Seit Beginn der Eurokrise ist die linke SYRIZA in Griechenland auf Erfolgskurs. Ihre Forderungen: ein Schuldenschnitt und ein Ende der von der EU diktierten Sparpolitik.
Bei der für den 25. Januar 2015 geplanten Neuwahl des griechischen Parlaments könnte die Stunde von SYRIZA schlagen: Die linke Protestbewegung liegt in aktuellen Umfragen vor der regierenden konservativen Partei Nea Dimokratia von Ministerpräsident Antonis Samaras. Alles andere als ein Wahlsieg des Linksbündnisses wäre eine Überraschung, meinen Wahlforscher in Griechenland. Der Vorsitzende von SYRIZA, Alexis Tspiras, spricht bereits jetzt von einem „historischen Tag“ für die Demokratie im schwer verschuldeten Euroland.
Historisch nicht nur deswegen, weil dann zum ersten Mal eine linksradikale Partei in Griechenland an die Macht käme, sondern auch, weil SYRIZA anders ist als die griechischen Großparteien: Entstanden ist das linke Bündnis als Graswurzelbewegung. Zuspruch findet ihr radikales Programm bei der Bevölkerung vor allem durch den Unmut über die strikten Sparmaßnahmen, die die internationalen Kreditgeber Griechenland auferlegt haben.
Hilfe für die 300.000 ärmsten Griechen
So will SYRIZA die Reformprogramme aufkündigen, geplante Privatisierungen stoppen und einen weiteren Schuldenschnitt erreichen: Der Rettungsplan der Troika aus EU, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfond werde schon in wenigen Tagen der Vergangenheit angehören, sagte der SYRIZA-Vorsitzende Tsipras am Montag nach der gescheiterten Präsidentenwahl.
Käme Tsipras' Partei im Januar tatsächlich an die Macht, würde sie wohl auch versuchen, ihre sogenannte „Thessaloniki-Agenda“ umzusetzen: Die Agenda sieht vor, Steuersenkungen und höhere Mindestlöhne einzuführen und allen Griechen kostenlose medizinische Versorgung ermöglichen. Überschuldeten Haushalten will die SYRIZA einen Krediterlass anbieten, 300.000 der ärmsten Familien sollen Lebensmittelmarken erhalten. Als Draufgabe will SYRIZA mit der Agenda 300.000 neue Jobs im öffentlichen und privaten Sektor schaffen.
Diese Versprechen ziehen bei den Griechen. Rekordarbeitslosigkeit und die harten Sparvorgaben seitens der Troika haben die politische Stimmung im Land erheblich verschärft; auch die gewalttätige neonazistische Bewegung „Goldene Morgenröte“ hat durch die Eurokrise Anhänger gefunden. Die wirtschaftliche und politische Instabilität macht es aber nicht nur den Griechen, sondern auch den ausländischen Gläubigern schwer: Die Auszahlung der letzten milliardenschweren Tranche an Hilfsgeldern für Griechenland wurde auf 2015 verschoben. Zu unsicher sind sich die Euroländer, wer dann in Griechenland am Verhandlungstisch sitzen wird.
Austritt aus dem Euro?
Falls der griechische Verhandlungspartner im Januar dann SYRIZA heißt, wäre das ein Erdbeben auf dem internationalen Parkett: „Keine von der SYRIZA geplanten Maßnahmen sind machbar, wenn Griechenland in der Eurozone bleibt“, sagt etwa der Ökonom Nicholas Economides von der New York University. Griechenlands Ministerpräsident Antonis Samaras wird bei „Spiegel Online“ mit drastischeren Worten zitiert: „All das führt zum Ausstieg aus der Eurozone“, sagt er über die Pläne des Linksbündnisses. Und das ist tatsächlich das größte Problem der SYRIZA: Sie selbst strebt keinen Austritt aus dem Euro an; doch ihre politischen Wünsche sind wohl unvereinbar mit den Richtlinien der Eurozone.
Ob der charismatische SYRIZA-Vorsitzende Tsipras – sollte es im Jänner so weit kommen – tatsächlich als aufrührerischer Regierungschef des Schuldenstaats auftreten würde, ist allerdings fraglich. Bereits der jetzige Ministerpräsident Samaras ging mit Anti-Spar-Parolen auf Stimmenfang; als oberstes Regierungsmitglied wurde der Konservativen-Politiker aber zu einem verlässlichen Partner auf europäischer Ebene. Gegenüber „Spiegel Online“ brachte auch der SYRIZA-Sprecher und Tsipras-Vertraute Panos Skourletis seine Partei in eine mildere Position: „Wir wollen nur eine Sache mit Europa verhandeln, und zwar, wie wir unsere Schulden erträglicher machen können.“
(eup/APA/Bloomberg)