Amerikanische IT-Unternehmen wurden von Kollaborateuren zu Vorreitern im Kampf gegen die Überwachung der US-Geheimdienste. Grund dafür ist die Sorge um das eigene Geschäftsmodell.
Wien. 250.000 Dollar Strafe pro Tag, und jede Woche verdoppelt sich dieser Betrag. Mit diesen Sanktionen drohten die USA im Mai 2008 dem Internetkonzern Yahoo, wenn dieser sich weiterhin weigere, die von verschiedensten Regierungsbehörden verlangten Nutzer-Daten auszuhändigen. Yahoo gab nach.
Das war der Endpunkt eines zehnmonatigen Widerstandes von Yahoo gegen die Datensammelwut der US-Geheimdienste, wie aus am Freitag erstmals veröffentlichten Unterlagen hervorgeht. Danach reihte sich Yahoo in die Reihe jener IT-Unternehmen wie Microsoft, Facebook oder Google ein, die mit den USA kooperieren und die Daten aushändigen.
Auch heute, mehr als ein Jahr nachdem die Affäre durch den ehemaligen NSA-Vertragsmitarbeiter Edward Snowden aufgedeckt wurde, liefern die IT-Konzerne Daten an die US-Behörden. Allerdings machen sie es zunehmend unwilliger – und unter lautem öffentlichen Protest. So befindet sich etwa Microsoft seit April in einem für die Branche richtungsweisenden Rechtsstreit mit den Behörden, den der IT-Konzern trotz Niederlage in der ersten Instanz bis zum Ende durchfechten will. Es geht dabei um das E-Mail-Konto eines Microsoft-Kunden, auf das die USA Zugriff haben wollen. Dafür gibt es auch einen Durchsuchungsbefehl. Laut Microsoft sind die Daten jedoch in Irland gespeichert, weshalb die Herausgabe aufgrund einer US-Anweisung nicht einfach so möglich ist. Microsoft erhielt in dieser Frage auch bereits öffentliche Unterstützung von Apple und Cisco.
Zuckerberg kritisierte Obama
Am stärksten exponierte sich bisher jedoch Facebook-Gründer Mark Zuckerberg. Bereits im März kritisierte er auf seiner Facebook-Seite öffentlich US-Präsident Barack Obama und erzählte die Inhalte aus einem vertraulichen Telefongespräch zwischen den beiden. Ein Tabubruch. „Wenn wir daran arbeiten, die Sicherheit zu erhöhen, gehen wir davon aus, euch gegen Kriminelle zu schützen und nicht gegen unsere eigene Regierung“, so Zuckerberg. Schon zuvor im September 2013 warf er der US-Regierung vor, die Sache „vergeigt“ zu haben. Und zusammen mit Apple-Chef Tim Cook und Microsoft-Boss Satya Nadella schrieb er im Sommer einen öffentlichen Brief an die US-Regierung, die Sammlung der Daten einzuschränken.
Doch es ist weniger die plötzliche Liebe zum Datenschutz, die Firmen wie Facebook dazu bringt, sich plötzlich so stark für die Sicherheit ihrer Nutzer einzusetzen. Es ist die Sorge um das eigene Geschäft. Facebook lebt nämlich davon, dass die Menschen ihre Daten bereitwillig bekannt geben. Nur so können der Werbewirtschaft zielgerichtete personalisierte Schaltungen angeboten werden – ein Milliardengeschäft. Probleme haben aber auch Firmen wie Microsoft oder Cisco, denen es nicht um das Sammeln, sondern das Verwalten von Daten geht. Sie leiden darunter, dass nicht-amerikanische Kunden kein Vertrauen in US-Firmen mehr haben. Microsoft bietet zwar an, dass Daten dezidiert nur in Europa gespeichert werden. Ob dies hilft, ist aber fraglich wie der aktuelle Rechtsstreit zeigt. Verschärft wird dies durch den Trend zum Cloud-Computing (Daten werden nur mehr im Netz gespeichert). Die US-Firmen haben Angst um diesen 150-Milliarden-Dollar-Markt.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.09.2014)