Dritter Versuch eines Friedensplans

Das Minsk II-Abkommen baut in wesentlichen Punkten auf dem nie umgesetzten ersten Minsker Protokoll auf, dieses wiederum auf dem "Poroschenko-Plan".

Bis zum Mittwoch war nicht einmal sicher gewesen, ob der Minsker Gipfel überhaupt stattfinden würde. Nun hat man sich Donnerstagvormittag immerhin auf einen Minimalkonsens geeinigt. Inhaltlich beruht es stark auf dem ersten, allerdings nie umgesetzten Minsker Protokoll vom 5. September 2014 und dem dazugehörigen Minsker Memorandum vom 19. September 2014. Freilich haben sich mittlerweile die Voraussetzungen "am Boden" geändert, vor allem durch massive Geländegewinne der Separatisten.

Hier das "Minsk II-Akommen" im Wortlaut:

Minsk II-Abkommen vom 12. Februar 2015

1. Immediate and complete ceasefire in Donetsk and Luhansk regions of Ukraine to be strictly implemented starting from 00:00 on February 15.

2. Parallel withdrawal of all heavy weaponry of over 100mm caliber by both sides in order to create a 50km security zone. Multiple rocket launcher systems to be withdrawn to create a security zone of 70km. Tornado, Uragan and Smerch rocket systems and Tochka tactical rocket systems to be withdrawn to create a security zone of 140km. Ukrainian forces are to withdraw from the current line of contact. Militant forces are to withdraw from the demarcation line established by the 19 September 2014 Minsk memorandum.  

Withdrawal of all heavy weaponry to begin not later than the second day following the ceasefire, and must be completed within 14 days. The OSCE monitoring mission will oversee this process of heavy weapons withdrawal with support from the trilateral contact group.

3. The OSCE monitoring mission should monitor and verify adherence to the ceasefire regime using all available tools including satellites and drones.

4. On the same day that the withdrawal of heavy weapons begins, a dialogue must start to prepare for local elections in Donetsk and Luhansk regions in accordance with Ukrainian legislation and Ukrainian laws on the temporary status of Luhansk and Donetsk regions. Dialogue must also begin to address the future status of these regions. 

Within 30 days of the signing of the declaration, Ukraine's parliament must adopt a law identifying the territory which falls under the terms of the temporary status of Donetsk and Luhansk regions. The territory should be based on the demarcation line established in the 19 September 2014 Minsk memorandum. 

5. An amnesty must be introduced to prevent prosecution or punishment for those connected with events in Donetsk and Luhansk regions.

6. All hostages and detainees to be released in prisoner exchanges based on the 'all for all' principle. This process must be completed on the fifth day following the complete withdrawal of heavy weaponry at the latest. 

7. Access to humanitarian aid must be facilitated in line with international norms.

8. Steps must be taken to reintroduce social and economic support infrastructure in Luhansk and Donetsk regions including pensions, communal services and tax services within Ukrainian jurisdiction. In order to achieve this, Ukraine will resume banking system services in the Luhansk and Donetsk regions.  

9. Control of the Ukrainian state border in the conflict zone must be returned to the Ukrainian government on the first day following local elections in the conflcit zone and following implementation of point 11 of the Minsk memorandum governing Ukrainian constitutional reform.

10. Withdrawal of all international armed units, military equipment and mercenary forces from the territory of Ukraine under the supervision of the OSCE monitoring mission. Disarming of all illegal units and armed groups.

11. Constitutional reforms must establish a new Ukrainian constitution by the end of 2015 which includes clauses allowing for the decentralization of power and recognizes the specific status of Donetsk and Luhansk regions in agreement with representatives of these regions. Legislation must also be adopted to reflect the special status of the Donetsk and Luhansk regions by the end of 2015. 

12. Under the auspices of the Ukrainian law on the temporary status of Donetsk and Luhansk regions, all issues regarding local elections to be discussed and agreed together with representatives of Donetsk and Luhansk regions within the framework of the trilateral contact group (Ukraine, Russian and representatives of the so-called Donetsk and Luhansk People's Republics). Local elections to be carried out in line with OSCE standards and under the supervision of the OSCE's Office for Democratic Institutions and Human Rights. 

13. Increase the work of the trilateral contact group by establishing working groups to manage the implementation of each relevant point of the Minsk memorandum. These working groups will reflect the composition of the trilateral contact group.

Quelle: Ukraine crisis media center

Im folgenden das Minsker Protokoll vom 5. September 2014. Auch dieses wurde von den Separatistenführern von Donezk und Luhansk unterzeichnet, allerdings nicht umgesetzt. Das diesem folgende Memorandum vom 19. September setzte sich mit der konkreten Implementierung auseinander.

