Ostukraine: Tote bei Maidan-Gedenkmarsch

Grund der Detonation soll ersten Ermittlungen zufolge ein selbst gebauter Sprengsatz gewesen sein.
Grund der Detonation soll ersten Ermittlungen zufolge ein selbst gebauter Sprengsatz gewesen sein.(c) imago/ITAR-TASS (imago stock&people)
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Bei einer Gedenkfeier in der Stadt Charkow wurden bei einer Explosion zwei Menschen getötet. Indes wurde am Sonntag mit dem Abzug schwerer Waffen aus der Ostukraine begonnen.

Bei der Detonation während einer Gedenkfeier in Charkow anlässlich der Maidan-Porteste vor einem Jahr wurden zwei Menschen getötet, etwa zehn wurden verletzt. Der Sprengsatz sei aus einem fahrenden Auto in die Menschenmenge geworfen worden. Indes einigten sich Separatisten und Regierungseiheiten schriftlich auf den Abzug schwerer Waffen, der am Sonntag begann.

Das Innenministerium stufte die Explosion als Terroranschlag ein. Die Hintergründe waren aber zunächst unklar. Schon mehrfach war es in Charkow, der zweitgrößten Stadt des Landes, und in anderen mehrheitlich russischsprachigen Städten zu Anschlägen gekommen, bei denen meist nur Sachschaden entstanden war. >> Zum Artikel

Minsker Friedensvereinbarung

Vor zehn Tagen hatten Kiew und die Rebellen nach langen Verhandlungen ein Abkommen unterzeichnet, in dem neben einer Waffenruhe der Abzug der schweren Waffen, die Einrichtung einer Pufferzone und ein Gefangenenaustausch vereinbart wurden.

Demnach sollte der auf zwei Wochen terminierte Abzug eigentlich bereits begonnen haben. Allerdings hatte auch ein Vorstoß der prorussischen Aufständischen auf die strategisch wichtige Stadt Debalzewo dies verhindert.

Dutzende Gefangene ausgetauscht

Die Waffenruhe wird seither immer wieder gebrochen, am Samstag tauschten beide Seiten aber an der Frontlinie etwa 190 Gefangene aus - 139 ukrainische Soldaten und 53 prorussische Separatisten.

Gefangenenaustausch unter Sternenhimmel.
Gefangenenaustausch unter Sternenhimmel.(c) APA/EPA/ANDREI LEBLE (ANDREI LEBLE)

Die Aktion ist einer der ersten Schritte zur Umsetzung der Minsker Friedensvereinbarung. Seit Inkrafttreten einer Waffenruhe vor einer Woche haben sich die Gefechte in vielen Gegenden zwar abgeschwächt. Aber die Einnahme der strategisch wichtigen Stadt Debalzewe durch Separatisten am Mittwoch bedeutete eine erhebliche Gefährdung des Abkommens.

Sonntag der Toten vom Maidan

In der ukrainischen Hauptstadt Kiew fand am Sonntag der "Marsch der Würde" in Erinnerung an die Opfer der prowestlichen Massenproteste vor einem Jahr statt. Bei den prowestlichen Massenprotesten gegen Staatschef Viktor Janukowitsch waren mehr als 100 Menschen ums Leben gekommen. Zu dem Gedenken hatte Präsident Petro Poroschenko mehrere Staatschefs anderer Länder eingeladen, unter ihnen Deutschlands Bundespräsident Joachim Gauck.

Gauck sagte vor Journalisten, die Menschen seien "aus Stolz und Demut und Trauer" gekommen. Es seien Menschen, "die nach Europa wollen" und "die unseren Werten vertrauen".

Gauck hatte zuvor erklärt, er wolle mit seinem Besuch i n Kiew "ein Zeichen der Solidarität mit der ukrainischen Demokratiebewegung setzen". Neben Gauck nahmen der ukrainische Präsident Petro Poroschenko, der EU-Ratspräsident Donald Tusk und die litauische Präsidentin Dalia Grybauskaite teil. Zu Ehren der fast hundert Toten, die bei den Straßenkämpfen um den Unabhängigkeitsplatz in den Tagen vor dem Sturz Janukowitschs getötet worden waren, stellten die Politiker Kerzen auf.

Zu Beginn der Veranstaltung ging Poroschenko am Sonntag mit den Ehrengästen sowie Tausenden weiteren Teilnehmern an Gedenkstätten für die Opfer vorbei in Richtung Maidan (Unabhängigkeitsplatz).

Am Maidan in Kiew gedenken am Sonntag Angehörige ihren Verstorbenen.
Am Maidan in Kiew gedenken am Sonntag Angehörige ihren Verstorbenen.(c) APA/EPA/FILIP SINGER (FILIP SINGER)

Viele Teilnehmer schwenkten die ukrainische Nationalflagge, einige trugen Plakate mit der Aufschrift "Wir sind Europa" oder "Ruhm den Helden".

Anti-Maidan-Proteste in Moskau

In Moskau sind am Samstag wiederum zehntausende Menschen gegen den Machtwechsel in der Ukraine vor einem Jahr auf die Straße gegangen. Bis zu 40.000 Unterstützer von Präsident Wladimir Putin zogen durch die russische Hauptstadt, wie die Polizei mitteilte. Viele Demonstranten schwenkten russische Flaggen und trugen das orange-schwarze Sankt-Georgs-Band, das auch die Separatisten in der Ostukraine nutzen.

"Putinismus für immer", stand auf einem Schild, das eine ältere Frau hochhielt. Ein Trupp von Kosaken zeigte ein Plakat mit der Aufschrift "Der Maidan ist eine Krankheit. Wir werden sie behandeln." Auf einem anderen Spruchband stand: "Ami, geh nach Hause - und nimm den Maidan mit."

Fernsehberichten zufolge gab es ähnliche Kundgebungen auch in anderen russischen Städten. In St. Petersburg gingen nach Polizeiangaben etwa tausend Menschen auf die Straße. Nach Einschätzung von Regierungsgegnern wurden jedoch viele Demonstranten für ihre Teilnahme an den Protestaktionen bezahlt oder mit Bussen zu den Veranstaltungen gekarrt.

Lage etwas beruhigt

Seit dem Ende der Kämpfe in Debalzewe beruhigte sich die Lage etwas. Doch auch am Sonntag war in Donezk erneut Artilleriefeuer zu hören, während die ukrainische Armee zwei Panzerangriffe auf die Küstenstadt Mariupol meldete. Der Armeesprecher Andrij Lyssenko sagte zudem, ein Konvoi aus 50 Lastwagen mit Munition habe von Russland die Grenze Richtung Nowoazowsk überquert, das von den Rebellen gehalten wird.

Kiew und der Westen werfen Russland vor, die Rebellen mit Waffen und Soldaten zu unterstützen. Moskau bestreitet dies. US-Außenminister John Kerry drohte Russland mit einer Verschärfung der Sanktionen. US-Präsident Barack Obama werde "in den kommenden Tagen" eine Entscheidung treffen, sagte Kerry in London. Die US-Regierung macht Moskau für die Verletzung der Waffenruhe mitverantwortlich.

(APA/dpa/AFP/Reuters)

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