Obamas Ölzweig fürs iranische Volk

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Kurswechsel in den USA, Friedensgruß aus Washington zum persischen Neujahrsfest. Neuerdings bemüht die US-Regierung Fremdsprachen, um ihre gute Absicht kundzutun.

WASHINGTON. Der Zeitpunkt für den Friedensgruß hätte nicht besser gewählt sein können. Pünktlich zu Frühlingsbeginn, der zugleich mit dem persischen Neujahrsfest Newroz zusammenfällt, überreichte US-Präsident Barack Obama den Mullahs im Iran symbolisch einen Ölzweig. Damit auch keine Missverständnisse über die Botschaft für einen Neuanfang aufkommen, war das Video aus dem Weißen Haus mit Untertiteln in Farsi versehen und schloss mit der Formel „Eid-eh Shoma Mobarak“. Neuerdings bemüht die US-Regierung Fremdsprachen, um ihre gute Absicht kundzutun.

Das Signal galt freilich weniger den Mächtigen in Teheran, als vielmehr dem iranischen Volk, das in weniger als drei Monaten bei den Präsidentenwahlen über die Richtung des schiitischen Gottesstaats entscheiden wird. Der Präsident bekräftigte damit ein Interview, das er kurz nach seinem Amtsantritt dem Sender „al-Arabiya“ gegeben hatte.

Darin hat er die Führung aufgefordert, die Fäuste zu lockern und die ausgestreckte Hand zu ergreifen. Und auch bei seiner Inaugurationsrede hatte er ganz allgemein ein neues Kapitel im Verhältnis zum Islam aufgeschlagen. Es ist eine klare Abkehr von der Parole der „Achse des Bösen“, mit der George W. Bush unter anderem auch den Iran punziert hatte.

Knüppel in der Tasche

Für das iranische Regime hatte er in der Vorwoche freilich noch ein anderes Signal parat: Routinemäßig verlängerte Obama die seit beinahe 30 Jahren, seit der Besetzung der US-Botschaft in Teheran, bestehenden Sanktionen um ein weiteres Jahr. Neben dem Ölzweig in der einen Hand haben die USA auch weiterhin den Knüppel in der Tasche. Vor allem Außenministerin Hillary Clinton hatte wiederholt Drohungen anklingen lassen.

Während sich die Amerikaner am Freitag noch über die Raffgier der Manager erregten und über den mitternächtlichen Talkshow-Auftritt des Präsidenten diskutierten, hatte Obama schon von der Innen- und Wirtschaftspolitik auf die Außenpolitik umgeschaltet. In seiner Video-Adresse würdigte er in einer Verbeugung die iranische Kultur und zitierte Shaadi, einen iranischen Poeten aus dem 13. Jahrhundert: „Adams Kinder sind durch ihre Glieder zusammengewachsen und aus einem Bestandteil.“

Gleichzeitig Geste Israels

In diesem Sinn wandte er sich an die Regierung in Teheran. „Meine Regierung fühlt sich der Diplomatie verpflichtet. Die USA wollen, dass der Iran seinen rechtmäßigen Platz in der Völkergemeinschaft einnimmt. Dieser Prozess wird durch Drohungen nicht befördert.“ Obama griff die Formel des „gegenseitigen Respekts“ auf, auf die der iranische Präsident Mahmoud Ahmadinejad stets pocht. Der US-Präsident appellierte an den Iran, dem Terror und der nuklearen Aufrüstung abzuschwören.

Dass Obama dies im Gleichklang mit Israels Präsident Schimon Peres tat, deutet auf eine konzertierte diplomatische Offensive. Peres hatte seine Botschaft sogar teils in Farsi vorgetragen und darin das iranische Volk in einem aggressiveren Ton als Obama aufgefordert, die Hassparolen Ahmadinejads zu negieren und das Regime zu stürzen. Peres wies insbesondere den Antisemitismus des iranischen Präsidenten in die Schranken.

Die Auslöschung Israels ist Staatsdoktrin des Mullah-Regimes. Der Iran gilt als Hauptsponsor der Terrororganisationen Hamas und Hisbollah, die sich die Vernichtung Israels auf die Banner geschrieben haben. Vor diesem Hintergrund haben die nuklearen Ambitionen Teherans im Westen schlimmste Befürchtungen ausgelöst. Seit Jahren versuchen die USA und die EU in gemeinsamen Verhandlungen den Iran von seinem Atomprogramm abzubringen. Zuletzt hat der US-Präsident sich darum bemüht, Russland stärker in die Iran-Gespräche einzubinden.

Größere Perspektive

Obamas Außenpolitik hat indes eine größere Perspektive im Auge. Iran gilt den USA – neben Pakistan und Indien – als Schlüsselstaat im regionalen Ansatz Washingtons zur Stabilisierung Afghanistans. Das fragile Staatsgebilde am Hindukusch hat für die USA oberste Priorität. Erst neulich hat der Präsident die Frage, ob der Krieg in Afghanistan zu gewinnen sei, mit einem lapidaren „Nein“ beantwortet. Mit einer massiven Verstärkung der US-Truppen und von zivilen Aufbauhelfern soll zumindest die unmittelbare Terrorgefahr gebannt werden. Die Wahlen in Afghanistan im August sind ein Praxistest für die US-Strategie.

So wie Obama den Kontakt zum Iran sucht, so will er sich auch Gesprächen mit den Taliban nicht verschließen. Die Dialogbereitschaft und der Wille zur internationalen Kooperation unterscheidet die Obama-Regierung markant von der Ära Bush. Vom ersten Tag an hat Obama mit einer vielfach symbolischen Politik – etwa die Ankündigung zur Schließung Guantanamos – einen Bruch vollzogen. Die Bestellung des Nahost-Sonderbotschafters George Mitchell und eine Öffnung gegenüber Syrien hat Hoffnungen auf ein stärkeres diplomatisches Engagement der USA im Nahost-Friedensprozess geweckt.

Obamas Außenpolitik ist von festen Prämissen und großer Rhetorik geprägt. Die Realpolitik tastet sich allerdings nur zögerlich nach vor. Nach zwei Monaten Amtszeit zeichnen sich erste Konturen ab. Zu sehr nimmt die Innenpolitik den Präsidenten in Anspruch.

CHRONIK

Die lange Geschichte der schwierigen Beziehungen zwischen den USA und dem Iran:
19. August 1953: In einer CIA-Operation wird der beliebte Ministerpräsident Mohammed Mossadegh aus dem Amt entfernt.

4.11.1979 bis 20.01.1981:Studenten besetzen die US-Botschaft in Teheran und halten 52 Diplomaten 444 Tage gefangen.

23. Oktober 1983: Anschlag auf ein Gebäude der US-Marines in Beirut, 241 Marines sterben. Die USA beschuldigen den Iran, hinter dem Anschlag zu stecken.

20. Dezember 1983: Sondergesandter Donald Rumsfeld besucht in Bagdad Diktator Saddam Hussein. Der Iran verzeiht den USA die Unterstützung des Erzfeinds Irak im Irak-Iran-Krieg nie.

3. Juli 1988: Abschuss des iranischen Airbus Iran Air 655 über dem Persischen Golf durch das US-Kriegsschiff USS Vincennes, 290 Menschen sterben.

August 2003: Brief von Präsident Mohammed Khatami mit einem Gesprächsangebot.

19. März 2009: Gesprächsangebot Obamas an den Iran in einer Videobotschaft, im Internet ist der Text auf Farsi erhältlich.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.03.2009)

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