Das Minsker Abkommen vom 5. September 2014

"Ausgehend von den Ergebnissen der Begutachtung und Diskussion der Vorschläge, die von den Teilnehmern der Konsultationen in Minsk am 1. September 2014 eingebracht wurden, hat die Dreiseitige Kontaktgruppe bestehend aus Vertretern der Ukraine, der Russischen Föderation und der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa ein Einverständnis erreicht bezüglich der Notwendigkeit der Umsetzung folgender Schritte:

  1. Gewährleistung eines sofortigen beidseitigen Waffenstillstandes.
  2. Gewährleistung der Überwachung und Überprüfung des Waffenstillstands durch die OSZE.
  3. Durchführung einer Dezentralisierung der Macht, u. a. durch die Verabschiedung des ukrainischen Gesetzes "Über die befristete Ordnung der lokalen Selbstverwaltung in bestimmten Bezirken der Regionen Donezk und Luhansk" (Gesetz über den besonderen Status).
  4. Gewährleistung einer permanent aktiven Überwachung der ukrainisch-russischen Staatsgrenze und ihre Überprüfung von Seiten der OSZE durch die Schaffung einer Sicherheitszone in den grenznahen Gebieten der Ukraine und der RF [Russischen Föderation].
  5. Unverzügliche Freilassung aller Geiseln und gesetzwidrig festgehaltenen Personen.
  6. Verabschiedung eines Gesetzes über die Nichtzulassung von Verfolgung und Bestrafung von Personen im Zusammenhang mit den Ereignissen, die in einzelnen Bezirken der Regionen Donezk und Luhansk in der Ukraine stattgefunden haben.
  7. Fortführung des inklusiven gesamtnationalen Dialogs.
  8. Verabschiedung von Maßnahmen zur Verbesserung der humanitären Lage im Donbass.
  9. Gewährleistung der Durchführung vorgezogener Lokalwahlen im Übereinstimmung mit dem ukrainischen Gesetz "Über die befristete Ordnung der lokalen Selbstverwaltung in bestimmten Bezirken der Regionen Donezk und Luhansk" (Gesetz über den besonderen Status).
  10. Abzug der ungesetzlichen bewaffneten Einheiten, Militärgeräte sowie der Kämpfer und Söldner aus dem Gebiet der Ukraine.
  11. Verabschiedung eines Programms zum wirtschaftlichen Wiederaufbau des Donbass und Wiederherstellung der Lebensfähigkeit der Region.
  12. Sicherstellung der Garantie der persönlichen Sicherheit der Teilnehmer der Konsultationen."

Quelle: bdb

Dieses Protokoll wiederum geht in vielen Punkten auf den sogenannten "Poroschenko-Plan" zurück, eine Zusammenstellung von 15 Punkten, die der frisch gewählte ukrainische Präsident im Juni vorlegte, die allerdings im Detail nicht so genau ausgeführt war.

Der Poroschenko-Plan

Mit einem Friedensplan will der ukrainische Präsident Petro Poroschenko die Ostukraine wieder zur Ruhe bringen. Dazu hat er am 20. Juni eine einseitige, einwöchige Feuerpause angeordnet und einen 15-Punkte-Plan folgenden Inhalts in Kraft gesetzt:

1. Sicherheitsgarantien für alle Teilnehmer an Verhandlungen

2. Befreiung von strafrechtlicher Verfolgung derjenigen, die die Waffen niederlegen und keine schweren Verbrechen begangen haben

3. Freilassung von Gefangenen

4. Schaffung einer Pufferzone von zehn Kilometern an der russisch-ukrainischen Grenze; Abzug illegal bewaffneter Formierungen

5. Garantierter Korridor für den Abzug russischer und ukrainischer Söldner

6. Entwaffnung

7. Schaffung von Einheiten innerhalb der Struktur des Innenministeriums für die Absicherung gemeinsamer Patrouillen

8. Freigabe illegal besetzter administrativer Gebäude in den Donezker und Lugansker Gebieten

9. Wiederherstellung der Tätigkeit der örtlichen Machtorgane

10. Wiederaufnahme der zentralen Fernseh- und Radioübertragung in den Donezker und Lugansker Gebieten

11. Dezentralisierung der Macht (durch die Wahl von Komitees, Schutz der russischen Sprache, Projekt einer Verfassungsänderung)

12. Absprache der Gouverneure mit den Vertretern der Krisenregion Donbass vor Wahlen (Einigung auf eine Kandidatur, bei Uneinigkeit trifft der Präsident die Entscheidung)

13. Vorgezogene Kommunal- und Parlamentswahlen

14. Programm für die Schaffung von Arbeitsplätzen in der Region

15. Wiederaufbau von Industrieobjekten und sozialer Infrastruktur.

Quelle: DPA

(Red.)

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