Russlands Präsident Wladimir Putin stattet Österreich einen eintägigen Besuch ab. Bundespräsident Heinz Fischer: „Dialog ist in gegenwärtiger Phase von besonderer Bedeutung.“
Seit Wladimir Putin die Krim annektiert hat, werden ihm in Europa eher selten rote Teppiche ausgerollt. Russland ist isoliert, mit Sanktionen belegt, ausgeschlossen aus dem Kreis der großen acht, die nun nur noch zu siebt tagen. Da erinnerte sich der russische Staatschef gern an eine Einladung aus Österreich, die Bundespräsident Heinz Fischer vor drei Jahren ausgesprochen hatte. Immer wieder war die Visite verschoben worden, immer kam etwas dazwischen, jetzt nicht mehr: Russlands Staatschef wird am 24. Juni nach Österreich reisen. Das bestätigte die Präsidentschaftskanzlei gegenüber der „Presse“. Putin wird ein paar Stunden in Wien sein; eine Nächtigung ist nicht geplant.
„Keine Abweichung von EU-Position“
Der Besuch aus Moskau ist heikel. Österreichs Staatsführung beriet sich ausführlich. Zwischen dem Bundespräsidenten, Außenminister Sebastian Kurz und Bundeskanzler Werner Faymann fanden Gespräche in dieser Angelegenheit statt. Findigen Diplomaten wären sicher noch im letzten Moment elegante Ausreden eingefallen, um dem nicht einfachen Gast abzusagen. Nach sorgfältiger Abwägung, wie es seiner Art entspricht, hat sich Heinz Fischer jedoch schließlich dazu entschlossen, den Kreml-Chef zu empfangen. „Dialog und Gesprächsbereitschaft unter Einschluss Russlands sind in der gegenwärtigen Phase von besonderer Bedeutung“, verlautete dazu auf Anfrage der „Presse“ aus der Präsidentschaftskanzlei.
Dies bedeute jedoch nicht, dass Österreich von der EU-Position abweiche. Die Annexion der Krim durch Russland stelle einen eindeutigen Bruch des Völkerrechts dar, ließ Fischer klarstellen. Der österreichische Bundespräsident will nicht aus der Reihe tanzen. Deshalb sprach er den Putin-Besuch mit den Staatsführungen Deutschlands und Frankreichs sowie mit EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy ab. Und deshalb war es ihm wichtig, die Visite wenigstens bis zum heutigen Freitag geheim zu halten. Fischer wollte abwarten, bis der Kreml-Chef das französische Staatsoberhaupt am gestrigen Vorabend der D-Day-Feierlichkeiten in Paris getroffen hatte.
Dass Putin am 24. Juni nach Wien kommen möchte, wissen Eingeweihte seit Ende April. Ein paar Tage vor der Europaratskonferenz in Wien deponierte der Russe seinen Reisewunsch bei einer alten Bekannten: bei Margot Klestil-Löffler, Österreichs Botschafterin in Moskau. Vorgesehen war der Besuch übrigens schon für letztes Jahr. Zu Jahresbeginn schlug Fischer dann drei Termine vor, einen im März, einen im April und einen im Juni. Letzteren hat Putin dann gewählt.
Gipfel mit Poroschenko in Wien geplant
In der EU gilt Österreich als verhältnismäßig moskaufreundlich. Die wirtschaftliche Verflechtung mit Russland findet auch ihren politischen Niederschlag. Vor EU-Gipfeln spricht sich Bundeskanzler Faymann regelmäßig gegen allzu scharfe Sanktionen aus. Das hört man gern in Moskau.
Doch den Vorwurf, eine prorussische Schlagseite zu haben und die Ukrainer fallen zu lassen, mag sich Österreich auch nicht einhandeln. Deshalb legte der Bundespräsident besonderen Wert darauf, möglichst schnell zu seinem neuen ukrainischen Amtskollegen, Petro Poroschenko, Kontakt aufzunehmen. Tatsächlich traf ihn Fischer am Dienstag in Warschau – und dokumentierte dies ostentativ mit einer Presseaussendung. Auch bei der Angelobung Poroschenkos am Samstag wird er dabei sein. Dem Außenamt schwebte sogar ein ukrainisch-russischer Präsidentengipfel in Wien vor. Doch dieser Coup gelang vorerst nicht.
Wie Wladimir Putins Wien-Tag im Detail abläuft, steht noch nicht fest. Das wird noch ausgehandelt. Fixiert ist bisher lediglich eine Unterredung zwischen Fischer und Putin. Ob und welche Minister den Kreml-Herrscher begleiten, ist unklar. Vizepremier Dmitrij Kosak, der Russland in der bilateralen Gemischten Wirtschaftskommission vertritt, kann jedenfalls nicht kommen: Die EU hat ein Einreiseverbot über ihn verhängt.
Dennoch werden die Russen Wirtschaftsthemen in den Vordergrund rücken. Putin möchte mit dem Besuch Normalität signalisieren – business as usual. Wie „Die Presse“ erfuhr, erhielten in den vergangenen Wochen mehrere Ministerien in Wien russische Kooperationsangebote. Die Reaktionen fielen zurückhaltend aus – angeblich.