Westliche Geiseln: Wertvolle Beute für Jihadisten

Die Flagge des IS ist im Irak und in Syrien mittlerweile allgegenwärtig
Die Flagge des IS ist im Irak und in Syrien mittlerweile allgegenwärtigREUTERS
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30 bis 40 Europäer und US-Bürger sind in der Gewalt des "Islamischen Staats". Man erpresst mit ihnen Lösegeld - oder tötet sie zu Propagandazwecken.

Das Leiden von James Foley dauerte 636 lange Tage: Dann wurde der US-Journalist von seinen Kidnappern der Terror-Miliz "Islamischer Staat" enthauptet. Vor laufender Kamera. Sein Tod wurde mittlerweile von der Familie bestätigt, auch wenn die US-Behörden die Authentizität des in der Nacht auf Mittwoch publizierten Videos noch prüfen.

Foley, der von einer kriminellen Bande beim Verlassen eines Internet-Cafés entführt und dann erst an die Jihadisten weiterverkauft wurde, ist allerdings beileibe nicht der einzige Ausländer in der Gewalt der IS-Terroristen. Wie der "Spiegel" in seiner Online-Ausgabe berichtete sind derzeit alleine 30 bis 40 Europäer und US-Amerikaner in der Hand der Gruppe, die im Irak und in Syrien Ende Juni ein "Kalifat" ausgerufen hat, mit ihrem Führer Abu Bakr al-Baghdadi an der Spitze. Der hat damit nicht nur den Westen und die irakische Regierung herausgefordert, sondern auch die "alteingesessenen" Extremisten von al-Qaida.

Herkunftsland entscheidet über Tod

Westliche Geiseln, insbesondere Journalisten, sind für die Terroristen eine äußerst wertvolle Beute, und sie können ihnen - je nach Herkunftsland - zu ganz unterschiedlichen Zwecken dienen. Europäer etwa vorwiegend zur Geldbeschaffung. Laut dem US-Finanzministerium haben europäische Staaten zwischen 2008 und 2013 in Summe 165 Millionen Dollar an Lösegeld an islamistisch-terroristische Gruppen gezahlt, auch wenn die jeweiligen Regierungen jeden einzelnen Fall dementieren.

In der Vergangenheit betraf dies vor allem die Gruppen "al-Qaida auf der arabischen Halbinsel" und "al-Qaida im islamischen Maghreb", aber nun offenbar auch den "Islamischen Staat". Diese Gruppe wurde erst im vergangenen Jahr wirklich groß und international bekannt, sie hat sich aus der Vorgänger-Organisation "Islamischer Staat im Irak und in der Levante" entwickelt.

Franzosen und Spanier von IS freigekauft

Laut "Spiegel" haben etwa im Frühjahr 2014 Spanien und Frankreich mehrere Landsleute - allesamt Journalisten - von IS freigekauft, zunächst zwei Spanier, dann vier Franzosen. Offenbar werden die meisten der von IS als Geiseln gehaltenen Ausländer in einerm Gefängnis in der syrischen Stadt Rakka gehalten, bewaffnet von europäischen Jihadisten, die der jeweiligen Sprachen der Geiseln mächtig sind.

Während europäische Geiseln also die Chance haben, nach mehr oder weniger langer, strapaziöser Geiselhaft wieder freizukommen, haben Briten und US-Amerikaner ein härteres Los: Da London und Washington nicht nur sagen, dass sie kein Lösegeld zahlen, sondern dies tatsächlich auch nicht tun, missbrauchen die Kidnapper Gefangene aus diesen Ländern zu Propagandazwecken - indem sie sie unter größtmöglicher Öffentlichkeitswirskamkeit hinrichten, meist durch Enthauptung.

"Britischer Pass ist Totenschein"

"Al-Qaida im Irak" hatte in den Jahren nach dem Sturz von Diktator Saddam Hussein eine solche Strategie verfolgt, während sich der im Maghreb operierende al-Qaida-Ableger, der vor allem auf das Lukrieren von Lösegeld aus war, meist gar nicht mit der Entführung von US-Amerikanern oder Briten aufhielt. Man machte gezielt Jagd auf Europäer aus Staaten, von denen Lösegeld zu erwarten war. Gerät dennoch ein Brite oder US-Bürger in ihre Gewalt, wie etwa der 2009 getötete Brite Edwin Dyer, stehen dessen Chancen schlecht: „Ein Pass des Vereinigten Königreichs ist im Wesentlichen ein Totenschein", sagte damals Dyers Bruder.

Der Fall Foley wiederum ist anders gelagert: Hier ist die US-Intervention im Nordirak als Auslöser der bestialischen Ermordung zu sehen. Die Extremisten wollten mit ihrer Tat die US-Regierung offenkundig dazu bringen, ihre Luftschläge gegen Stellungen des IS einzustellen. Adressat ist in diesem Fall freilich nicht die US-Regierung direkt, sondern die US-amerikanische Öffentlichkeit.

>>> Zum Bericht des "Spiegel"

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