US-Botschafter im Chat: "Respekt für Amerika wieder heben"

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Am kommenden Dienstag entscheiden die US-Amerikaner über ihren neuen Präsidenten. David F. Girard-diCarlo, der US-Botschafter in Wien, beantwortete Fragen der DiePresse.com-User zum Rennen um die Bush-Nachfolge.

  • 12:01 David F. Girard-diCarloWillkommen und danke für Ihre Teilnahme!

Zur Person

David F. Girard-diCarlo ist seit 20. September offiziell US-Botschafter in Wien.

1991 begann der studierte Jurist seine Arbeit für Blank Rome LLP, einer der wichtigsten Anwaltskanzleien in Philadelphia. Seit einigen Jahren ist er Geschäftsführer der Tochtergesellschaft Blank Rome Government Relations LLC, einer Lobbyingorganisation in Washington, DC.

  • 12:03 sparifankerlSehr geehrter Herr Botschafter! Wie wird sich Ihrer Meinung nach die gegenwärtige Finanzkrise aus die Wahl des US-Präsidenten auswirken?
  • ANTWORT VON David F. Girard-diCarlo:
    Die Wirtschaft hat immer schon die Präsidentschaftswahlen am meisten beeinflusst. Ich bin sicher, dass die Wirtschaftsfrage dieses Jahr das wichtigste Wahlthema wird.
  • 12:08 Herfried SabitzerWas sind die dringendsten Probleme, die der neue Präsident angehen muss?
  • ANTWORT VON David F. Girard-diCarlo:
    Da gibt es eine lange Liste an Themen: Auf internationaler Seite geht es um Irak, Iran, Nordkorea, Israel und Palästina, Syrien, Russland, Kuba, Afghanistan und Venezuela. Neben diesen Ländern gibt es keine außenpolitischen Themen. Davon abgesehen geht es auch um die Gefahr des Terrorismus. Auf innenpolitischer Seite geht es vor allem um die Gründe der akuellen Finanzkrise, mit denen der neue Präsident und der Kongress sich befassen muss - hoffentlich in Zusammenarbeit mit den internationalen Entscheidungsträgern. Die anderen innenpolitischen Themen haben eine Auswirkung, die weit über die USA hinausgeht: Energiepolitik und Klimawandel. Mein nächstes innenpolitisches Thema betrifft die infrastrukturellen Probleme, die es in den USA gibt. Wir haben unsere Infrastruktur vor einer langen Zeit errichtet - dieses Problem kann aber nur im Zusammenhang mit der Bewältigung der Finanzkrise bewältigt werden.
  • 12:13 BrunhildeObama ist im Ausland sehr beliebt - könnte seine Wahl das internationale Ansehen der USA wieder heben? Bzw. würde umgekehrt die Wahl McCains dem Ansehen im Ausland schaden?
  • ANTWORT VON David F. Girard-diCarlo:
    Ich kann nicht für Europäer oder die Internationale Gemeinschaft sprechen. Ich glaube, wer auch immer die Wahlen gewinnt, wird die Möglichkeit eines Neustarts haben angesichts der unfairen Unpopularität meines Freundes George W. Bush. Ich glaube nicht, dass es in den USA darum geht, wie ein Präsidentschaftskandidat international gesehen wird; es geht darum, wie er von den US-Wählern gesehen wird. Ein amerikanischer Präsident muss sich mit amerikanischen Themen und Problemen auseinandersetzen, also wer auch immer Präsident wird, wird den Vorteil haben, auf Bush zu folgen, aber auch vor der Herausforderung stehen, amerikanische Interessen zu vertreten.
  • 12:16 BrunhildeWie beurteilen Sie die Amtszeit von Bush?
  • ANTWORT VON David F. Girard-diCarlo:
    Die von uns, die heute leben, haben nicht den Vorteil von Historikern, reflektiv zurückzuschauen auf die heutigen Geschehnisse. Die Geschichte wird George W. Bush beurteilen.
  • 12:20 DiePresse.com.Moderator
  • 12:21 deis_joSehr geehrter Herr Botschafter, glauben Sie wirklich dass sich unter einem demokratischen Präsidenten plötzlich alle Fehler von G.W. Bush in Luft auflösen? Auch Obama wird wohl zum Beispiel kaum sofort alle Soldaten aus dem Irak abziehen oder dem Kyoto-Protokoll zustimmen...
