Schweden im Clinch mit Saudiarabien

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Saudis zogen Botschafter aus Stockholm ab. Davor hatte die schwedische Regierung nach einem Redeverbot für ihre Außenministerin ein Militärabkommen mit den Saudis aufgekündigt.

Stockholm. Seit Tagen liefern sich Schweden und Saudiarabien einen ungewöhnlich scharfen Schlagabtausch auf offener Bühne. Am Mittwoch eskalierte der Streit weiter. Riad zog seinen Botschafter aus Stockholm ab.

Zwischen dem Land im hohen Norden und dem Wüstenstaat sprühen schon länger die Funken. Am Montag weitete sich der Zwist jedoch zu einem diplomatischen Flächenbrand aus. Schwedens sozialdemokratische Außenministerin, Margot Wallström, hätte zu Beginn der Woche als Ehrengast bei einem Treffen der Arabischen Liga in Kairo die Eröffnungsrede halten sollen. Doch auf Druck des einflussreichen Mitgliedslandes Saudiarabien erhielt die bereits in Kairo eingetroffene Außenministerin kurzfristig Redeverbot.

Wallström war den Saudis ein Dorn im Auge. Denn sie hatte zuvor öffentlich das Fehlen demokratischer Strukturen und die Verletzung der Menschen- und insbesondere der Frauenrechte in der Diktatur kritisiert. Man habe die Rede abwehren wollen, weil davon auszugehen war, dass Saudiarabien darin erneut bezüglich seiner Staatsform und den Menschenrechten kritisiert würde, hieß es aus Riad. Und zur Erläuterung fügte man noch hinzu, dass die saudische Verfassung sich auf die religiösen, islamischen Regeln der Scharia stütze und somit „Menschenrechte garantiert“.

Die Arabische Liga begründete das ungewöhnliche Redeverbot damit, dass Wallströms Äußerungen „unakzeptabel“ seien. Was genau damit gemeint sei, ließ die Organisation offen. Die später von Stockholm im Internet veröffentlichte Rede Wallströms enthielt übrigens keinerlei Kritik an Saudiarabien. Die Außenministerin, die unter anderem für ihr Engagement für Frauenrechte bekannt ist, nannte die ihr widerfahrene Behandlung in Kairo eine „Schande“.

Schützenhilfe bekam sie von der Europäischen Union. „Wir bedauern, dass es der schwedischen Außenministerin nicht möglich war, ihre Rede zu halten“, hieß es von der EU-Kommission in Brüssel, die sich nun um Verständigung bemühen möchte.

Doch damit war der Höhepunkt der Auseinandersetzung noch nicht erreicht. Am Dienstagabend gab die Regierung in Stockholm die Kündigung eines seit zehn Jahren bestehenden militärischen Abkommens bekannt. „Wir wollen das militärische Abkommen abwickeln und dann mit den zivilen Abkommen, die wir mit Saudiarabien haben, weitermachen“, sagte der sozialdemokratische Verteidigungsminister Peter Hultqvist.

Kritik aus Wirtschaftskreisen

„Nach dem Affront gegen die Außenministerin hat es keine andere Möglichkeit mehr gegeben für Stockholm“, analysierte der den Sozialdemokraten nahestehende Staatswissenschaftler Ulf Bjereld. Von der Regierung hieß es hingegen, man habe die Kündigung bereits unabhängig vom Eklat in Kairo beschlossen. Das Militärabkommen war schon länger umstritten.

Die Wirtschaft und die bürgerliche Opposition kritisieren die rotgrüne Regierung. Im schlimmsten Fall könnten nun alle Geschäfte mit den wohlhabenden Saudis und anderen arabischen Staaten gefährdet sein. Es wurde darauf hingewiesen, dass es andere fragwürdige Regimes gebe, mit denen Schweden Geschäfte treibe und Saudiarabien zumindest eine stabilisierende Rolle in der Region nicht zuletzt gegen Radikalislamisten habe.

Die Zeitung „Svenska Dagbladet“ begrüßte indes in einem Kommentar die Standfestigkeit Stockholms. Ein Regime, das sich auf ein „aus dem Mittelalter stammendes“ Rechts- und Staatssystem und „Geschlechter-Apartheid“ stütze, dürfe von Schweden nicht einfach militärisch gefördert werden.

Schwedens Regierung, erst seit Herbst im Amt, sitzt außenpolitisch zunehmend zwischen den Stühlen. Nicht nur die Beziehungen zu Russland haben sich dramatisch verschlechtert. Auch Israel ist erzürnt, weil Schwedens rot-grüne Regierung als erste westliche Nation Palästina anerkannt hat. Stockholm hat sich das Ziel gesetzt, einen Sitz im UN-Sicherheitsrat zu erlangen. Die Chancen stehen schlechter denn je.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.03.2015)

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