Mit 17 Jahren eine globale Ikone: Malala, Symbolfigur für Zivilcourage

PAKISTAN NOBEL PEACE PRIZE WINNER
PAKISTAN NOBEL PEACE PRIZE WINNER(c) APA/EPA/SOHAIL SHAHZAD (SOHAIL SHAHZAD)
  • Drucken

Die Pakistani Malala Yousafzai avancierte zur jüngsten Nobelpreisträgerin.

In der Egbaston High School, einer Privatschule im englischen Birmingham, war die Überraschung nicht sonderlich groß, als die Nachricht aus Oslo gestern Vormittag die Runde machte. Schließlich galt die 17-jährige Malala Yousafzai, die prominenteste Schülerin und eine weltweite Berühmtheit, schon im Vorjahr als eine der Top-Favoritinnen für den prestigeträchtigsten Preis der Welt. Die Auszeichnung des Nobelkomitees macht sie nun vollends zur globalen Ikone, zur jüngsten Friedensnobelpreisträgerin aller Zeiten.

Dass die Verkündung ziemlich exakt mit dem zweiten Jahrestag des Attentats auf sie zusammenfällt, mag dem pakistanischen Teenager zusätzliche Genugtuung verschaffen. Dabei betont sie stets, keinen Groll gegen die beiden Auftragskiller der Taliban zu hegen, die am 9.Oktober 2012 einen Schulbus in Mingora im pakistanischen Swat-Ral stoppten, um aus nächster Nähe auf ihren Kopf zu feuern. Das Projektil durchdrang die Stirn des damals 15-jährigen Mädchens, in Notoperationen retteten ihr Ärzte in Peschawar und in einem Militärspital in Rawalpindi das Leben. Nach einer Woche erwachte sie aus dem Koma und fand sich in einer fremden Welt wieder, im Queen Elizabeth Hospital in Birmingham.

„Wer ist Malala?“, fragten damals die Attentäter – eine Frage, die sich schnell klärte, trug sie doch als Einzige unter ihren Schulfreundinnen das Gesicht unverhüllt. Zwei Jahre später erübrigt sich die Frage ohnedies. Selbst außerhalb des äußerlich so idyllischen Swat-Valley, der „Schweiz Pakistans“, hat sich die Tochter eines ambitionierten Schuldirektors unter ihrem Pseudonym „Gul Makai“ landesweit als mutige Bloggerin einen Namen gemacht. BBC-Reporter haben die Elfjährige entdeckt, in ihrem Tagebuch für die weltweit operierende britische Rundfunkanstalt avancierte sie rasch zu einer Stimme, die dem Taliban-Terror die Stirn bot.

Vorbild Benazir Bhutto

Pakistan verlieh der couragierten Schülerin, die vor allem für das Recht auf Bildung eintritt und so zum Symbol einer rudimentären Zivilgesellschaft wurde, einen Friedenspreis. Bis heute ist die „Tochter der Nation“, hofiert von den Mächtigen in Islamabad und verhasst unter den Islamisten, so umstritten, dass eine Rückkehr in die Heimat zu gefährlich erscheint. Extremisten wähnen in ihr eine CIA-Agentin und ein Werkzeug des Westens, sie ergehen sich in Tiraden, und als ihr im Vorjahr der Nobelpreis noch versagt blieb, sprühten sie vor Häme. Dabei bleibt eine Wiederkehr ihr sehnlicher Wunsch.

Einstweilen sorgt sie im Ausland für Furore. Ihr Porträt hängt in der National Gallery in London, sie schüttelte der Queen die Hand, für ihr Buch „Ich bin Malala“ – einen Bestseller – streifte sie eine Gage von zwei Millionen Pfund ein. Überhäuft mit Lorbeer und Lobeshymnen tourt sie durch die Welt: In Nigeria plädiert sie für die Freilassung der Schulmädchen aus der Gewalt der Terrorsekte Boko Haram, im Weißen Haus kritisiert sie im Gespräch mit Präsident Barack Obama den Drohnenkrieg der USA.

Den bemerkenswertesten Auftritt absolvierte Malala aber an ihrem 16. Geburtstag vor der UNO in New York. Der Teenager, der Cupcakes und Pizza liebt und einst für Justin Bieber schwärmte, formulierte dort ihr Credo: „Ein Buch und ein Stift können die Welt verändern.“ Niemand könne sie zum Schweigen bringen. Ihre Ambitionen hängt die 17-Jährige hoch: Sie will ihrem Idol nacheifern, der pakistanischen Premierministerin Benazir Bhutto. Die Politikerin überlebte ein Attentat 2007 indessen nicht. Ursprünglich strebte Malala ja den Arztberuf an. „Als Politikerin kann ich Ärztin des ganzen Landes sein.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.10.2014)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Außenpolitik

Friedensnobelpreis: Ein Symbol für das Recht auf Bildung

Malala Yousafzai aus Pakistan und dem Inder Kailash Satyarthi wurde der Preis für ihr Engagement für Kinder überreicht.
Außenpolitik

Nobelpreis: Malala, die gemobbte Preisträgerin

In ihrer Heimat läuft eine Schmutzkübelkampagne gegen die 17-jährige Malala Yousafzai.
"Gewetzte Messer": Pakistanische Extremisten drohen Malala
Außenpolitik

"Gewetzte Messer": Pakistanische Extremisten drohen Malala

Eine Splittergruppe der pakistanischen Taliban droht der 17-Jährigen, die am Freitag mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurde.
BRITAIN NOBEL PEACE PRIZE
Außenpolitik

„Malala braucht die Aufmerksamkeit des Nobelpreises nicht“

Verhaltene Zustimmung zur Wahl des Nobelpreiskomitees. Alfred Nobels Anforderung entsprach sie wieder nicht.
Kommentare

Malala und die fünf Norweger

Malala Yousafzai ist eine beeindruckende, bewundernswerte junge Frau. Unbeugsam kämpft sie mit großem rhetorischen Talent dafür, dass Mädchen zur Schule gehen dürfen.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.