"Parodie einer Demokratie": Syrien wählt mitten im Krieg

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Seit fünf Jahrzehnten stehen erstmals auch nicht Assad-Clanmitglieder zur Wahl. International wird die Wahl kritisiert, auch von syrischen Flüchtlingen.

In Syrien hat am Dienstag in der Früh ungeachtet des Bürgerkriegs die Präsidentenwahl begonnen. Es gilt als sicher, dass die Behörden Staatschef Bashar al-Assad zum Sieger erklären werden. Damit würde sich der umstrittene Präsident eine dritte Amtszeit für sieben Jahre sichern.

Zum ersten Mal seit Jahrzehnten sind auf dem Stimmzettel aber weitere Kandidaten außer einem Assad-Familienmitglied zu finden. Maher Hajjar und Hassan al-Nouri sind aber auch in Syrien weitgehend unbekannt und konnten mit ihren Kampagnen bei weitem nicht so eine Öffentlichkeit erreichen wie Amtsinhaber al-Assad. Prominente Oppositionelle waren faktisch ausgeschlossen, da die meisten von ihnen im Kampf gegen die Regierung stehen oder im Exil leben.

15,8 Millionen Wahlberechtigte sind aufgerufen, zwischen 6 und 18 Uhr Mitteleuropäischer Zeit ihre Stimme abzugeben. Gewählt wird jedoch nur in Gebieten, die von den Regierungstruppen kontrolliert werden. Das sind etwa zwei Fünftel des Staatsgebiets.

Assad hat gewählt

Unter dem Jubel seiner Anhänger hat auch Staatschef Bashar al-Assad in Damaskus seine Stimme abgegeben. Er erschien in einem Wahllokal im zentralen Stadtteil Al-Malki nicht weit vom Präsidentenpalast entfernt, wie staatliche Medien und Augenzeugen am Dienstag berichteten.

Die Opposition hat die Wahl angesichts der schätzungsweise 160.000 Bürgerkriegstoten und Millionen von Flüchtlingen als Farce bezeichnet und die Bevölkerung zum Boykott aufgerufen. Die Europäische Union sprach zuletzt von "einer Parodie von Demokratie". Berichten zufolge waren auch in den Flüchtlingslagern im Libanon Assad-Funktionäre unterwegs, um die Menschen dort zur Stimmabgabe für den Amtsinhaber zu bewegen.

Viele Flüchtlinge halten Wahl für unrechtmäßig

Mehr als drei Viertel der vor dem syrischen Bürgerkrieg ins benachbarte Ausland geflohenen Menschen halten die  Präsidentschaftswahl in ihrem Heimatland für unrechtmäßig. Laut der am Montag in der jordanischen Hauptstadt Amman veröffentlichten Erhebung der Forschungseinrichtung Arab Center for Research and Policy Studies (ACRPS) sind 78 Prozent dieser Meinung.

Nur 17 Prozent der 5.267 in Jordanien, dem Libanon und der Türkei befragten syrischen Flüchtlinge halten den Urnengang demnach für rechtmäßig. Laut ACRPS gaben 75 Prozent der Befragten an, die Wahl werde nicht den Willen des gesamten syrischen Volks widerspiegeln.

Assad hat in den vergangenen Monaten auf dem Schlachtfeld wichtige Siege gegen die Rebellen verzeichnet. Zahlreiche ihrer Gebiete sind nun wieder unter Kontrolle der Regierungstruppen. Die Aufständischen sind auch wegen interner Machtkämpfe geschwächt.

(APA/Reuters)

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