Wahlen in Slowenien: Radikaler Umbruch erwartet

Miro Cerar
Miro Cerar (c) APA/EPA/IGOR KUPLJENIK (IGOR KUPLJENIK)
  • Drucken

Am heutigen Sonntag finden in dem Euro-Krisenland Slowenien Parlamentswahlen statt. Die stärkste Partei dürfte die von Quereinsteiger und Rechtsprofessor Miro Cerar werden.

In Slowenien wird am heutigen Sonntag ein neues Parlament gewählt. Um 7.00 Uhr öffneten die Wahllokale in dem Euro-Krisenland, das in den vergangenen drei Jahren drei Regierungen verschlissen hat. Umfragen lassen einen neuerlichen radikalen Umbruch erwarten. Stärkste Kraft dürfte nämlich die Partei des erst kürzlich in die Politik eingestiegenen Rechtsprofessors Miro Cerar werden.

Der angesehene Verfassungsrechtler Cerar will das politisch polarisierte Land mit einem sachlichen Politikstil aus der Krise führen. "Wir geben den Menschen neue Hoffnung und neues Vertrauen", sagte er der APA in Ljubljana. Kritiker bemängeln, dass das Programm seiner "Partei von Miro Cerar" (SMC) zu unbestimmt sei. Kein unbeschriebenes Blatt ist sein schärfster Kontrahent Janez Jansa, der seit zwei Jahrzehnten an der Spitze der konservativen Demokratischen Partei (SDS) steht.

Thema: Gefängnisaufenthalt Jansas

Das bestimmende Thema des Wahlkampfes war der Gefängnisaufenthalt Jansas. Er sitzt seit 20. Juni eine zweijährige Haftstrafe wegen Korruption bei einem Rüstungsgeschäft während seiner ersten Amtszeit als Regierungschef (2004-2008) ab. Die SDS sieht ihren Chef als "politischen Häftling" an, Tausende Menschen demonstrierten am Donnerstag in Ljubljana für seine Freilassung. "Wir hatten nicht das optimale Team zur Verfügung. Uns fehlte der Kapitän", beklagte SDS-Vizechef Milan Zver am Freitag im APA-Gespräch.

Der "Partei von Miro Cerar" (SMC) werden 30 bis 34 Prozent der Stimmen prognostiziert, der SDS 23 bis 26 Prozent. Noch drei weitere Parteien können laut Umfragen mit einem sicheren Wiedereinzug ins Parlament rechnen. Das sind die Pensionistenpartei (DeSUS) mit acht bis zwölf Prozent in den Umfragen, die Sozialdemokraten (SD) mit acht bis zehn Prozent und die christdemokratische Partei Neues Slowenien (NSi), der die Umfragen zwischen sechs und acht Prozent vorhersagen.

Fünf Partei wollen ins Parlament

Gleich fünf Parteien drängen sich rund um die Vier-Prozent-Hürde für den Einzug ins Parlament. Es sind dies die konservative Volkspartei (SLS), die bisherige Regierungspartei Positives Slowenien (PS) des Laibacher Bürgermeisters Zoran Jankovic, das neue "Bündnis von Alenka Bratusek" (ZAB) der scheidenden Regierungschefin sowie die außerparlamentarische "Vereinigte Linke" (ZL) und die Slowenische Nationalpartei (SNS) des im Jahr 2011 aus dem Parlament geflogenen Nationalistenführers Zmago Jelincic.

Vom Abschneiden der kleineren Parteien wird wesentlich abhängen, wie die kommende Regierung aussehen wird. Cerar werden Präferenzen für eine lagerübergreifende Koalition nachgesagt, und er wird diesbezüglich schon mit dem legendären liberaldemokratischen Ministerpräsidenten Janez Drnovsek verglichen, der Slowenien zwischen 1992 und 2002 regierte. SDS-Vizechef Zver rechnet dagegen schon bald mit Neuwahlen und einem Verglühen des "Kometen" Cerar.

Die große Unbekannte ist die Wahlbeteiligung. Viele Slowenen befinden sich wegen des Wahltermins inmitten der Sommerferien auf Auslandsurlaub, weswegen die Wahlbeteiligung auf rund 50 Prozent fallen könnte. In der Vergangenheit hatte eine niedrige Beteiligung vor allem den konservativen Parteien mit ihrer disziplinierten Wählerschaft genutzt.

2011 nahmen zwei Drittel teil

Bei der letzten Wahl 2011 nahmen 65,6 Prozent von insgesamt 1,7 Millionen Wählern teil. Rekordwerte verzeichnete man unterdessen bei vorzeitiger Abstimmung: In drei Tagen, von Dienstag bis Donnerstag, haben über 66.700 Wähler abgestimmt. Das sind knapp vier Prozent aller Wahlberechtigten und mehr als das Doppelte im Vergleich zu 2011.

Die Wahllokale bleiben bis 19.00 Uhr geöffnet. Mit der Hochrechnung auf Basis von Wählerbefragungen wird sofort nach Wahlschluss gerechnet, das vorläufige Endergebnis soll am späten Sonntagabend vorliegen.

(APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.