  • ANTWORT VON David F. Girard-diCarlo:
    Zum Kyoto-Protokoll: Europäische Länder werden große Schwierigkeiten haben, ihre 20-20-20-Zusicherung zu erfüllen. Österreich sowie jedes andere europäische Land hat die Ziele entsprechend dem Kyotoprotokoll für die Reduktion von CO2-Emissionen dramatisch verfehlt. Die Absage der USA zum Kyoto-Protokoll war keine Absage an die Standards, die unserer Meinung nach sehr wohl eingehalten werden sollen. Die USA stimmten deshalb dem Kyoto-Protokoll nicht zu, da sie dachten, die Standards seien unrealistisch. Dies stellte sich auch als richtig heraus. Ich kann nicht für einen zukünftigen Präsidenten sprechen, aber ich sage voraus, dass Obama bei einem Wahlsieg seine Irak-Politik auf die dortige Situation bezieht.
  • 12:23 müllbeutelCausa Palin: Ist es den Amerikanern wirklich so wichtig wer wieviel Geld für Kleidung ausgibt?
  • ANTWORT VON David F. Girard-diCarlo:
    Ich bezweifle, dass dieses Thema für viele Wähler wichtig ist. Besonders, wenn man sich im Vergleich geht dazu die Schwere der anderen Themen, um die es in diesem Wahlkampf geht, ansieht.
  • 12:24 karteileicheWie schätzen Sie als Lobbyist die Rolle der unterschiedlichen Lobbys im Wahlkampf ein? Können solche Gruppen eine Wahl entscheiden?
  • ANTWORT VON David F. Girard-diCarlo:
    Auf keinen Fall!
  • 12:26 modestusi regard mr. obama UNAMERICAN.. MacCain is the right choice. do you think the usa is stumbling into desasterous change?
  • ANTWORT VON David F. Girard-diCarlo:
    Es tut mir leid, Ihre Meinung hören zu müssen. Ich teile nicht die Meinung, dass Senator Obama "unamerikanisch" ist. Sowohl er als auf Senator McCain repräsentieren das Beste der USA. Sie haben unterschiedliche Ansichten, und bieten den Amerikanern eine klare Wahl.
  • 12:27 DiePresse.com.Moderator
  • 12:30 detroyesWieso sind Sie der Meinung, dass die Unpopularität von G.W.B. ungerechtfertigt ist?
  • ANTWORT VON David F. Girard-diCarlo:
    Ich glaube, dass die Entscheidung von Präsident Bush, in den Irak zu gehen und dort zu bleiben, bis die Verhältnisse im Irak für die Amerikaner akzeptabel sind, haben auf unfaire Art und Weise das internationale Image von Bush überdeckt. Ich möchte Sie daran erinnern, dass während seiner zweiten Amtszeit viele internationale Staatsmänner Bush sehr unterstützt haben. Aber die öffentliche Meinung in deren Ländern hat sich nicht geändert.
  • 12:34 thomas.s.Sehr geehrter Herr Botschafter! Denken Sie, ein landeskundiger Außenstehender, dass es in Österreich hinsichtlich des Nationalsozialismus noch gesellschaftlichen Aufarbeitungsbedarf gibt?
  • ANTWORT VON David F. Girard-diCarlo:
    Ich habe kein Recht dazu, für die Österreicher oder die österreichische Regierung zu sprechen. Meine Aufgabe ist es, für die USA zu sprechen, wenn dies angemessen ist.
  • 12:36 dobeDer latente Rassismus (besonders gegenüber Schwarzen) spielt in den USA ja nach wie vor eine nicht unbedeutende Rolle. Glauben Sie, dass ein eventueller Präsident Obama in der Bevölkerung auf Akzeptanz stoßen würde – ungeachtet dessen, dass er von einer Mehrheit der WählerInnen als Präsident legitimiert worden ist?
  • ANTWORT VON David F. Girard-diCarlo:
    Ich glaube, die Amerikaner werden jeden nächsten US-Präsidenten akzeptieren. Ich hoffe, dass Rasse kein negativer Faktor bei der Wahl kommende Woche sein wird. Als Amerikaner werde ich von ganzem Herzen sowohl Senator Obama als auch Senator McCain unterstützen, wenn sie die Wahlen gewinnen.
