Kriegsentschädigung: Deutschland verklagt Italien

Int. Gerichtshof in Den Haag
Int. Gerichtshof in Den HaagEPA/Robin Utrech
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Berlin will Forderungen nach Entschädigungen in Millionenhöhe für Verbrechen von Deutschen verhindern. Dazu wurde Italien vor dem Weltgerichtshof in Den Haag verklagt.

Der Streit zwischen Deutschland und der Justiz in Italien um individuelle Entschädigungen für Opfer von Nazi-Verbrechen beschäftigt Anfang des neuen Jahres den Weltgerichtshof in Den Haag. Mit einer ungewöhnlichen Völkerrechtsklage gegen den NATO- und EU-Verbündeten Italien, die einen Tag vor dem Heiligen Abend eingereicht wurde, will die Bundesregierung eine Welle von Forderungen nach Millionenentschädigungen für Verbrechen von Deutschen während des Zweiten Weltkrieges vor ausländischen Zivilgerichten verhindern.

Dafür soll der Internationale Gerichtshof (IGH) in Den Haag nach dem Willen Berlins die grundsätzliche Immunität des deutschen Staates vor italienischen und anderen ausländischen Justizorganen bekräftigen. Zudem soll der IGH eine Pfändung deutscher Guthaben in Italien für Wiedergutmachungszahlungen für unrechtmäßig erklären. Wann eine Entscheidung in der Sache erwartet werden kann, ist noch unklar. Zunächst werde die Zulässigkeit der Klage geprüft, hieß es am Wochenende in Den Haager Juristenkreisen. Erst danach könne das weitere Verfahren konkret festgelegt werden.

Deutschland hatte sich zu der Klage vor dem IGH entschlossen, nachdem das Oberste Gericht in Rom im Oktober neun Familien von Opfern eines 1944 verübten Massakers das Recht auf individuelle Entschädigungen durch die Bundesrepublik in Höhe von rund einer Million Euro zugesprochen hatte. Damals waren in der Toskana-Ortschaft Civitella mehr als 200 Menschen von Wehrmachtssoldaten ermordet worden.

Die Bundesrepublik sei "besorgt, dass Hunderte zusätzliche Fälle gegen sie vorgebracht werden", heißt es in der Klageschrift. Der Weltgerichtshof möge verbindlich erklären, dass Italien die Immunität Deutschlands missachtet habe, indem es derartige Zivilklagen gegen die Bundesrepublik zugelassen habe.

Bei dem Verfahren gehe es nicht um die moralische Verantwortung, zu der Deutschland sich stets bekannt habe, hieß es im Auswärtigen Amt in Berlin. "Die Klage ist kein Versuch einer Relativierung von Verbrechen", sagte ein Sprecher. Es sei aber nicht hinnehmbar, dass Deutschlands Staatenimmunität von ausländischen Zivilgerichten ignoriert wird. Nach diesem völkerrechtlichen Grundsatz kann kein Staat vor Gerichten anderer Länder verklagt werden.

Die Regierung in Rom unterstützt nach eigenem Bekunden die Anrufung des IGH durch Berlin. Der Klage ist als Dokument die gemeinsame deutsch-italienische Erklärung vom 18. November 2008 in Triest beigefügt. Darin hatte Rom die deutsche Entscheidung begrüßt, den Gerichtshof um eine Klarstellung zur Frage der Staatenimmunität zu bitten.

(APA)

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