Nigeria verschiebt Wahlen wegen Islamistenmiliz Boko Haram

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Das Militär brauche mehr Zeit, um von Boko Haram kontrollierte Gebiete zu sichern, erklärte die Wahlkommission. Die Opposition ist empört.

Wegen des gewaltsamen Vormarsches der Islamistenmiliz Boko Haram sind die Präsidentschafts- und Parlamentswahlen in Nigeria verschoben worden. Statt wie geplant am kommenden Samstag sollen sie nun am 28. März stattfinden, wie die Wahlkommission am Wochenende mitteilte. Experten bezweifelten allerdings, dass die Islamisten innerhalb von sechs Wochen besiegt werden können. Nigeria und seine Nachbarländer beschlossen unterdessen die Bildung einer 8.700 Mann starken Eingreiftruppe.

Das Militär brauche mehr Zeit, um von Boko Haram kontrollierte Gebiete zu sichern, erklärte Wahlkommissions-Chef Attahiru Jega zur Begründung für die Verschiebung des Urnengangs. Die Sicherheit der Wähler, Wahlbeobachter und -helfer könne derzeit nicht garantiert werden. Auch die Gouverneurswahlen wurden verschoben, sie sollen nun am 11. April stattfinden. Die Extremisten von Boko Haram kontrollieren weite Teile des Nordosten Nigerias. In drei Teilstaaten wäre es daher für Hunderttausende Wähler unmöglich, ihre Stimme abzugeben.

Bei dem Urnengang hofft Präsident Goodluck Jonathan auf ein Mandat für eine zweite Amtszeit; insgesamt bewerben sich 14 Kandidaten für das Präsidentenamt. Der nationale Sicherheitsberater Sambo Dasuki hatte bereits am 22. Jänner eine Verschiebung der Wahl um "mindestens sechs Wochen" gefordert. Experten wie der Afrika-Analyst Ryan Cummings von der Risikoberatungsfirma Red24 wiesen darauf hin, dass Boko Haram seit sechs Jahren aktiv sei und niemals in sechs Wochen bezwungen werden könne.

Opposition: "Großer Rückschlag für Demokratie"

Die Oppositionspartei APC bedauerte die Wahlverschiebung als "provokant". APC-Chef John Odigie-Oyegun sprach von einem "großen Rückschlag für die Demokratie". Gleichzeitig rief er die Nigerianer zur Ruhe und zum Verzicht auf Gewalt auf.

US-Außenminister John Kerry zeigte sich "zutiefst enttäuscht" über die Verschiebung der Wahlen. Eine politische Beeinflussung der nationalen Wahlkommission sei nicht akzeptabel, die Regierung dürfe Sicherheitsbedenken nicht als "Vorwand für eine Behinderung demokratischer Prozesse" missbrauchen, erklärte er. Nun sei es wichtig, dass es keine weiteren Verzögerungen gebe.

Boko Haram hatte in den vergangenen Monaten in Dutzenden Städten und Dörfern im Nordosten des Landes die Kontrolle übernommen. Hunderttausende Menschen sind vor den Gräueltaten der islamistischen Gruppierung geflohen. Boko Haram kämpft für einen islamischen Staat im mehrheitlich muslimischen Norden Nigerias. Seit dem Jahr 2009 tötete die Gruppe bei Angriffen auf Polizei, Armee, Kirchen und Schulen nach offiziellen Angaben mehr als 13.000 Menschen.

In den vergangenen Wochen verstärkte die nigerianische Armee mit Unterstützung durch Soldaten aus dem Tschad, Kamerun und aus dem Niger den Kampf gegen die Islamisten. Nigeria und seine Nachbarländer Benin, Niger, Kamerun und Tschad beschlossen am Samstag die Schaffung einer regionalen Eingreiftruppe aus 8.700 Soldaten, Polizisten und Zivilisten im Kampf gegen Boko Haram. In einem Beschluss der Afrikanischen Union war zuvor von einer 7500 Mann starken Eingreiftruppe die Rede gewesen.

Boko Haram drang in Nachbarstaaten vor

Im jüngster Zeit war die Miliz auch auf Gebiete der Nachbarstaaten vorgedrungen - so griff sie am Freitag erstmals zwei Städte im Niger an. Die Offensive wurde jedoch von der nigrischen Armee mithilfe von tschadischen Soldaten zurückgeschlagen. Am Sonntag folgte aber ein zweiter Angriff. Die Armee habe die Angreifer in dem grenznahe Ort Diffa zurückschlagen, hieß es erneut. An einer nahe gelegenen Brücke, die nach Nigeria führt, hielten die Gefechte aber noch an. Anrainer berichteten, auf dem Hauptmarkt von Diffa sei eine Bombe explodiert. Es seien aber kaum noch Menschen auf den Straßen gewesen, weil sie sich bereits vor den Kämpfen in Sicherheit gebracht hätten. Über Tote und Verletzte lagen zunächst keine Berichte vor.

(APA)

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