Zentralasien: Russland baut Konkurrenz zur Nato auf

(c) AP (Alexander Zemlianichenko)
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Sieben Ex-Sowjet-Republiken bilden eine gemeinsame Eingreiftruppe. Hintergrund der Gründung der Militär-Einheit ist das Ringen um Einfluss in Zentralasien.

MOSKAU (ag.). Es sei eine Einheit „für den Fall von Bedrohungen“, erklärte Russlands Präsident Dmitrij Medwedjew unpräzise und weitläufig. Wie er diese Bedrohungen definiert? Drogenhandel, organisierte Kriminalität, Terror und „äußere Aggressionen“.

Letzteres macht für politische Beobachter deutlich, dass Moskau unter dem Deckmantel der „Organisation für Kollektive Sicherheit“ eine Konkurrenz zur Nato aufbauen will, um sich seinen Einfluss in Zentralasien zu sichern. Die Bekanntgabe der Gründung eines militärischen Arms der bisher nur für Konsultationen genutzten Organisation fand am Rande eines Treffens in Moskau statt.

Insgesamt werden sieben ehemalige Sowjetrepubliken Soldaten für die Errichtung der schnellen Eingreiftruppe stellen: Neben Russland sind das Armenien, Weißrussland, Kasachstan, Kirgistan, Tadschikistan und Usbekistan. Alle seien sich einig, dass eine solche Truppe notwendig sei, erklärte Medwedew. Einzelheiten über die Zusammensetzung nannte er nicht. Jedes Land soll zu Beginn zumindest ein Bataillon stellen.

Irans Atomreaktor wird hochgefahren

Hintergrund der Gründung der Militäreinheit ist das Ringen um Einfluss in Zentralasien, wo die drittgrößten Energiereserven der Welt vermutet werden. Wohl nicht ganz zufällig erfolgte die Bekanntgabe fast zeitgleich mit einem schweren strategischen Rückschlag für die USA in der Region: Die Regierung in Kirgistan beschloss, den amerikanischen Luftwaffenstützpunkt Manas zu schließen. Damit verlieren die Vereinigten Staaten nicht nur einen wichtigen Stützpunkt für Einsätze in Afghanistan, sondern auch eine weitere bedeutende Basis in der Region. Bereits 2005 ließ Usbekistan eine amerikanische Militäreinrichtung schließen. Kirgistans Entscheidung, den Vertrag nicht mehr zu verlängern, gilt als ein wichtiger Sieg Moskaus.

Die neue Eingreiftruppe dürfe von ihrem Kampfpotenzial her den entsprechenden Nato-Truppen nicht unterlegen sein, mahnte Medwedjew.

Auch im Atomstreit mit dem Iran provoziert Moskau. Russland kündigte gestern auch an, noch in diesem Jahr den Reaktor Bushehr im Iran hochzufahren. Dabei geht es um einen Test, der Reaktor geht noch nicht ans Netz. Bushehr könnte künftig eine zentrale Rolle in Irans umstrittenem Atomprogramm spielen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.02.2009)

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