Ankara mit Paris im Clinch

Türkei hatte geflohene Terrorverdächtige Boumeddiene im Visier. Doch Frankreich habe Informationen vorenthalten.

Istanbul. Offiziell lobte der türkische Ministerpräsident, Ahmet Davutoğlu, am Sonntag die „perfekte Kooperation“ der Geheimdienste zwischen seinem Land und Frankreich. Doch hinter den Kulissen gibt es Ärger. Türkischen Medienberichten zufolge hat möglicherweise mangelhafte Kommunikation die Festnahme der Terrorverdächtigen Hayat Boumeddiene verhindert.

Die 26-jährige Lebensgefährtin von Amedy Coulibaly, dem Geiselnehmer in dem jüdischen Pariser Supermarkt, konnte sich nach Syrien absetzen. Am 2.Jänner reiste sie den Berichten zufolge mit einem männlichen Begleiter namens Mehdi S. über Madrid nach Istanbul, wo sie auf dem Flughafen Sabiha Gökcen landete. An der Passkontrolle erregte das Paar mit „auffälligem Verhalten“ die Aufmerksamkeit der türkischen Sicherheitsbehörden; worin dieses Verhalten bestand, ging aus den Berichten nicht hervor.

Agenten des türkischen Geheimdienstes MIT überwachten Boumeddiene und S., die zwei Tage in einem Hotel im Stadtteil Kadiköy verbrachten und sich eine türkische Handykarte zulegten. Die beiden reisten dann nach Sanliurfa in der Nähe der syrischen Grenze. Der MIT überwachte das Handysignal und stellte Tage später fest, dass sich das Telefon in Syrien befand. Viele Iihadisten reisen über die 900 Kilometer lange Grenze von der Türkei aus nach Syrien ein. Türkische Geheimdienstkreise ließen sich nun mit den Worten zitieren, die französischen Dienste hätten der Türkei keine Angaben über Boumeddiene gemacht, obwohl die Frau auf einer Liste von Verdächtigen gestanden habe.

Westliche Partner fordern Ankara seit Monaten auf, die Kontrollen entlang der Grenze zu Syrien zu verstärken. Und die Türkei beschwert sich zugleich, dass westliche Geheimdienste erst mit Informationen über mutmaßliche Jihadisten knausern – und sich dann empören, dass diese in der Türkei nicht gefasst werden. Davutoğlu sagte, wenn keine Informationen über einen Verdächtigen vorliegen, könne man ihn schlecht aufhalten,

Nach Regierungsangaben stehen bereits über 7000 Namen auf einer Liste mutmaßlicher Jihadisten, denen die Einreise in die Türkei verweigert werde. Der Name Hayat Boumeddiene fehlte. (güs)

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("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.01.2015)

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