Nato-Generalsekretär kritisiert die Entsendung eines neuen russischen Konvois in die Ostukraine. Bündnis plant Eingreiftruppe.
Kiew. Der neue Nato-Generalsekretär, Jens Stoltenberg, hat am Montag Lieferungen Russlands in die Rebellengebiete der Ukraine verurteilt. Nach Angaben aus Kiew hatten am Sonntag 106 Fahrzeugen ohne Erlaubnis die Grenze überquert. Die Ukraine behauptet, diese Konvois würden Waffen und Munition an die prorussischen Rebellen liefern. Moskau spricht dagegen stets von humanitärer Hilfe. „Die beste humanitäre Hilfe wäre es aber, das Minsker Abkommen einzuhalten“,erklärte nun der Nato-Generalsekretär.
Stoltenberg schloss zugleich von Russland geforderte Garantien aus, dass die Ukraine kein Nato-Mitglied werde. Es gebe kein „Veto“ für Drittstaaten, sagte der Norweger. Sollte Kiew einen Aufnahmeantrag stellen, würde dieser zwischen Nato und eben der Ukraine verhandelt. Deutschland dagegen gilt als strikter Gegner eines ukrainischen Nato-Beitritts in näherer Zukunft. Nicht einmal der ukrainische Präsident behaupte, dass sein Land derzeit die Kriterien für einen Beitritt auch nur annähernd erfülle, teilte das deutsche Außenministerium mit.
Bei einem Außenministertreffen der Nato sollen heute die verunsicherten östlichen Mitglieder beruhigt werden: Konkret wird an einer Zwischenlösung für die schnelle Eingreiftruppe gefeilt, die bei dem Gipfel in Wales im September beschlossen wurde, aber erst 2016 voll einsatzfähig ist. Deutschland, die Niederlande und Norwegen wollen sich nun angeblich an einer Übergangslösung beteiligen. Wie berichtet, will die Nato eine 5000 Mann starke „High Readiness Force“ bilden, die im Ernstfall binnen zwei bis fünf Tagen in einen Konflikt eingreifen könne. Geplant sind weiters vermehrte Übungen und neue Stützpunkte mit Führungs- und Logistikexperten in Osteuropa. Zuletzt verstärkte die Nato auch ihre Luftraumüberwachung im Baltikum.
Russische Marine erhöht Präsenz
Russlands Vizeaußenminister Alexej Meschkow zeigte sich gestern empört über „die endlosen Militärübungen und die Verlegung von atomwaffenfähigen Flugzeugen in die baltischen Staaten“. Die Nato würde das Baltikum und Nordeuropa „destabilisieren“. Zugleich kündigte die russische Kriegsmarine eine Ausweitung ihrer Präsenz im nächsten Jahr an. Dies würde die „internationale Sicherheit“ erhöhen, teilte ein Sprecher mit. (ag./red.)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.12.2014)