Nach so viel Gewalt in der Ukraine könne Russland „kein strategischer Partner sein“, machte Präsident Ilves seinem Kollegen Fischer in Tallinn klar.
Tallinn. „Nach so viel Gewalt kann man nicht einfach zurück zum alltäglichen Geschäft gehen.“ Der estnische Präsident, Toomas Hendrik Ilves, sagte am Montag in Tallinn Bundespräsident Heinz Fischer deutlich, was er vom Treffen seines österreichischen Kollegen mit Wladimir Putin in Wien hielt.
Auch könne Russland „kein strategischer Partner sein“, so Ilves mit Blick auf den South-Stream-Vertrag, der anlässlich des Besuches des russischen Präsidenten vergangene Woche in Wien von OMV und Gazprom unterzeichnet wurde. „Wir sind sehr besorgt“, sagte der Staatschef des Nato-Landes, das an Russland grenzt, angesichts der Annexion der Halbinsel Krim durch Russland. „Man kann keinem der Sicherheitsverträge, die nach 1945 abgeschlossen wurden, mehr trauen – das ist eine sehr gefährliche Situation.“
Weniger Sorgen macht sich Ilves wegen der Gasversorgung. Zwar bekomme Estland sein gesamtes Gas aus Russland geliefert, dies mache jedoch nur 13Prozent des Energiegebrauchs aus, sagte der Staatschef. Außerdem investiere Estland immer mehr in erneuerbare Energien. „Wir sind nicht so verwundbar wie viele andere Staaten“, erklärte er.
Fischer hingegen versuchte, den umstrittenen Putin-Besuch zu verteidigen. „Es ist wichtig, in der derzeitigen Situation Kanäle offenzuhalten und miteinander zu reden“, sagte er erneut. Außerdem wies der Bundespräsident wieder darauf hin, dass er im Gespräch mit Putin in Wien betont habe, dass Österreich den ukrainischen Präsidenten, Petro Poroschenko, unterstütze. Beim Thema Krim habe es „keine Einigkeit“ zwischen ihm und Putin gegeben, so Fischer gegenüber Ilves.
Österreich ist neben Frankreich der einzige EU-Staat, den der russische Staatschef seit Ausbruch der Ukraine-Krise offiziell besucht hat. Putin war anlässlich der D-Day-Feierlichkeiten am 6.Juni von Frankreichs Präsidenten, François Hollande, im Elysée Palast in Paris empfangen worden. (APA/red.)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.07.2014)