  • 12:37 featurecheckWenn sich die Wirtschaftskrise ein wenig beruhigt, hat McCain dann noch eine Chance zu gewinnen?
  • ANTWORT VON David F. Girard-diCarlo:
    Es bringt nie etwas, Voraussagen zu machen. Wir werden es sehr bald wissen. Ich überlasse die Prognosen den Medien.
  • 12:40 kaphiGab es Reaktionen aus Amerika wegen des großen Gewinns der Rechtpartein bei der Nationalratswahl?
  • ANTWORT VON David F. Girard-diCarlo:
    Die US-Medien haben auf die österreichischen Wahlen geachtet und darüber berichtet, aber es war eher ein Berichten der Fakten. Weil es noch keine Regierung gibt, wäre es voreilig, Schlüsse zu ziehen.
  • 12:45 irnik19Mr. Girard-diCarlo, wie erklären Sie sich die zumeist ablehnenden Haltung der europäischen Bevölkerung den USA gegenüber und wie sollte der neue Präsident dem gegenüber treten?
  • ANTWORT VON David F. Girard-diCarlo:
    Ein Teil der Antwort liegt in den Generationen. Es gibt viele Europäer, die Europa nur nach dem Fall der Sowjetunion kennen, und die sich nicht erinnern und verstehen, was für Opfer und Zugeständnisse die USA während und nach dem Zweiten Weltkrieg gebracht haben, um den Europäern zu helfen, ein sicheres und wohlhabendes Europa aufzubauen. Außerdem: Da sich viele Europäer heute bedroht fühlen, ist es einfach, die letzte Supermacht zu krisieren und zu attackieren. Das ist etwas, das wir verstehen, und das kommt mit unserer Rolle. Es sollte meiner Meinung nach eine andauernde Bemühung seitens der USA geben, Europa als wichtigsten strategischen Partner zu sehen. Wir teilen die gleichen Werte und Träume von Wohlstand und Friede. Die USA hätten gerne, dass Europa eine signifikantere politische Rolle spielt, um ein effektiver "Spieler" auf der Weltbühne zu sein.
  • 12:45 deis_joWas war Ihrer Meinung nach das Beste bzw. der größte Fehler den Präsident Bush in seiner Amtszeit begangen hat?
  • ANTWORT VON David F. Girard-diCarlo:
    Ich werde die Historiker dies entscheiden lassen.
  • 12:50 DiePresse.com.Moderator
  • 12:53 geibs2003Sind sich die amerikaner bewußt, dass durch die Wahl Obama´s das Image der USA positiv beeinflusst würde? Ich habe viele amerikanische Freunde, die nicht wirklich realisieren, dass die Staaten anderswo in der Welt derzeit eher belächelt werden. Wie sehen Sie das?
  • ANTWORT VON David F. Girard-diCarlo:
    Es ist immer traurig für mich zu erfahren, dass Menschen emotionale Beschreibungen wählen, um mein Land zu charakterisieren. Wir investieren eine enorme Menge an Geld und Humankapital (wobei auch unsere Männer und Frauen sterben) in dem Versuch, Wohlstand und Menschlichkeit auf der Welt einzurichten. Ich glaube nicht, dass man darüber lachen sollte. Ich warne die internationale Gemeinschaft, ihre Erwartungen an einen Präsidenten Obama zu hoch zu setzen. Wenn Senator Obama Präsident wird, wird es dem amerikanischen Volk verantwortlich sein. Das heißt, er muss eine Politik verfolgen, die im Interesse der Amerikaner liegt, und im aufgeklärten Selbstinteresse der Amerikaner. Dies wird auch internationale politische Themen betreffen. Ich sehe keinen neuen amerikanischen Präsidenten voraus, der Amerikas internationale Popularität an oberster Stelle setzt. Aber ich sehe einen neuen amerikanischen Präsidenten voraus, der versuchen wird, den Respekt für Amerika wieder zu heben. Der Respekt ist bei weitem wichtiger als die Popularität.
  • 12:54 DiePresse.com.ModeratorVielen Dank an Herrn Girard-diCarlo, dass er sich für unseren Chat heute Zeit genommen hat. Wie immer auch danke an alle User für die vielen Fragen.
  • 12:55 David F. Girard-diCarloHappy Halloween!

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