Frankreich: "Held von Paris" eingebürgert

Der 24-jährige Migrant versteckte beim Angriff eines Islamisten auf einen jüdischen Supermarkt in Paris viele Kunden in einem Kellerraum.

Der nach der Geiselnahme in einem jüdischen Supermarkt in Paris als Held gefeierte junge Malier Lassana Bathily ist in Frankreich eingebürgert worden. Premierminister Manuel Valls überreichte am Dienstagabend bei einer feierlichen Zeremonie in Paris einen französischen Pass an den 24-jährigen Supermarkt-Angestellten. Er hatte während der blutigen Geiselnahme durch einen islamistischen Angreifer Kunden versteckt. Der praktizierende Muslim, der als 16-Jähriger nach Frankreich gekommen war, zeigte sich "sehr stolz und tief bewegt".

Freitag war Tag zwei nach dem Attentat auf das Redaktionsteam des Pariser Satiremagazins "Charlie Hebdo": Zwei Geiselnahmen spielten sich bis kurz nach 17 Uhr in und um Paris ab. Dann kam es beinahe zeitgleich zu Zugriffen durch Polizeieinheiten; die Geiselnahmen endeten. Die beiden mutmaßlichen "Charlie Hebdo" Attentäter sind dabei ebenso ums Leben gekommen wie jener Mann, der am Donnerstag eine Polizistin erschossen hatte. >> Der Live-Ticker in der Nachlese (c) REUTERS (ERIC GAILLARD)

In Dammartin-en-Goële, einer kleinen Stadt in der Nähe des Pariser Flughafens Charles de Gaulle, fand die erste Geiselnahme statt: Hier hatten die mutmaßlichen "Charlie Hebdo"-Attentäter eine Geisel genommen. (c) APA

In dem Fabriksgebäude einer Druckerei hielten die gesuchten Brüder Chérif und Saïd Kouachi einen Angestellten der Druckerei fest. Die Polizei umstellte das Gebäude, zahlreiche Hubschrauber überflogen das Gelände. (c) APA/EPA/YOAN VALAT (YOAN VALAT)

Den Kouachi-Brüdern wird der Anschlag auf die Redaktion der Satirezeitung "Charlie Hebdo" zugeschrieben: Chérif (li.) und Saïd (re.) Kouachi benutzten mehrere Fluchtwagen, um aus Paris zu entkommen. >> Zur Chronologie des "Charlie Hebdo"-Attentats (c) APA/EPA/FRENCH POLICE / HANDOUT (FRENCH POLICE / HANDOUT)

Um ca. 17 Uhr kam es schließlich zum Zugriff auf das Fabriksgebäude, in dem sich die zwei mutmaßlichen Attentäter sowie ihre Geisel befanden. Die zwei Geiselnehmer kamen dabei um, die Geisel konnte befreit werden. (c) imago/PanoramiC (imago stock&people)

Den ganzen Tag über flogen Helikopter über das Industriegebiet. (c) APA/EPA/ETIENNE LAURENT (ETIENNE LAURENT)

Das Mobilfunknetz in Dammartin-en-Goëlewar tagsüber abgeschaltet worden, berichteten Anrainer auf Twitter. Im Bild das Industriegelände, auf dem sich die Geiselnahme abspielte. (c) REUTERS (PASCAL ROSSIGNOL)

Der Medienandrang war groß. Die französische Polizei hatte gebeten, keine Bilder von dem Großeinsatz zu zeigen. Man wollte dadurch vermeiden, dass die Terroristen womöglich wissen würden, wo sich die Sicherheitskräfte positionierten, hieß es am Freitag auf einer Facebook-Seite der französischen Sondereinheit GIPN. (c) REUTERS (ERIC GAILLARD)

Auch ein weiterer Attentäter - jener Mann, der am Donnerstag in Paris eine Polizistin erschossen hatte - wurde von der Polizei aufgespürt. Er hatte sich in einen jüdischen Supermarkt geflüchtet und hielt dort mindestens fünf Geiseln fest. (c) REUTERS (CHARLES PLATIAU)

Am Nachmittag machten sich Einsatzkräfte der Polizei bereit für einen Zugriff auf den Supermarkt, in dem die Geiselnahme stattfand. Die Erstürmung fand dann schließlich fast zeitgleich mit jener in Dammartin-en-Goële um etwa 17 Uhr statt. Der Mann, der die Geiseln in dem Geschäft gehalten hatte, kam dabei um; mindestens drei Geiseln kamen ums Leben. (c) imago/Haytham Pictures (imago stock&people)

