Geheimdienste sagen Machtverlust der USA voraus

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Der Dollar werde seine Rolle als Leitwährung verlieren, der Staat an politischer Macht einbüßen, urteilen die US-Geheimdienste. Als aufstrebende Konkurrenten für die USA gelten vor allem China und Indien.

Die USA werden nach Einschätzung der Geheimdienste des Landes über die kommenden beiden Jahrzehnte einen spürbaren wirtschaftlichen und politischen Machtverlust erleiden. "Die Vereinigten Staaten sind dann noch immer wichtigste Großmacht, aber weniger beherrschend", heißt es in einer am Donnerstag (Ortszeit) veröffentlichten Studie des Nationalen Geheimdienst-Rats "National Intelligence Council" (NIC), dem Zentrum für mittel- und langfristige Prognosen.

China auf der Überholspur

»Das internationale System wie es nach dem Zweiten Weltkrieg konstruiert wurde, wird 2025 beinahe nicht wiederzuerkennen sein.«

"Global Trends 2025"

Bis 2025 werden demnach die USA angesichts der Konkurrenz aufstrebender Staaten wie China oder Indien nur noch "einer von einer ganzen Reihe wichtiger Akteure auf der Weltbühne sein". Vor allem China wird eine mächtige und gewichtige Rolle im internationalen System zugetraut. Niemals zuvor hat der nur alle fünf Jahre veröffentlichte Bericht, der auf der weltweiten Befragung von Experten und Vorhersagen von Geheimdienst-Analysten beruht, eine solch pessimistische Perspektive für die Stellung der USA gegeben.

Finanzkrise als Beginn einer globalen Umgewichtung

Der US-Dollar werde seine Rolle als stärkste Währung der Welt verlieren, bis zu dem Punkt, wo er "der Erste unter Gleichen" sei. Die aktuelle Finanzkrise an der Wall Street gilt für die Verfasser der Studie als Beginn einer globalen wirtschaftlichen Umgewichtung. "Das internationale System, wie es nach dem Zweiten Weltkrieg konstruiert wurde, wird 2025 beinahe nicht wiederzuerkennen sein", heißt es in der rund 120-seitigen Prognose.

Die kommenden 20 Jahre des Übergangs seien voller Risiken, prophezeien die Analysten. Schuld daran sind die vielfältigen Machtveränderungen. China und Indien werden mit den USA an der Spitze einer multipolaren Welt stehen und um Einfluss kämpfen. Machtgewinn werde es zudem für die Türkei und Indonesien geben. Auch der Iran könnte eine zentrale Figur in einer neuen Weltordnung werden, wenn das Land seine theokratische Staatsform abstreife.

Aufflammende internationale Konflikte um Rohstoffe

Die Gründe für den Aufstieg neuer Mächte werden vor allem an der Globalisierung der Wirtschaft und einem historischen Transfer von Wohlstand und wirtschaftlicher Macht vom Westen in den Osten festgemacht. Der Abstand zwischen Industrie- und Entwicklungsländern werde sich zusehends verringern. Statt sich dem Westen anzupassen, hätten Länder wie Brasilien, Russland, China oder Indien sehr viel Freiheit, eigene politische Prioritäten zu setzen.

Doch gleichzeitig könnten verschwunden geglaubte Konflikte um Rohstoffe neu entflammen, warnt die Studie. Es könne zu Kriegen zwischen Staaten kommen, wenn Regierungen den Zugang etwa zu Energiequellen als überlebensnotwendig erachten, so die Befürchtung der Geheimdienste. Auch wachse die Gefahr eines Einsatzes von Atomwaffen auf Grund der weiten Verbreitung von Nukleartechnik.

Klimawandel stärkt Russland

Auch der Klimawandel wird in der Prognose-Studie behandelt. Nach Einschätzung der Geheimdienste werde sich die landwirtschaftlich nutzbare Saison in Russland und Kanada verlängern und den Zugang zu Ölvorkommen im hohen Norden erleichtern und damit die Wirtschaft beider Länder stärken. Russlands möglicher Aufstieg zur Weltmacht werde jedoch erschwert durch zögerliche Investitionen in den Energiesektor sowie die andauernde Kriminalität und die Korruption in Behörden.

Länder in Afrika und Südasien könnten laut Prognose unregierbar werden. Die Geheimdienstexperten warnen außerdem davor, dass das organisierte Verbrechen schließlich die Herrschaft in einem Staat in Ost- oder Mitteleuropa an sich reißen könnte. Den Namen des Landes nennt der Bericht nicht.

Schneller als geglaubt: al-Qaida wird zerfallen

Zumindest einen positiven Aspekt für die USA gibt es in der Studie, nämlich im Anti-Terror Kampf: Die Geheimdienste halten es für wahrscheinlich,  dass das Terrornetzwerk al-Qaida "schneller als die Leute glauben" zerfällt. In muslimischen Ländern werde al -Qaida immer unpopulärer, heißt es.

Bericht "Global Trends 2025"

Der NIC veröffentlicht den Bericht über globale Trends alle fünf Jahre. Dazu werden Hunderte Geheimdienst-Analysten und außenstehende Experten nach ihren Einschätzungen für die nahe Zukunft befragt. An dem Bericht "Global Trends 2025" wurde ein Jahr lang gearbeitet.

(Ag.)

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