asiaten etwas angehe. Nun trete der Konflikt scharf zutage. Er warnte vor allzu einseitiger Parteinahme und rief alle Seiten zur Besonnenheit auf.

Welle an gegenseitigen Provokationen

Seit Jahren liefert sich die Volksrepublik heftige Auseinandersetzungen um Inseln im Südchinesischen Meer, unter anderem mit Vietnam und den Philippinen. Mit Japan streitet sich die Volksrepublik wiederum um Inseln im Ostchinesischen Meer. China beansprucht beide Meere für sich. In allen Fällen provozieren sich die Kontrahenten gegenseitig. Erst am Wochenende sind nach Angaben japanischer Medien Schiffe der chinesischen Küstenwache mit zwei Booten in die Nähe der Inseln vorgedrungen. Doch auch Japan lässt es zu, dass sich japanische Fischerboote immer wieder in den umstrittenen Gebieten aufhalten. Zuletzt lag Chinas Fokus vor allem auf den Auseinandersetzungen mit Vietnam. Mitte Mai hatte Peking eine Ölplattform in der Region verankert. Nachdem vietnamesische Schiffe das verhindern wollten, wurden sie von chinesischen Booten gerammt. Anfang der vergangenen Woche ist bei einer ähnlichen Aktion ein vietnamesisches Schiff sogar gesunken.

Doch so unbeteiligt wie die USA offiziell behaupten, war die größte Weltmacht auch bisher nicht. Bereits seit einiger Zeit schmiedet sie an einer Achse gegen China, die von Vietnam, den Philippinen, Taiwan bis hinauf nach Südkorea und Japan reicht. Peking fühlt sich zunehmend umzingelt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.06.2014)

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