Berichte über möglich Tote vor dem Zugriff durch die Polizei wurden immer wieder dementiert. Das Geschäft befindet sich unweit der U-Bahn-Station Porte de Vincennes. Französische Medien berichteten, der Geiselnehmer habe beim Betreten des Laden gerufen: "Ihr wisst, wer ich bin." (c) REUTERS (CHARLES PLATIAU)

Die Polizei veröffentlichte einen Fahndungsaufruf nach einem 32-jährigen Mann und einer 26-jährigen Frau, die in die Schießerei mit der Polizistin auf einer Straße im Süden von Paris verwickelt sein sollen. Es handelt sich um Amedy Coulibaly (32) und Hayat Boumeddiene (26). Coulibaly soll bei der Beendigung der Geiselnahme umgekommen sein. Boumeddienes Aufenthaltsort ist im Moment nicht klar.Nach einem Bericht des Magazins "Le Point" sollen alle vier Verdächtigen Personen Mitglieder derselben Terrorgruppe, dem "Buttes-Chaumont-Netzwerk", gewesen sein, das Kämpfer nach Syrien und in den Irak geschickt hat. (c) APA/EPA/FRENCH POLICE / HANDOUT (FRENCH POLICE / HANDOUT)

Die Straßen um die Porte de Vincennes wurden am Nachmittag weitgehend abgeriegelt. Auch die U-Bahn fuhr auf manchen Linien zeitweise nicht, jüdische Geschäfte wurden aufgefordert, zur Sicherheit zu schließen. (c) imago/PanoramiC (imago stock&people)

Während des Tages war die Stimmung in Paris  angespannt. In der Nähe des koscheren Geschäfts, in dem die Geiselnahme stattfand, ereignete sich diese Szene, als Polizisten einen Motorroller stoppten. (c) REUTERS (YOUSSEF BOUDLAL)

Die zwei Personen auf dem Roller mussten sich auf den Boden legen. Weitere Details zu diesem Zwischenfall gibt es nicht. (c) REUTERS (YOUSSEF BOUDLAL)

Innenminister Bernard Cazeneuve würdigte bei der Einbürgerungs-Zeremonie den "Mut" und die "Bescheidenheit" des 24-Jährigen. Bathily habe "sich in dramatischen Umständen als mutiger Bürger" erwiesen. Er sei zudem "ein Symbol eines friedfertigen und toleranten Islam" geworden. Valls wünschte dem Supermarkt-Mitarbeiter, dass er bald wieder ein "normales Leben" führen könne.

"Habe keine Juden, habe Menschen versteckt"

Bathily hatte beim Angriff des Islamisten Amédy Coulibaly auf den jüdischen Supermarkt "Hyper Casher" im Osten von Paris am 9. Jänner Kunden in einem Kühl- und einem Tiefkühlraum im Untergeschoss versteckt. Später flüchtete der junge Malier aus dem Supermarkt. Polizisten nahmen den 24-Jährigen zunächst fest - sie wollten sichergehen, dass er kein Komplize des Geiselnehmers war. Dann half Bathily den Einsatzkräften der Polizei, sich ein Bild von der Lage im Inneren des Geschäfts zu machen. Bei der Erstürmung des Supermarkts wurde Coulibaly, der zuvor vier Menschen getötet hatte, von der Polizei erschossen.

Bathily arbeitete seit vier Jahren in dem "Hyper Casher", im Juli 2014 stellte er einen Antrag auf die französische Staatsbürgerschaft. Nach der "Heldentat" des jungen Mannes ordnete das Innenministerium an, den Antrag im Eilverfahren zu behandeln. Zuvor hatten Frankreichs Staatschef François Hollande und der israelische Regierungschef Benjamin Netanyahu dem jungen Mann für seinen Einsatz gedankt. Bathily hat wiederholt betont, dass Religion für ihn bei der Rettungsaktion keine Rolle gespielt habe. Der Nachrichtenagentur AFP sagte er vergangene Woche: "Ich habe keine Juden versteckt, ich habe Menschen versteckt."

Bathily (rechts) mit Premier Valls und Innenminister Cazeneuve. (c) EPA (Ian Langsdon)

(APA/AFP)