Bulgarien: IS-Terrorzelle unter Roma-Minderheit ausgehoben

20 mutmaßliche Jihadisten wurden in mehreren Städten festgenommen, darunter auch ein bereits vorbestrafter Imam.

Bei der groß angelegten Anti-Terror-Razzia der bulgarischen Sicherheitskräfte am Dienstag ist nach Angaben eines Mitarbeiters der Sicherheitsagentur DANS eine IS-Terrorzelle ausgehoben worden. Die Aktion von DANS und Staatsanwaltschaft in Roma-Vierteln in mehreren Städten des Landes sei auf konkrete Angaben über Hintermänner der Terrorgruppe "Islamischer Staat" (IS) in Bulgarien zurückzuführen.

"Bei dem Einsatz konnte eine IS-Terrorzelle im Keim erstickt werden", teilte ein DANS-Mitarbeiter, der anonym bleiben wollte, der Sofioter Tageszeitung "Standard" (Mittwochausgabe) mit. Bei der Razzia am Dienstag wurden insgesamt mehr als 20 Verdächtige festgenommen, darunter auch der bereits vorbestrafte Imam aus der südbulgarischen Stadt Pazardschik, Achmed Mussa Achmed. Der bulgarische Geheimdienst hatte ihn zuvor beobachtet und verdächtigt ihn nun, nicht nur radikalen Islamismus in den Roma-Vierteln in Südbulgarien zu verbreiten, sondern auch die Rekrutierung von IS-Kämpfern in Syrien und im Irak vorbereitet zu haben.

Bei den Razzien wurden mehr als 40 Gebäude in den Roma-Vierteln von Pasardschik, Plowdiw, Assenowgrad, Smoljan und Haskowo in Südbulgarien durchsucht. Dabei wurden Bücher und Laptops beschlagnahmt und mehr als 100 Einwohner vernommen. Angenommen wird, dass Achmed Mussa Achmed und seine Anhänger via Internet einen aktiven Kontakt zum IS unterhalten haben. Noch sei nicht eindeutig nachgewiesen, dass sie Kämpfer für den IS rekrutiert oder Anschläge in einem EU-Land geplant haben, zitierte der bulgarische "Standard" den anonymen Geheimdienstmitarbeiter. Zu den Festgenommenen gehört auch der Imam im Roma-Viertel in Plowdiw, dem die Staatsanwaltschaft unter anderem vorwirft, illegalen Menschenschmuggel zu betreiben.

Der Hauptverdächtige Achmed Mussa Achmed ist seit Jahren Imam in der Abu-Bekir-Moschee im Roma-Viertel von Pasardschik. Die Moschee steht allerdings nicht unter der Obhut des Muftirats in Bulgarien und ist gar nicht als Gebetshaus im Immobilienregister der Stadt eingetragen, sondern als Privathaus.

In der bulgarischen Presse sickerten am Mittwoch Informationen über den 39-jährigen Geistlichen durch, der in den ersten Jahren nach der Wende 1989 ein passionierter evangelischer Pastor gewesen sein soll. 1995 reiste er als Gastarbeiter nach Österreich und konvertierte dort zum Islam. Nach einer Ausbildung an der muslimischen Schule in Sarnitza, Südbulgarien, und einem religiösen Studium in Ägypten war Mussa zehn Jahre lang Religionsgelehrter in Tschirpan, nahe Pasardschik.

2004 wurde er wegen Verbreitung radikaler Religionsliteratur in der von ihm gegründeten Abu-Bekir-Moschee in Pasardschik festgenommen. Es folgten eine dreijährige Bewährungsstrafe und im März desselben Jahres eine einjährige Freiheitsstrafe wegen Verbreitung religiösen Hasses und der Mitgliedschaft in der radikalen islamischen Organisation Al Waqf Al Islami (AWAI), die in den USA und der Europäischen Union als Terrororganisation eingestuft wird. Gegen das Urteil des Stadtgerichts in Pasardschik legte er Berufung ein und befand sich deshalb auf freiem Fuß. Der Staatsanwaltschaft liegen Informationen vor, dass Achmed Mussa Achmed auf einer Versammlung von Islamisten in Istanbul als "Verantwortlicher für die Verbreitung des Islams in allen Roma-Vierteln in Bulgarien" vorgestellt worden sei.

Über die Aktion am Dienstag will die Staatsanwaltschaft am Donnerstag eine Pressekonferenz in Sofia abhalten. Gleichzeitig soll Geheimdienstchef Wladimir Pissantschew das Parlament in einer Sitzung hinter geschlossenen Türen über die Razzia informieren.

(APA)

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