Feuerpause zu Ende: Auch Israel fliegt wieder Angriffe

Im Gazastreifen schlagen wieder israelische Raketen ein.
Im Gazastreifen schlagen wieder israelische Raketen ein.(c) REUTERS
  • Drucken

Die Hamas hatte weiterhin in Richtung Israel geschossen. Benjamin Netanyahu ließ die Feuerpause daher beenden. Auch die syrischen Golanhöhen wurden Ziel von Angriffen.

Nach etwa sechsstündiger Feuerpause hat Israel am Dienstag seine Luftangriffe auf den Gazastreifen wieder aufgenommen. Die Armee habe als Reaktion auf den fortwährenden Raketenbeschuss Israels aus dem Gazastreifen ihre Angriffe auf das palästinensische Gebiet wieder aufgenommen, bestätigte eine Armeesprecherin in Tel Aviv am Dienstag. Das israelische Sicherheitskabinett hatte erst in der Früh eine von Ägypten vorgeschlagene Feuerpause akzeptiert, die Hamas hatte aber weiter Raketen auf Israel abgefeuert.

Die nur kurz währende Feuerpause begann um 8 Uhr unserer Zeit. "Wenn Hamas die Vorschläge ablehnt und der Raketenbeschuss nicht endet, sind wir darauf vorbereitet, unsere Angriffe fortzusetzen und zu verstärken", drohte Ministerpräsident Benjamin Netanyahu Dienstagmittag in Tel Aviv und ließ seinen Worten wenig später Taten folgen.

Israel flog am Dienstag auch Luftangriffe auf die syrischen Golanhöhen, bei denen nach Angaben von Aktivisten Dienstagfrüh vier Menschen getötet wurden. Kampfflugzeuge hätten Raketen auf einen syrischen Militärstützpunkt und ein weiteres Ziel abgefeuert, erklärte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte. Zwei Wachleute sowie zwei Frauen seien getötet worden.

Hamas lehnt Feuerpause ab

Militante Palästinenser hatten die kurze Feuerpause nicht eingehalten. In der Hafenstadt Ashdod wurde ein Haus direkt von einer Rakete getroffen. Dies war nach Polizeiangaben das erste Geschoß, das nach in einem Wohngebiet Israels niederging, nachdem die von Ägypten vorgeschlagene Feuerpause in Kraft treten sollte.

Die palästinensische Hamas-Bewegung lehnte eine Feuerpause ab. "Die Hamas-Position hat sich nicht verändert, bevor oder nachdem die israelische Besatzungsmacht die Waffenruhe-Initiative akzeptiert hat", sagte ein Sprecher der politischen Hamas-Führung. Hamas habe auch keinen offiziellen Vorschlag erhalten. Eine Entwaffnung der Hamas-Milizen stehe nicht zur Debatte, sagte Abu Suhri.

Ein hochrangiger politischer Vertreters der Hamas sagte hingegen, dass es noch keine "offizielle Position" zu der von Ägypten vorgeschlagenen Waffenruhe mit Israel gebe. "Wir befinden uns noch in Beratungen", so Moussa Abu Marzouk in Kairo laut Reuters in einem Facebook-Posting am Dienstagvormittag.

Der bewaffnete Arm der militanten Palästinensergruppe hat seine Ablehnung noch deutlicher gezeigt. Die in Medien veröffentlichten Auszüge des Vorschlags würden zeigen, dass es sich um eine Initiative der "Unterwerfung" handle, hieß es auf ihrere Internetseite. "Unsere Schlacht mit dem Feind geht weiter und wird an Heftigkeit und Intensität zunehmen", hieß es in der Erklärung.

Diplomatie ohne Erfolg

Die ägyptische Initiative sieht neben der Feuerpause vor, dass innerhalb von 48 Stunden hochrangige Delegationen aus Israel und den Palästinensischen Gebieten nach Kairo reisen, um indirekte Gespräche zu führen und eine Lösung der Krise auszuhandeln.

US-Außenminister John Kerry sollte am Dienstag nach weiteren Gesprächen in Wien direkt nach Ägypten reisen, um Möglichkeiten zur Friedensvermittlung im Nahost-Konflikt auszuloten, hieß es in mehreren Medien. Dieser Besuch fand jedoch nicht statt. Es gebe zum jetzigen Zeitpunkt keinen Besuch in der Region, hieß es aus der US-Botschaft in Kairo. Kerry hat lediglich mit Hamas-Vertretern telefoniert und appelliert, die vorgeschlagene Waffenruhe im Gazakonflikt zu akzeptierten.

Deutschlands Außenminister Frank-Walter Steinmeier traf unterdessen Dienstagfrüh in Israel ein, um an den Bemühungen um eine Deeskalation im Gaza-Konflikt mitzuwirken. Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Netanyahu begrüßte Steinmeier, dass Israel sich mit den ägyptischen Vorschlägen für eine sofortige Waffenruhe einverstanden erklärt hat, die zu diesem Zeitpunkt noch eingehalten wurde. Auch er rief die Hamas dazu auf, die Feuerpause ebenso einzuhalten.

Wieder Todesopfer im Gazastreifen

Bei neuen israelischen Luftangriffen im Gazastreifen waren nach palästinensischen Angaben am Montagabend sechs weitere Menschen ums Leben gekommen. Die Zahl der Opfer seit Beginn der israelischen "Operation Protective Edge" liege nunmehr bei 187. Nach UN-Angaben sind viele der Opfer Frauen und Kinder. Der Militäreinsatz ist die Vergeltung für Raketenangriffe aus dem Gazastreifen. Binnen einer Woche schlugen 800 Raketen in Israel ein. Auf israelischer Seite wurde bisher niemand getötet. Es gab mehrere Verletzte, darunter vier Schwerverletzte.

Bei einem Raketenangriff auf die südisraelische Hafenstadt Eilat am Roten Meer sind am Dienstag vier Zivilisten verletzt worden. Israelischen Sicherheitskreisen zufolge wurden die drei Raketen von ägyptischem Boden aus abgefeuert. Dafür verantwortlich seien vermutlich militante Islamisten auf der Halbinsel Sinai, die Ägyptens Vorstoß für eine Nahost-Waffenruhe übertönen wollten. Es war das erste Mal seit Beginn des jüngsten Konfliktes, dass auch Eilat von Raketen getroffen wurde. Die bei Touristen beliebte Stadt liegt an der Grenze zu Ägypten und Jordanien.

Arabische Liga: Israel ist "Kriegsverbrecher"

Israel begehe "Kriegsverbrechen" und "Verbrechen gegen die Menschlichkeit", sagte der Vorsitzende der Arabischen Liga, Nabil el-Araby, in der Nacht zum Dienstag bei einer Dringlichkeitssitzung der Außenminister der Organisation in Kairo. "Israel genießt eine politische Immunität, es begeht Verbrechen, ohne dafür zur Verantwortung gezogen zu werden", sagte el-Araby. Der palästinensische Außenminister Riad al-Malki sagte, der Konflikt im Gazastreifen sei "kein Krieg zwischen zwei Armeen oder gegen die Hamas, sondern gegen das gesamte palästinensische Volk und gegen seine Rechte".

(APA/AFP/dpa/Reuters)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.