Ukraine: Geldwäscheverdacht in Österreich

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Während in Kiew angestrengt nach gerichtsverwertbaren Beweisen für Wirtschaftsverbrechen von Janukowitsch und Co. gesucht wird, ermitteln Wiener Staatsanwälte nun gegen Ex-Premierminister-Sohn Aleksej Asarow.

Kiew. Für zahllose Beamte im Innen- und Justizministerium, in der Generalstaatsanwaltschaft, aber auch in der Nationalbank und im Geheimdienst SBU ist dies ein Wettlauf mit der Zeit: Will die ukrainische Staatskasse etwas von jenen Geldern sehen, die die EU Anfang März auf Konten von 18 Spitzenvertretern des Janukowitsch-Regimes hatte einfrieren lassen, müssen sie sich beeilen und vor europäischen Gerichten verwertbare Beweise dafür vorlegen, dass und wie sich Ex-Präsident Viktor Janukowitsch und sein engstes Umfeld illegal bereichert haben.

Denn die politische Entscheidung des Europäischen Rates hat ein klares Ablaufdatum: Sollten bis zum 5. März 2015 ordentliche Gerichte in den tangierten EU-Staaten keine formalen Beschlüsse zur Beschlagnahmung von eingefrorenen Vermögenswerten fällen, ist mit ihrer Freigabe zu rechnen. Laut dem Internetmedium EUobserver versuchen derzeit mehrere Sanktionierte, darunter auch Ex-Präsident Viktor Janukowitsch, auf dem Klagsweg von der Liste gestrichen zu werden und wieder Zugriff auf ihre Vermögen zu bekommen.

Rechtshilfe aus Wien

Gerade vor diesem Hintergrund dürften Aktivitäten österreichischer Behörden für eine gewisse Freude in Kiew sorgen. Wie „Die Presse“ in Justizkreisen erfuhr, hat die Staatsanwaltschaft Wien bereits Ende Februar ein Ermittlungsverfahren gegen Oleksij Asarow eingeleitet. Beim bisweilen in Wien Währing ansässigen Asarow – er ist Nummer 14 auf der EU-Sanktionsliste – handelt es sich um den Sohn von Ex-Premier Mykola (Nikolaj) Asarow. Er vertritt im ukrainischen Parlament, dessen Sitzungen er seit Februar jedoch schwänzt, den Wahlkreis Slawjansk.

Asarow junior, der sich laut EUobserver ebenfalls von der Sanktionsliste klagen möchte, sowie seiner Gattin Lilija, einem ukrainischen Staatsbürger, dem Kremser Steuerberater Christoph G. und dem Badener Wirtschaftsanwalt Friedrich B. wird Geldwäscherei und ein Verstoß gegen das Sanktionsgesetz vorgeworfen. Für sie alle gilt die Unschuldsvermutung.

Ausgangspunkt für das Verfahren, so bestätigt die Staatsanwaltschaft Wien, sei eine umfangreiche Geldwäscheverdachtsmeldung einer österreichischen Bank gewesen. Nach Informationen der „Presse“ beziehen sich die Ermittlungen insbesondere auf die Garda Handels- und Beteiligungs GmbH in der Wiener Innenstadt, die in der Vergangenheit von Asarows Gattin Lilija geleitet worden war. Letztere hatte sich am Wiener Parkring als Galeristin betätigt und war bis Mai 2014 auch beim „Vienna Deluxe Magazine“ beteiligt.

Laxe Bestimmungen

Der von der Staatsanwaltschaft als Beschuldigter geführte Wirtschaftsanwalt Friedrich B. gilt als Schlüsselfigur für geschäftliche Österreich-Aktivitäten von Janukowitschs Umfeld. Auf Anfrage der „Presse“ betont er, die EU-Sanktionsbestimmungen eingehalten zu haben und dass ihm keine Vortaten in Sinne der Geldwäscherei-Bestimmungen bekannt seien: „Ungeachtet der europapolitischen Zielsetzungen bin ich von der österreichischen Rechtsstaatlichkeit und Justiz überzeugt“, erklärt B.

Um sich strafbar zu machen, müssten Wirtschaftsanwälte oder Bankmitarbeiter wissen, dass die von ihnen verwalteten Gelder und Vermögen illegal erworben wurden. Österreichs Geldwäschebestimmungen sind deutlich laxer als jene in Nachbarstaaten.

Wie schwierig die Beweisführung aber auch in der Ukraine selbst ist, zeigt der Fall des 29-jährigen Serhij Kurtschenko, Nummer 15 auf der EU-Liste. Kritische Journalisten sahen im Geschäftsmann, der in atemberaubender Geschwindigkeit ein geschätztes Vermögen von zwei Milliarden Dollar akkumulierte, eine zentrale Figur der kriminellen Selbstbereicherung von Janukowitsch und Co. Die Generalstaatsanwaltschaft in Kiew erklärte ihn zum Chef einer Verbrecherorganisation mit mehr als 200 Mitgliedern und sucht ihn per Haftbefehl. Er selbst streitet die Vorwürfe ab. Einer seiner Anwälte sprach letzte Woche in einer Kiewer Zeitschrift, die Kurtschenkos Firmenimperium zugerechnet wird, von „politischer Verfolgung“.

Der zuständige Ermittler in der Generalstaatsanwaltschaft sieht dies anders: Man habe bei Hausdurchsuchungen in Kurtschenkos Firmenimperium, so erklärt er der „Presse“, Unterlagen zu mehr als 150 Gesellschaften gefunden. Die Rede sei von Kapitalflüssen in 20 Staaten und von zwei Banken, die fast ausschließlich zur Geldwäsche gedient hätten. Für Kurtschenko habe, so der Ermittler, eine große Zahl „Schementechniker“ gearbeitet: „Das sind ehemalige Mitarbeiter von Steuerbehörden und Banken, die Methoden entwickeln, um Geld ins Ausland zu schaffen und inländische wie ausländische Finanzmarktaufsichten zu täuschen.“

In der Causa Kurtschenko führt bisher nur eine konkrete Spur über Deutschland und die Niederlande nach Wien zur LPG Trading GmbH, in welcher der erwähnte Kremser Steuerberater Christoph G. Geschäftsführer ist.

In anderen Fällen ist das Interesse an Österreich größer, insbesondere an Gesellschaften aus dem Umfeld der Brüder Andrij und Serhij Kljujew. Sie besitzen in Wien den Millionenkonzern Slav AG und sind Nummer sieben und zwölf auf der EU-Sanktionsliste.

Im Zusammenhang mit einem im April gegen Andrij Kljujew eingeleiteten ukrainischen Strafverfahren, in dem es um Kreditvergaben für einen Solarproduzenten geht, durchleuchten Ermittler die Wiener Activ Solar GmbH, die 2008 von den Kljujew-Brüdern gegründet worden war und ihnen kurzfristig auch gehört hatte. Die Kiewer Staatsanwälte wollen den Geschäftsführer der Wiener Firma vernehmen, der Schwiegersohn von Serhij Kljujew ist. Bei Activ Solar selbst will man zu geplanten Zeugenbefragungen nicht Stellung nehmen. Außer: „Es gibt keine Beziehung zwischen Activ Solar und Andrij Kljujew.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.06.2014)

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