„Nehmt die Zukunft eures Landes in eure Hände“

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Auszug aus dem letzten Appell für die Unabhängigkeit, den Alex Salmond an die Schotten richtete.

In den letzten Stunden dieser historischen Kampagne möchte ich mich direkt an jede einzelne Person in diesem Land wenden, welche die Argumente abwägt, die sie gehört hat. Ich habe keine Zweifel: Das Volk in Schottland wird über die zunehmend verzweifelten und absurden Angstgeschichten hinwegsehen, die Downing Street täglich erzeugt. Sie haben keinen Platz in einer vernünftigen Debatte. In diesen letzten Tagen der großartigsten Kampagne, die Schottland je gesehen hat, möchte ich euch bitten, einen Schritt Abstand zu nehmen von den Argumenten der Politiker und dem Sturm von Statistiken. (...) Für jede Angsttaktik gibt es eine Botschaft der Hoffnung und der Chance. Die Chance für unser Parlament, arbeitsplatzschaffende Kompetenzen zu erlangen, die Fähigkeit, unser geschätztes Gesundheitswesen zu beschützen und eine erneuerte Beziehung des Respekts und der Gleichheit mit unseren Freunden und Nachbarn im Rest dieser Inseln herzustellen. (...) Was übrig bleibt sind wir – das Volk, das hier lebt und arbeitet. Das einzige Volk mit einer Stimme. Das Volk, auf das es ankommt. Das Volk, das für ein paar wertvolle Stunden am Wahltag die Souveränität, die Macht, die Autorität in seinen Händen hält. Es ist der größte, der ermächtigendste Moment, den jeder von uns je erleben wird. Schottlands Zukunft, unsere Zukunft in unseren Händen. Was tun? Das weiß jeder von uns nur selbst. Ich möchte nur um Eines bitten: Trefft diese Entscheidung mit klarem Verstand und reinem Gewissen. Seid euch bewusst, dass wir, wenn wir mit Ja stimmen, eine Verantwortung wie keine andere in unsere Hände legen – die Verantwortung, gemeinsam aus Schottland das zu machen, was es sein kann. Das wird Reife erfordern, Weisheit, Engagement und Energie, und sie wird nicht aus den üblichen Quellen der Parteien und Politiker kommen, sondern von euch, vom Volk (...)

Macht jedes Land Fehler? Ja. Gibt es Herausforderungen, die Schottland überwinden muss? Zweifellos. Aber (...) wer ist besser geeignet, diese Herausforderungen für unsere Nation zu meistern als wir selbst?

Wir müssen uns selbst vertrauen. Einander vertrauen. In Schottland hatten wir immer den Reichtum, die Ressourcen und das Talent. Wir wissen, dass wir in Unabhängigkeit sofort zu den Top 20 der reichsten Länder der Welt zählen würden. Aber in dieser Kampagne ist etwas sehr Neues in Erscheinung getreten. Es hat Schottland für immer verändert. Es ist mir in jeder Gemeinschaft begegnet in den vergangenen Wochen: Zuversicht. Glaube. Ermächtigung. Ein Verständnis, dass, wenn wir hart arbeiten, Schottland eine globale Erfolgsgeschichte sein kann. Ein Leuchtfeuer des Wirtschaftswachstums und ein Meister der sozialen Gerechtigkeit. (...) Wir sind das Land von Adam Smith, der sagte, dass keine Gesellschaft blühen und glücklich sein kann, wenn zu viele nicht vom Wohlstand profitieren. Wir sind das Land von Robert Burns, der Schottland liebte, aber auch die Menschheit auf der ganzen Welt feierte. (...) Frauen und Männer in ganz Schottland schauen in den Spiegel und wissen, dass der Moment gekommen ist. Unsere Wahl, unsere Möglichkeit, unsere Zeit. Wacht auf am Freitagmorgen in einem besseren Land. Wacht auf und wisst, dass ihr es geschafft habt.

Bei dieser Abstimmung geht es nicht um mich, um die SNP, die Labour Party oder die Tories. Es geht um euch. Eure Familien. Eure Hoffnungen. Eure Ziele. Es geht darum, die Zukunft eures Landes in eure Hände zu nehmen. Lasst diesen Moment nicht durch eure Finger schlüpfen. Lasst sie nicht sagen, dass wir es nicht können. Lasst es uns anpacken.“

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("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.09.2014)

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