Karadzic nicht in Wien? "Wunderheiler" meldete sich

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Ein 78-jähriger "Wunderheiler" aus der Vojvodina sagt, sein Pass sei in Wien untersucht worden. Er sehe Radovan Karadzic aber "1.000-prozentig" ähnlich. Das Innenministerium schließt trotzdem nicht aus, dass Karadzic in Wien gewesen sein könnte.

Radovan Karadzic soll sich im vergangenen Jahr doch nicht in Wien aufgehalten haben. Petar Glumac, ein in der Vojvodina-Ortschaft Banatsko Novo Selo lebender "Wunderheiler", gibt an, jener "Pera" zu sein, dessen Reisepass im Vorjahr in Wien von der Polizei überprüft wurde. Der 78-jährige kroatische Serbe mit langem, zu einem Zopf zusammengebundenem Haar, Vollbart und Brille sehe Karadzic „1.000-prozentig" ähnlich, sagte er der serbischen staatlichen Nachrichtenagentur Tanjug.

Der einzige Unterschied zwischen ihm und Karadzic bestehe in dem Zopf, sagte Glumac. Dabic habe ihn hoch am Kopf gebunden, er trage ihn frei am Rücken.

Innenministerium: Aussagen ändern nichts

Für das österreichische Innenministerium ändern die Aussagen Glumacs vorerst nichts an der derzeitigen Situation. "Das deckt sich nicht mit unseren Erkenntnissen, widerspricht ihnen aber auch nicht", sagte Ministeriumssprecher Rudolf Gollia am Sonntagnachmittag.

"Für uns ergibt sich bisher kein Widerspruch", sagte Gollia dazu. Das Innenministerium habe bisher weder bestätigt noch ausgeschlossen, dass sich Karadzic unter falscher Identität in Wien aufgehalten habe. Man bemühe sich weiter zu verifizieren, ob Karadzic in Wien gewesen sei, um seine zwölfjährige Flucht "mitrekonstruieren zu können".

Glumac: Auf Unfruchtbarkeit spezialisiert

Glumac, der auch unter den Nachbarn als "Deda Pera" (Opa Pera) bekannt ist, befasst sich nach eigenen Angaben seit 23 Jahren mit Heilpraktik. Er habe sich zuletzt im Vorjahr in Wien aufgehalten, sagte er. "Ich behandle alle Krankheiten, die Unfruchtbarkeit der Frauen ist mein Hauptfach", erklärte der Wunderheiler, der sich von der Nachrichtenagentur nicht fotografieren ließ. Er habe sein Foto bereits ausländischen Medien versprochen.

Karadzics Neffe: Keine Auslandsreisen

Die Aussagen Glumacs scheinen die Angaben von Karadzic Neffen zu bestätigen: Er sagte, sein Onkel habe keine Auslandsreisen unternommen. Er sei die ganze Zeit hindurch in Belgrad und in "anderen Teilen des ehemaligen Jugoslawien" versteckt gehalten habe. Einen Reisepass habe sein Onkel nicht gehabt, auch keine Auslandsreisen unternommen, behauptet Dragan Karadzic.

"Ich war der einzige Helfer. Nur ich habe gewusst, dass hinter der Identität von Dragan Dabic der ehemalige Präsident der Republika Srpska steckte", beteuerte der Sohn vom Karadzic' Bruder Luka. Nur er habe mit dem Onkel telefonisch kommuniziert und seine Botschaften der Familie überbracht. Er habe den Onkel mit Proviant und sonstigem versorgt. Denn bis vor einem Jahr soll Radovan Karadzic die vom Neffen gemieteten Wohnungen - es soll vier oder fünf gegeben haben - nie verlassen haben.

Radovan Karadzic

Am Montag, dem 21. Juli wurde in Serbien der mutmaßliche Kriegsverbrecher Radovan Karadzic verhaftet. Der Ex-Präsident der Republika Srpska war vor 12 Jahren untergetaucht. Der heute 63-Jährige lebte in dieser Zeit als Alternativarzt in einer Privat-Praxis in Belgrad.

Karadzic werden Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit während des Bosnien-Krieges (1992-1995) vorgeworfen. So soll er etwa für das Massaker von Srebrenica verantwortlich sein, bei dem Tausende Muslime ermordet wurden.

(APA/Red.)

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