Irak: Terroristen besetzen Giftgasfabrik aus Saddam-Ära

Kämpfer der Jihadistengruppe Isis an einer Straßensperre
Kämpfer der Jihadistengruppe Isis an einer StraßensperreREUTERS
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Das auf dem Gelände noch immer lagerende Material sei veraltet und könne nicht zur Herstellung neuer C-Waffen benützt werden, heißt es in den USA. US-Präsident Obama kündigt derweil gezielte Militärschläge an.

Auf ihrem Vormarsch hat die Jihadisten-Gruppe "Islamischer Staat im Irak und in Großsyrien (ISIS) eine ehemalige Chemiewaffenfabrik besetzt, in der der 2003 gestürzte Diktator Saddam Hussein Giftgas herstellen hatte lassen. Die Erstürmung des al-Muthanna-Komplexes wurde in der Nacht auf Freitag auch von einem Sprecher des US-Außenministeriums bestägtigt. Dort geht man allerdings nicht davon aus, dass die Gruppe in der Lage sei, in der Anlage tatsächlich Chemiewaffen zu produzieren, weil das dort lagernde Material veraltet sei.

Der Komplex liegt rund 70 Kilometer nordwestlich der irakischen Hauptstadt Bagdad. Seit Anfang der 1980er-Jahre waren dort nach Angaben des US-Geheimdienstes CIA Chemiewaffen wie Senfgas und das Nervengas Sarin produziert worden. Während des Iran-Irak-Krieges wurde das Chemiewaffenprogramm ausgebaut. 1987 wurden dort laut CIA 209 Tonnen Sarin hergestellt, 1988 waren es sogar 394 Tonnen. Den Angaben zufolge wurde die Anlage nach dem ersten Golfkrieg geschlossen. Anfang der 1990er-Jahre wurden dort die Maßnahmen des Irak zur Zerstörung seiner Chemiewaffenbestände überwacht.

"Iraker müssen das selbst lösen"

Das US-Außenamt erklärte, Washington sei bei jeder Einnahme militärischer Anlagen durch die Jihadisten von ISIS besorgt. Jedoch gingen die USA nicht davon aus, dass die Anlage militärisch relevantes Material für chemische Waffen beherberge. „Und es wäre sehr schwierig, wenn nicht unmöglich, das Material sicher wegzubewegen.“

US-Präsident Barack Obama hat derweil die Entsendung von bis zu 300 weiteren Militärberatern in den Irak angekündigt und die Bereitschaft zu gezielten Militärschlägen bekundet. Allerdings würden keine amerikanischen Kampftruppen gegen die radikal-islamische Isis eingesetzt, betonte Obama nach einem Treffen mit Sicherheitsberatern. Er mahnte eine politische Lösung des Konflikts an. "Am Ende müssen die Iraker das lösen", sagte er.

Schreckensherrschaft in eroberten Gebieten

Die sunnitische Extremistengruppe ISIS brachte in einer Offensive seit der vergangenen Woche Teile des Nordiraks unter ihre Kontrolle. Ihre Einheiten stehen in vier Provinzen im Norden und Zentrum des Landes, in den eroberten Gebieten errichten sie eine drakonische Schreckensherrschaft. Zunächst wichen die Regierungstruppen an vielen Fronten kampflos zurück, inzwischen scheinen sie sich gefangen zu haben und leisten dem Vormarsch verstärkt Widerstand. Präsident Nuri al-Maliki hat Reserveoffiziere zu den Waffen gerufen. 

(APA/AFP/Reuters)

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