Ukraine: Pro-westliche Kräfte sehen sich als Sieger

Das Parteibündnis von Präsident Poroschenko kam auf 23 Prozent.
Das Parteibündnis von Präsident Poroschenko kam auf 23 Prozent. (c) REUTERS (GLEB GARANICH)
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Die Parteien um Präsident Petro Poroschenko feierten Erfolge, nun will man rasch mit Koalitionsverhandlungen beginnen.

Das Parteienbündnis von Staatspräsident Petro Poroschenko hat die vorgezogenen Parlamentswahlen in der Ukraine mit 23 Prozent knapp gewonnen. Umfragen hatten dem Block mehr als 30 Prozent der Stimmen zugetraut. Nun wollen die Parteien rasch Koalitionsverhandlungen beginnen. Neben dem Poroschenko-Block und der Volksfront von Ministerpräsident Arseni Jazenjuk könnten sich die liberale Partei Samopomoschtsch (Selbsthilfe) und die Vaterlandspartei von Julia Timoschenko an der Regierung beteiligen.

Dicht auf den Petro-Poroschenko-Block folgt indes mit 20,7 Prozent der Stimmen die „Volksfront“ des bisherigen Premierministers. Arsenij Jatsenjuk dürfte damit seinen Posten gerettet haben und die alte Regierung im Großen und Ganzen weiter regieren.

Einen Achtungserfolg erzielte mit 13,2 Prozent die ebenso pro-europäische Parteineugründung „Selbsthilfe“ des Lemberger Bürgermeisters Andrej Sadowij, auf deren Liste fast ausschließlich junge, unverbrauchte Kräfte wie der Maidan- und Antikorruptionsaktivist Jegor Sobolew kandidierten. Ebenso deutlich besser als erwartet abgeschnitten haben jedoch auch die alten Kräfte rund um den nach Russland geflüchteten Ex-Staatspräsidenten Wiktor Janukowitsch. Dessen vor allem in der Ostukraine verwurzeltes Auffangbecken „Oppositionsbündnis“ kam auf 7,6 Prozent. Zittern muss dagegen Julia Timoschenkos „Vaterlandspartei“, konnte Prognosen zufolge nur  5,6 Prozent, die Hälfte der ihr vorhergesagten Stimmen, erreichen. Die Fünfprozenthürde überspringen können mit je 6 Prozent gemäß den Exitpolls noch die beiden rechtspopulistischen Parteien „Swoboda“ und „Radikale Partei Oleh Ljaschkos“.

Die Wahlbeteiligung bei Schließung der Wahllokale mit knapp 53 Prozent niedriger als bei den Präsidentenwahlen im Mai. Auf der Krim und in etwa der Hälfte der Wahlbezirke des Donbass konnte nicht gewählt werden. In den von Kiewer Regierungstruppen inzwischen wieder befreiten ehemaligen Separatistengebieten gaben rund 10000 ukrainische Soldaten ihre Stimme ab.

Vertreter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) teilten mit, die Wahl werde trotz der Probleme in der Ostukraine anerkannt. Wegen des Ausfalls der Wahl im Osten des Landes und auf der Krim werden nur 423 der eigentlich 450 Rada-Sitze vergeben.

Jazenjuk will Koalition mit Poroschenko

Regierungschef Arseni Jazenjuk hat bereits eine Koalition seiner Volksfront mit dem Block von Präsident Petro Poroschenko angekündigt. "Wir werden in Kürze eine Koalition bilden", sagte Jazenjuk am Sonntagabend im TV-Sender 112.ua. 

Poroschenko zeigte sich bei einer Wahlparty seines Parteibündnisses offen für eine Zusammenarbeit mit Jazenjuk. "Wenn man mich fragt, ob ich die Volksfront als Koalitionspartner sehe, dann sage ich eindeutig ja." Der Präsident schaffte sich mit dem Urnengang erstmals eine eigene Machtbasis in der Rada und holte sich eine Bestätigung seines EU-Kurses. Der Politologe Taras Beresowez sagte, der Posten des Regierungschefs sei für Jazenjuk praktisch zu 100 Prozent sicher.

Neben dem Poroschenko-Bündnis und der Volksfront könnten sich die liberale Partei Samopomoschtsch (Selbsthilfe) und die Vaterlandspartei von Timoschenko an der Regierung beteiligen. Zusammen kämen sie Prognosen zufolge auf eine deutliche Mehrheit. Poroschenko kündigte an, die Koalitionsverhandlungen sollten schon an diesem Montag beginnen.

"Nichts ändert sich zum Besseren"

Eine erste Reaktion aus Russland war im Tonfall wie erwartet skeptisch. Die Parlamentswahl werde aus Sicht des prominenten russischen Außenpolitikers Alexej Puschkow die Krisensituation in der Ex-Sowjetrepublik nicht lösen. "Nichts ändert sich zum Besseren. Die Wahlen führen nicht zu einer neuen Machtkonfiguration, und diese Machthaber können nichts Neues geben - sie haben keine finanziellen Ressourcen", teilte Puschkow über Twitter am Sonntag mit.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.10.2014, APA/dpa)

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